Ex-Präsident Bill Clinton rührte in Zürich noch einmal für die USA die Werbtrommel, David Beckham für England. Katar präsentierte überraschend Zinedine Zidan als Fürsprecher.

Zürich. Der ehemalige Präsident Bill Clinton hat als Frontmann der US-Bewerbung um die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 bei der finalen Präsentation am Mittwochabend kräftig die Werbetrommel gerührt. Per Videobotschaft wandte sich auch US-Präsident Barack Obama an die 22 stimmberechtigten Exko-Mitglieder im Fifa-Haus in Zürich, darunter auch Franz Beckenbauer. Obama bestätigte nochmals die staatliche Unterstützung und unterstrich das amerikanische Bewerbungsmotto: „The Game is in US.“

Bei der Präsentation der Vereinigten Staaten wies Clinton in seinem Vortrag auf die multikulturelle Gesellschaft in den USA hin: „Es gibt Städte, in denen Bewohner aus 150 Nationen leben. Wir können eine wahre Welt-Meisterschaft austragen, weil bei uns so viele Menschen aus verschiedenen Nationen leben.“ Allerdings überzog der einstige US-Präsident durch seine lange Rede die eigentlich auf eine halbe Stunde begrenzte Präsentation um sechs Minuten.

Clinton, Ehrenpräsident der amerikanischen WM-Kandidatur, pries die Fußball-Begeisterung in den USA, die bereits 1994 WM-Ausrichter waren. Eine Rede vor den Exekutivmitgliedern hielt auch Filmstar Morgan Freeman, der sich allerdings einen kleinen Fauxpas erlaubte und eine Seite seiner vorbereiteten Ansprache übersprang.

Katar warb mit der historischen Dimension seiner Bewerbung. „Wir offerieren der Fifa die historische Möglichkeit, die Grenzen der Weltmeisterschaft zu sprengen“, sagte Scheich Mohammad bin Hamad al-Thani in seinem Vortrag. Gleichzeitig will sich das Emirat mit der WM-Ausrichtung für eine Überwindung von religiösen und ethnischen Schranken einsetzen. Außerdem zog der Wüstenstaat überraschend ein echtes Ass aus dem Ärmel: Der französische Ex-Weltfußballer Zinedine Zidane, dessen Wurzeln in Algerien liegen, komplettiert die WM-Delegation Katars in Zürich.

Sollte der durch Öl und Gas reich gewordene arabische Kleinstaat den Zuschlag bekommen, so würde dies wohl auch der Deutschen Bahn nutzen, die den Katarern beim Bau eines modernen Schienennetzes helfen soll. Denn die Bahnstrecken würden dann nach Einschätzung von Beobachtern vor Ort wohl schneller fertiggestellt als ohne die WM. Die Einwohner von Katar haben im Zusammenhang mit der WM-Bewerbung nur eine Sorge: Sie befürchten, dass die Immobilienpreise, die im dritten Quartal dieses Jahres bereits um zehn Prozent gestiegen waren, dann noch weiter anziehen.

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Mit einem animierten Känguru, das die WM-Trophäe aus dem Fifa-Hauptquartier stiehlt, hatte Australien den Präsentationsmarathon der WM-Bewerber für 2022 am Mittwoch eröffnet. Das Nationaltier des Fünften Kontinents flüchtete in einem Video vor einem in schwarz gekleideten Motorradfahrer, dessen Identität zunächst nicht preisgegeben wurde und der im Auftrag der australischen Ministerpräsidentin Julie Gillard die Trophäe zurückbringen sollte.

Das Känguru begab sich auf seiner Flucht auf eine Sightseeing-Tour durch Australien und tauchte sogar ins Great Barrier Reef ab. Im Outback wurde es von 400-m-Olympiasiegerin Cathy Freeman im Laufduell geschlagen. Schließlich wurde es vom Motorradfahrer in einem Fußball-Stadion gestellt. Der geheimnisvolle Verfolger entpuppt sich als Schauspieler Paul Hogan („Crocodile Dundee“).

Südkorea setzte bei seiner Kandidatur auf die politische Karte, erinnerte an die jahrzehntelange Teilung und die jüngsten militärischen Auseinandersetzungen mit dem Bruderstaat Nordkorea. Südkorea sieht die WM 2022 als Möglichkeit an, die Wiedervereinigung Koreas zu forcieren. „Eine Weltmeisterschaft könnte die Eingangstür zu einem vereinten Korea und einem friedvollen Asien sein“, sagte der ehemalige südkoreanische Ministerpräsident Lee Hong-Koo. Als aktueller Star auf der Bühne im Hauptquartier der FIFA trat Park Ji-Sung von Manchester United auf.

