Wieder scheitern die deutschen Hockeyfrauen im Finale der EM an den Nierderlanden. Vor 9000 Zuschauern gab es eine 0:3-Niederlage.

Mönchengladbach. Als sie auf dem überfluteten Kunstrasen kollektiv bäuchlings in Richtung Haupttribüne rutschten, da wären die niederländischen Hockeydamen auch als Synchronschwimm-Team durchgegangen. Mit dem "Diver“ feierten die in traditionelles Orange gekleideten Spielerinnen des alten und neuen Europameisters am Sonnabendnachmittag ihren 3:0-Finaltriumph gegen Deutschland, und auf den Rängen im Warsteiner Hockey-Park klatschten rund 2500 Landsleute unter den 7300 Besuchern im Takt. Dass es zwei Minuten vor Spielende heftig zu regnen angefangen hatte und alle nass wurden bis auf die Haut, störte niemanden.

Auch die deutschen Damen nicht, immerhin spülte der Regen die Tränen weg, die vereinzelt vergossen wurden. Viele jedoch weinten nicht, zu deutlich war die Überlegenheit des kontinentalen Rekordchampions gewesen, der sich den achten von bislang zehn vergebenen EM-Titeln sicherte, als dass die Niederlage wie ein Schock über die Auswahl von Bundestrainer Michael Behrmann gekommen wäre. "Wir waren heute in allen Belangen nicht gut genug, um gegen die Niederlande zu gewinnen“, gab der Coach unumwunden zu.

Die deutschen Hockey-Damen in der Einzelkritik

Die Tore von Marilyn Agliotti (8.), Ellen Hoog (24.) und Lidewij Welten (12.) waren der zählbare Ausweis der Überlegenheit, es hätten jedoch deutlich mehr sein können. Allein Kim Lammers scheiterte dreimal in aussichtsreicher Position, und wenn Yvonne Frank vom Uhlenhorster HC im deutschen Tor nicht einen starken Tag erwischt hätte, wäre die Partie wohl schon viel früher entschieden gewesen. Zwar konnte man den Deutschen mangelnden Kampfgeist nicht vorwerfen, die taktischen Defizite und auch der athletische Rückstand waren jedoch unübersehbar. "Wir sind fast nur zu spät gekommen, haben schlecht umgeschaltet und nie zu unserem Spiel gefunden. Es ist bitter, wenn man in so einem Spiel nicht seine Topleistung abruft“, sagte Angreiferin Eileen Hoffmann vom Uhlenhorster HC, die als eine von wenigen immerhin in puncto Aggressivität und Spielfreude zu überzeugen wusste.

Weil jedoch auch die Strafecken-Verwertung eines Spitzenteams unwürdig war – allein drei von sechs Versuchen wurden von der ersten Rausläuferin abgefangen -, blieb es bei fruchtlosen Bemühungen. "Leider schaffen wir es seit Jahren nicht, eine starke Eckenschützin zu kreieren. Wenn wir das 1:2 gemacht hätten, wäre vielleicht mehr möglich gewesen. Aber so hat es einfach nicht gereicht“, sagte Behrmann, der auf dem Weg zu den Olympischen Spielen 2012 in London eine Menge Arbeit verrichten muss. Um die Zielvorgabe des Deutschen Hockey-Bunds (DHB), in England eine Medaille zu gewinnen, einhalten zu können, muss sein Team den Abstand zu den enteilten Niederländerinnen, aber auch England, das das Spiel um Platz drei 2:1 gegen Spanien gewann, dem Weltranglistenersten Argentinien, Australien und China verringern.

Unklar ist, mit welchen Mitteln dies gelingen soll. DHB-Präsident Stephan Abel hat bereits angekündigt, mehr Geld in die Ausbildung der Juniorinnen zu investieren, um Behrmann eine breitere Auswahl an potenziellen Nationalspielerinnen zu schaffen. "Michi kann nur die nominieren, die da sind, und er hat die Besten dabei gehabt“, sagte Abel. Fraglich ist jedoch, ob das in die Jahre gekommene Mittelfeld mit der Mannheimer Kapitänin Fanny Rinne, 31, und Tina Schütze vom Club an der Alster, 27, den Anforderungen in der Weltspitze noch genügt. In Mönchengladbach klappte das Umschalten zu selten, gedanklich wirkte das deutsche Spiel zu behäbig. Auch die Abwehr gab Anlass zu Sorgen. Mandy Haase (Mannheimer HC), Julia Karwatzky (Berliner HC) und Nina Hasselmann (Münchner SC) waren allesamt Risikofaktoren, zu langsam im Spielaufbau und zu offen bei schnellen Kontern. Einziger Lichtblick war die Auszeichnung für Rekord-Nationalspielerin Natascha Keller. Die 34-Jährige vom Berliner HC wurde zur besten Turnierspielerin gewählt.

Behrmann weiß um die Problematik, eine Lösung hat er noch nicht parat. "Wir müssen definitiv athletisch eine Schippe drauflegen und austrainierter sein“, sagte er. Das Problem ist, dass bis auf wenige Ausnahmen wie Celine Wilde (Klipper THC), Marie Mävers, Mia Sehlmann oder Kristina Hillmann (alle Uhlenhorster HC) kaum Talente in die A-Mannschaft drängen. "Ich werde 25, 26 Spielerinnen ins erweiterte Aufgebot nehmen, und dann werden wir sehen, wer fit genug ist, die Vorbereitung durchzuhalten“, kündigte er an.

Der Unterstützung aus der Bundesliga kann sich Behrmann gewiss sein. "Natürlich würde ich gern noch mehr Lehrgänge machen, damit wir auf höchstem Niveau trainieren und uns einspielen können“, sagte er. Allerdings habe er in Absprache mit den Klubs einen Plan gemacht, der alle Interessen zu berücksichtigen versuche. "Die Unterstützung durch die Vereinstrainer ist groß, jeder weiß, dass die Nationalmannschaft das Aushängeschild ist“, sagte er. Dass es eine knifflige Aufgabe wird, diese Funktion auch wieder mit Titeln zu untermauern, ist in Mönchengladbach sehr deutlich geworden.