Vor dem Heimspiel in Hockenheim gibt es im Team von Sebastian Vettel wieder stunk. Red-Bull-Rivale Mark Webber fühlt sich benachteiligt.

Silverstone. Spöttisch schwenkten Mark Webbers Mechaniker den alten Frontflügel in Richtung Sebastian-Vettel-Crew, beim obligatorischen Glückwunsch seines deutschen Teamkollegen verzog der England-Gewinner keine Miene: „Bürgerkrieg bei Red Bull“, titelte die britische Zeitung „Daily Mail“ am Montag martialisch.

„Natürlich werden wir darüber reden“, kündigte Teamchef Christian Horner nach dem Grand Prix in Großbritannien an. „Wenn etwas geklärt werden muss, dann werden wir das klären.“ Viel Zeit bleibt nicht. In knapp zwei Wochen will Vettel nach seiner Niederlage in Silverstone auf dem Hockenheimring zurückschlagen – doch Webber ist angriffslustiger denn je.

Der Australier fühlt sich von seinem Rennstall benachteiligt und zog sogar seine Vertragsverlängerung öffentlich in Zweifel. Wie angespannt die Situation der beiden Formel-1-Piloten ist, dokumentiert Webbers verbaler Frontalangriff auf die Teamleitung direkt nach dem Rennen: „Kein schlechter Job für einen Nummer-zwei-Fahrer“, tönte er nach seinem Sieg beim Großen Preis von Großbritannien. Vettel meinte nur: „Ich habe meine Meinung dazu. Und die behalte ich lieber für mich.“ In seinem Tagebuch auf seiner Homepage schrieb Vettel aber auch: „Ich gratuliere Mark zu seinem Sieg.“

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Dennoch sind die eisigen Zeiten bei Red Bull zurückgekehrt, nachdem es Ende Mai schon beim Crash am Bosporus Stunk gegeben hatte. „Sieger Mark Webber und Sebastian Vettel sind definitiv keine Freunde mehr“, meinte die französische Zeitung „L'Équipe“. „Da braucht man kein großer Psychologe zu sein, um zu sehen, was da gerade abgeht“, meinte Mercedes-Ersatzpilot Nick Heidfeld.

Angesichts der Überlegenheit des Red-Bull-Autos müsste das Duo Webber/Vettel klar die WM nach zehn von 19 Rennen anführen. Stattdessen liegt aber der Zweite des Grand Prix von Großbritannien, Ex-Weltmeister Lewis Hamilton im McLaren-Mercedes, in Front (145 Punkte). Webber (128) überholte dank seines dritten Saisonsiegs Vettel (121), der sich nach Pech und Pannen in Silverstone noch auf Rang sieben vorgekämpft hatte. Vor den beiden „schnaubenden Bullen“ liegt auch noch Titelverteidiger Jenson Button im zweiten McLaren- Mercedes (133).

Manch einer vermutet, dass Vettel, der aus der Red-Bull-Fahrerschule stammt, besser ins Konzept des Getränkeherstellers passt als sein zehn Jahre älterer Teamkollege. Als sich Red-Bull- Motorsportchef Helmut Marko nach dem Unfall zwischen Vettel und Webber in der Türkei spontan auf die Seite des Deutschen stellte, fühlten sich manche in ihrer Meinung bestätigt. Doch dürfte auch Red Bull am Ende nur eines wichtig sein: der Titel. Ob für Webber oder Vettel – sonst gibt es nur Spott und Hohn.

Teamchef Horner stellte klar: „Mark Webber fährt sei vier Jahren für dieses Team. Er weiß, wieviel Leidenschaft und Einsatz es als unabhängiges Team investiert, um zwei Autos in die erste Reihe zu bekommen. Mark weiß das besser als jeder andere.“ Zu Webbers Aussage, dass er den neuen Vertrag nicht unterschrieben hätte, wenn er gewusst hätte, was am Wochenende passierte, meinte Horner: „Wir haben ihm ein Auto gegeben, mit dem er vorne fahren, Rennen gewinnen und um die WM mitfahren kann.“ Er bezweifle sehr, dass er das nicht mehr wolle.

Der Brite bedauerte seine Entscheidung nicht, Vettel vor der Qualifikation den einzigen noch heilen neuen Frontflügel zu geben, auch wenn der vom Auto Webbers wieder abmontiert werden musste. Vettels neuer Flügel war im Training kaputt gegangen. „Nein, weil wir ein Team sind“, sagte Horner. Zu diesem Zeitpunkt lag Vettel vor Webber in der WM-Wertung. Auch das Feedback beider Fahrer hatte zu der Entscheidung beigetragen, die dann das Klima im Red-Bull-Team trotz Hitzewelle auch in England auf den Gefrierpunkt abkühlen ließ.

„Er ist entschlossen, gegen seinen Teamkameraden Vettel und notfalls auch gegen das ganze Team zu kämpfen“, glaubt die spanische Zeitung „El País“. Die Kollegen von „El Mundo“ nannten den Australier schon den „Luxus-Nebendarsteller“. Fortsetzung folgt in knapp zwei Wochen – und auf dem Hockenheimring hat Vettel immerhin einen Heimvorteil.