Zwei der ranghöchsten Funktionäre der Fifa sollen angeboten haben, ihre Stimme im Zuge der Vergabe der WM 2018 zu verkaufen.

München/London. Es geht um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 und damit auch um viel Geld. So viel Geld, dass einige Bewerber offenbar Geld für Stimmen anbieten. Auf Videoaufnahmen von Undercover-Reportern sollen jetzt zwei der ranghöchsten Funktionäre des Fußball-Weltverbandes Fifa zu sehen sein, die ihre Stimme angeblich den USA angeboten haben. Die Fifa ermittelt bereits.

Das Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees ist auf den Videoaufnahmen der Undercover-Reporter zweifelsfrei zu erkennen. Der Mann bestätigt seinen Gesprächspartnern, angeblichen Geschäftsleuten aus den USA, dass er durchaus gewillt ist, bei der Vergabe der WM 2018 für den Kandidaten Vereinigte Staaten zu stimmen - gegen eine großzügige finanzielle Spende. Der FIFA droht nun ein (weiterer) Korruptionsskandal ungeahnten Ausmaßes.

Der Funktionär soll einem Bericht der britischen Sonntagszeitung Sunday Times zufolge umgerechnet rund 570.000 Euro für seine Stimme gefordert haben. Ein weiteres Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees, bei dem es sich um einen der Vizepräsidenten des Weltverbandes handeln soll, soll sich nach Angaben der Zeitung ebenfalls bereit erklärt haben, seine Stimme zu „verkaufen“ - für 1,6 Millionen Euro. Die FIFA will den Vorwürfen nun nachgehen.

Der beschuldigte Vizepräsident soll den angeblichen Bittstellern zugleich berichtet haben, dass bereits Vertreter zweier weiterer Bewerberländer versucht hätten, sich seiner Stimme auf nicht legalem Wege zu versichern. Beide Männer gaben an, das Geld nicht für persönliche Zwecke, sondern für die Entwicklung des Fußballs in ihren Ländern verwenden zu wollen.

Im ersten Fall hat der FIFA-Mann auf einem Treffen im September in Kairo angeblich betont, mit den in Aussicht gestellten 570.000 Euro vier Plätze in seinem Heimatland bauen zu lassen. Er vereinbarte mit den „Geschäftsleuten“ Ratenzahlung. Die Hälfte sofort, die zweite Hälfte nach erfolgter Abstimmung am 2. Dezember, wenn die FIFA in Zürich die Turniere für 2018 und 2022 vergibt. Sein Kollege wollte mit den 1,6 Millionen Euro, die ihm in Aukland versprochen worden sein sollen, angeblich eine Sport-Akademie unterstützen.

Ob die Zahlung von umgerechnet 570.000 Euro sein Stimmverhalten irgendwie beeinflussen würde, wurde der FIFA-Vertreter in Kairo gefragt. Auf dem Video ist seine Antwort wie folgt zu vernehmen: „Klar, das hätte einen Effekt (...). Denn wenn sie investieren wollen, wollen sie ja auch die Stimme.“ Im zweiten Fall soll der Vizepräsident betont haben, dass zwei weitere Bewerber ihm bereits zwischen 6,8 und 8,6 Millionen Euro für seine Stimme offeriert hätten.

Die FIFA sichtet das für die Funktionäre belastende Material jetzt einer Stellungnahme zufolge. „Erst wenn die Sichtung abgeschlossen ist, kann die FIFA über mögliche weitere Schritte entscheiden“, hieß es. In der Zwischenzeit werde es keine weiteren Kommentare geben.

Die USA hatten ihre Bewerbung um die WM 2018 erst am Freitag zurückgezogen, um sich voll auf die Kandidatur für 2022 zu konzentrieren - zumal die FIFA hat durchblicken lassen, dass sie das Turnier in acht Jahren in Europa ausrichten will. Im Rennen um die WM 2018 sind noch die Bewerbungen von England, Russland sowie den Kandidaten-Duos Spanien/Portugal und Niederlande/Belgien. Für 2022 haben außer den USA auch Japan, Südkorea, Australien und Katar Ambitionen.

Über die Vergabe entscheidet das 24-köpfige Exekutivkomitee, dem Präsident Joseph S. Blatter vorsteht. Daneben gehören dem Gremium acht Vizepräsidenten der FIFA und weitere 15 „einfache“ Mitglieder an. Zu Letzteren gehört Franz Beckenbauer als einziger deutscher Vertreter. Die FIFA-Statuten untersagen den Mitgliedern strengstens, mit Bewerbern irgendeine Art von Deal einzugehen.

Die Sunday Times berichtet allerdings, dass sechs aktuelle und ehemalige hochrangige FIFA-Funktionäre ihren Reportern bestätigt hätten, dass das Zahlen von Bestechungsgeldern die Chancen einer Kandidatur beträchtlich erhöhe. Aus diesem Grund sieht einer der Funktionäre Englands Aussichten auf die WM 2018 auch skeptisch. „England hat alle Voraussetzungen, aber sie schließen keine Deals ab. Das ist traurig, aber wahr“, zitiert das Blatt den Funktionär.

Korruptionsvorwürfe in Richtung der FIFA sind nicht neu. Bei der Vergabe der Fernsehrechte für die Weltmeisterschaften 2002 und 2006 wurde einst angeblich gemauschelt. FIFA-Boss Blatter musste sich Vorwürfe gefallen lassen, wonach bei seiner Wahl 1998 und 2002 nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Zudem war die Überraschung groß, als sich der Neuseeländer Charles Dempsey, damals Präsident des Ozeanischen Fußball-Verbandes, bei der WM-Vergabe 2006 der Stimme enthalten hatte - hatte er doch zugesichert, für Südafrika zu stimmen.