Angelique Kerber aus Kiel setzt sich sensationell gegen Flavia Pennetta durch. Andrea Petkovic ist hingegen ausgeschieden.

New York. Für sie wurde ein Traum wahr: Angelique Kerber hat bei den US Open von New York ihren Siegeszug fortgesetzt und steht sensationell im Halbfinale. Die Weltranglisten-92. aus Kiel gewann in der Runde der letzten acht gegen Flavia Pennetta (Italien/Nr. 26) 6:4, 4:6, 6:3 und wandelt auf den Spuren von Steffi Graf. Die Brühlerin hatte 1996 als letzte Deutsche im Halbfinale von Flushing Meadows gestanden - und dann auch den Titel gewonnen.

Dagegen schied Andrea Petkovic einen Tag vor ihrem 24. Geburtstag aus. Die deutsche Nummer eins unterlag im Viertelfinale der topgesetzten Caroline Wozniacki mit 1:6, 6:7 (5:7). Damit muss die an einem Meniskuseinriss laborierende Petkovic weiter auf den ersten Sprung ins Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers warten.

Kerber kämpft nun heute gegen die Australierin Samantha Stosur (Nr. 9) um den Einzug ins Endspiel - den größten Erfolg ihrer Karriere hat sie schon jetzt erreicht. Die Linkshänderin zeigte in ihrem ersten Grand-Slam-Viertelfinale keinerlei Nervosität und dominierte die Ballwechsel gegen Favoritin Pennetta. Das entscheidende Break im ersten Satz gelang Kerber zum 5:4, wenig später hatte sie den Durchgang nach 48 Minuten gewonnen. Auch in der Folge ließ sich Kerber, die in diesem Jahr bereits zehn Erstrundenpleiten kassiert hatte, nicht verunsichern und spielte fast verblüffend souverän. Danach verlor sie allerdings ihre Leichtigkeit und den zweiten Satz, bevor auch Pennetta nervös wurde. Im dritten und entscheidenden Durchgang hatten beide Spielerinnen Probleme mit ihrem Aufschlag. Aber am Ende verwandelte Kerber ihren ersten Matchball nach 2:14 Stunden und sank fassungslos auf die Knie.

Petkovic musste im Duell mit Branchenführerin Wozniacki, gegen die sie noch im Frühjahr in Miami gewonnnen hatte, auf Außenplatz 13 ausweichen, da sich im Louis-Armstrong-Stadium nach den Regenfällen der letzten Tage ein Riss hinter der Grundlinie gebildet hatte. Die nervös wirkende Hessin leistete sich im ersten Durchgang 15 unerzwungene Fehler und verlor mit dem dritten Break gegen sich nach 27 Minuten den Auftaktdurchgang. Im zweiten Satz verhinderte Petkovic mit einem Break zum 4:5 zwar ein schnelles Ende, doch eine Wende konnte sie dem Spiel nicht mehr geben. Im Tiebreak zeigte die Weltranglistenerste aus Dänemark die besseren Nerven und verwandelte ihren dritten Matchball nach 1:40 Minuten.

Bei den Männern marschierte Titelverteidiger Rafael Nadal ins Viertelfinale. Der Spanier besiegte den Luxemburger Gilles Muller mit 7:6 (7:1), 6:1, 6:2 und trifft nun am Freitag auf Andy Roddick (USA), der den Spanier Ferrer 6:3, 6:4, 3:6, 6:3 schlug. Auch Melbourne-Finalist Andy Murray gab sich beim 6:2, 6:3, 6:3 gegen Lokalmatador Donald Young (USA) keine Blöße. Der Brite bekommt es nun im Viertelfinale mit dem Amerikaner John Isner zu tun. Der 2,06-Meter-Schlaks feierte ein 7:6 (7:2), 3:6, 7:6 (7:2), 7:6 (7:4) gegen Gilles Simon aus Frankreich.

Bei den Damen setzte Mitfavoritin Serena Williams ihren Siegeszug fort. Sie besiegte in der Runde der letzten acht Anastasia Pawljuschenkowa (Russland) mit 7:5, 6:1. Die 29-jährige Williams, die in diesem Jahr auf Hartplatz noch unbesiegt ist (17:0 Erfolge), trifft im Halbfinale auf Wozniacki. Stosur baute durch ein 6:3, 6:3 ihre Bilanz gegen Vorjahresfinalistin Wera Swonarewa (Russland) auf 8:2 Siege aus. Indes setzten sich die Chaostage von New York fort: Nachdem wegen Regens am Dienstag und Mittwoch nur insgesamt 16 Minuten gespielt worden war, sorgte gestern ein zentimeterlanger Haarriss im Belag für Unmut bei den Spielern.

Aus der Lücke trat immer wieder Wasser aus. Die abstrus anmutenden Reparaturarbeiten mit Handtüchern und einem XS-Staubsauger nahmen knapp 70 Minuten in Anspruch - zunächst ohne durchschlagenden Erfolg. Roddick und Ferrer weigerten sich danach, ihr beim Stand von 4:2 unterbrochenes Achtelfinale auf dem beschädigten Court des Louis-Armstrong-Stadiums fortzusetzen.

Das Interview mit Angelique Kerber nach dem Sieg

Mit Ihrem Halbfinal-Einzug bei den US Open hat niemand gerechnet. Sie auch nicht?

Kerber: „Mein Ziel war, in die zweite oder dritte Runde zu kommen, jetzt bin ich im Halbfinale. Es ist unglaublich. Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll. Ich bin letzte Nacht um drei Uhr aufgewacht und habe mich gefragt: Ist das ein Traum?“

Sie lagen auch im zweiten Satz schon vorn, was war dann los?

Kerber: „Beim 4:2 war ich wirklich nervös. Ich habe gedacht, zwei Spiele noch, dann bin ich im Halbfinale. Ich war mit meinen Gedanken woanders und habe mich gar nicht mehr auf mein Spiel konzentriert. Als der Matchball verwandelt war, habe ich es nicht geglaubt. Ich kann es immer noch nicht glauben.“

Haben Sie schon direkt nach dem Match viele Glückwünsche aus der Heimat bekommen?

Kerber: „Zehn Minuten später hatte ich schon 50 SMS und 60 E-Mails. Ich habe mein Handy ausgemacht, es war zu viel.“

Sie haben zwei Tage vergeblich auf Ihr Viertelfinale gewartet. Wie war das?

Kerber: „Am Dienstag war es ja schon früh abgesagt. Mittwoch war ein langer Tag. Man weiß nicht, soll man essen, soll man nicht essen? Soll man sich tapen lassen, soll man nicht?“

Im Halbfinale treffen Sie am Sonnabend auf die Australierin Samantha Stosur. Wie gehen Sie in dieses Spiel?

Kerber: „Ich werde natürlich mein Bestes geben, das Turnier ist noch nicht vorbei. Ich werde rausgehen und es genießen. Ich habe nichts mehr zu verlieren.“

Sie nehmen hier den größten Preisgeldscheck Ihrer Karriere mit. Gönnen Sie sich nach dem Turnier etwas Besonderes?

Kerber : „Ich habe seit der ersten Runde gesagt, da schaue ich nicht drauf. Ich will das auch gar nicht wissen.“