Japan, zusammen mit Südkorea 2002 WM-Gastgeber, sieht sich als Ausrichter für die neue Fußball-Generation. Im Mittelpunkt der Präsentation standen deshalb Kinder, die zum Zeitpunkt der ersten Weltmeisterschaft in Asien gerade geboren waren. Nippon hat im Falle des Zuschlag für die WM die ambitionierte Idee, Fanfeste in 400 Stadien weltweit zu organisieren. Dabei sollen 300 Millionen Menschen mobilisiert werden. Japan plant, bei den Fanfesten in den Stadien gigantische Bildschirme auf dem Rasen zu installieren, auf denen die Spiele verfolgt werden können.

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Einen großen Auftritt gab es auch im Rahmen der Präsentation der WM-Bewerber für 2018 - dort hielt David Beckham Hof: Dunkelblauer Anzug, hellblaues Hemd, dunkelblaue Krawatte, englischer Bewerbungs-Pin und rote AIDS-Schleife am Revers - wie aus dem Ei gepellt, aber mit gewohntem Dreitagebart und Langhaarfrisur stellte sich Englands Fußball-Ikone am Mittwochmorgen in Zürich der internationalen Presse. 20 TV-Teams und rund 150 Reporter waren der Einladung des englischen Bewerbungskomitees gefolgt, dessen Spitze in Zürich der britische Premier David Cameron, Prinz William und nicht zuletzt „Spice Boy“ Beckham bilden.

Und „Becks“, der reichlich 25 Minuten zu spät zur Pressekonferenz erschien, ließ keinen Zweifel, dass das Fußball-Mutterland im Kampf um die WM-Gastgeberrolle in acht Jahren wieder Morgenluft wittert. „Ich war lange Spieler bei Manchester United und weiß, wie wichtig es ist, bis zur letzten Minute zu kämpfen. Die letzte Minute kann entscheidend sein“, sagte Beckham und erinnerte mit seiner Aussage an das legendäre Champions-League-Finale der Red Devils 1999 gegen Bayern München, als in der letzten Minute und der Nachspielzeit ein 0:1 noch in einen 2:1-Triumph gedreht wurde.

Die „Three Lions“ machten im Kampf um die WM-Ausrichtung 2018 zuletzt eine Achterbahnfahrt der Gefühle durch. Erst haushoher Favorit, dann durch die Enthüllungen britischer Journalisten über mögliche Korruption im Fifa-Exekutivkomitee ins Hintertreffen geraten, und nun wieder im Aufwind. Die Entscheidung über die Endrunde in acht Jahren ist jedenfalls wieder total offen. „Ich glaube an uns und bin überzeugt von unserer Bewerbung“, sagte der 115-malige englische Nationalspieler.

Beckham hegt außerdem keinen Argwohn gegen die Exekutivmitglieder - trotz der jüngsten Korruptionsvorwürfe: „Ich bin überzeugt, dass wir jedem Mitglied trauen können. Am Ende des Tages sind sie halt Fußballer. Sie wollen, dass die WM im bestmöglichen Land stattfindet. Ohne Zweifel - wir können ihnen trauen.“

Im Ringen um Unterstützung im Exekutivkomitee des Weltverbandes punkten die Engländer mit Lobby-Arbeit vor Ort. „Wir haben einige Mitglieder bereits getroffen. Am Morgen hat Prinz William schon um 7.30 Uhr mit einem weiteren Mitglied gefrühstückt“, berichtete der frühere England-Skipper und schwärmte von der Zusammensetzung des englischen Bewerbungskomitees: „Noch ist Zeit, deshalb sind Prinz William und der Premierminister hier. Es ist gewaltig, dass solch gewichtige Persönlichkeiten hinter der Bewerbung stehen. Das hat sich schon bei der erfolgreichen Olympia-Bewerbung 2012 Londons gezeigt, als sich Tony Blair entsprechend eingesetzt und die Kandidatur begleitet hat.“

Beckham war auch schon für London im Olympia-Einsatz, aber nach 52 Jahren wieder eine Fußball-WM nach England zu holen, ist auch für den Weltstar etwas ganz Besonderes: „Ich hatte schon einige Herausforderungen in meiner Karriere. Dies ist natürlich auch eine, vor allem wenn es um dein Land geht. Dann gibst Du alles, was kannst. Das ist mir auf dem Spielfeld schon einige Male gelungen, nun versuche ich es auch außerhalb.“

Angst vor den Mitbewerbern Russland, Spanien/Portugal oder Belgien/Niederlande hat er nicht. Beckham: „Wir müssen jeden Kandidaten beachten, aber Sorgen brauchen wir uns nicht zu machen. Wir haben alles getan, um in einer guten Position zu sein.“ Nach knapp einer halben Stunde entschwindet der Weltstar dann - mit einem Lächeln und viel Zuversicht im Gesicht.