Der britische Boxverband erwägt drastische Sperren. Klitschko entrüstet. Chisora entschuldigt sich. David Haye: “Chisora hat angefangen.“

München. Dereck Chisora muss nach dem Eklat auf der Pressekonferenz im Anschluss an seinen WM-Kampf gegen Vitali Klitschko um die Fortsetzung seiner Karriere fürchten. Während der britische Skandalboxer in Deutschland nie mehr in den Ring steigen soll, droht ihm auch weltweit eine Sperre von mindestens einem Jahr. „Ich möchte diesen Mann nie mehr im Leben in einem deutschen Boxring sehen“, sagte Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB), am Montag. Das BDB-Präsidium will sich in den nächsten Tagen mit möglichen Sanktionen für Chisora wegen der Prügelei mit Landsmann David Haye nach seiner Niederlage gegen Vitali Klitschko beschäftigen. Pütz ist sich allerdings nicht sicher, ob juristische Bedenken das beabsichtigte Strafmaß des deutschen Verbandes torpedieren könnten. Eine lebenslange Sperre kann als Berufsverbot angefochten werden.

Chisora hat sich inwzischen „von ganzem Herzen“ für die Schlägerei mit David Haye entschuldigt. Die beiden britischen Boxer waren nach Chisoras Niederlage im WM-Kampf gegen Witali Klitschko aufeinander losgegangen. „Egal ob ich provoziert wurde oder nicht: Mein Verhalten war komplett unprofessionell“, hieß es in einem Statement Chisoras vom Montag. Allerdings fügte er hinzu, dass Haye ihn zuerst mit einer Flasche geschlagen habe. Zuvor hatte bereits Haye verkündet, dass Chisora und sein Team für die Prügeleinlage verantwortlich seien.

Die zunächst auf 50.000 Dollar festgesetzte Strafe für Chisora ist laut BDB mittlerweile auf 70.000 Dollar erhöht worden. Dieser Teil von Chisoras 500 000-Dollar-Börse wurde mittlerweile einbehalten. Das Geld soll zu gleichen Teilen an gemeinnützige Einrichtungen und Stiftungen in Deutschland und des Weltboxverbandes WBC fließen.

Auch international werden Sanktionen gegen Schläger Chisora vorbereitet. Der 28 Jahre alte Londoner hatte sich Samstagnacht nach seiner Schlappe gegen WBC-Weltmeister Vitali Klitschko in München eine Schlägerei mit seinem Landsmann und früheren WBA-Weltmeister Haye geliefert. Deren Trainer waren ebenfalls beteiligt. Das Ganze geschah während der abschließenden Pressekonferenz in der Olympiahalle. Es gab Verletzte unter den Prügelnden.

Das Video der wie von Sinnen aufeinander einschlagenden britischen Boxer wurde bei Youtube über Nacht zum Renner. Binnen 24 Stunden wurde es mehr als fünf Millionen Mal geklickt.

Chisora drohte, Haye erschießen zu wollen. Die Polizei hatte den gebürtigen Simbabwer am Münchner Flughafen festgenommen und drei Stunden verhört. Haye hatte schon früh am Morgen das Weite gesucht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der leichten Körperverletzung.

Der britische Verband British Boxing Board of Control (BBBofC) will eine Sondersitzung einberufen und über Sanktionen beraten. Hier ist eine einjährige Suspendierung im Gespräch. Die englischen Zeitungen äußerten Abscheu. „The Times“ schrieb von „Neandertalern“, laut „Daily Telegraph“ ist das „des Boxens dunkelster Tag“, der „Daily Star“ sieht „das britische Boxen in die Gosse gerissen“ und die „Daily Mail“ fordert: „Verbannt diese Gangster“. WBC-Präsident Jose Sulaiman kündigte an, Chisora mindestens für ein Jahr nicht mehr für Kämpfe zuzulassen, die vom WBC angesetzt werden.

Strafen für Haye stehen derzeit nicht zu Debatte. Zwar wird dem Ex-Champion vorgeworfen, den ersten Schlag geführt zu haben . „Das kann man aber auch als Selbstschutz sehen. Schließlich kam Chisora vom Podium herunter, stieß dabei Drohungen aus und stürzte auf Haye zu“, sagte Pütz. Während Haye, der im vergangenen Jahr einen WM-Kampf gegen Wladimir Klitschko verlor, als berechnender Showman mit großer Klappe gilt, wird Chisora als gemeingefährlich eingestuft, der sich häufig nicht unter Kontrolle hat.

+++ Ohrfeige für Klitschko: Chisora sorgt für Eklat +++

Haye besitzt zudem keine Boxlizenz mehr. Die hat er an seinem 31. Geburtstag im vergangenen Jahr abgegeben. Damit steht er nicht unter der Jurisdiktion des britischen Verbandes. In München war er als Co-Kommentator für einen britischen Fernsehsender und damit als Journalist bei der Pressekonferenz im Einsatz.

Pütz würdigte ausdrücklich das Verhalten der Klitschkos. „Die sind nicht nur Champions im, sondern auch außerhalb des Rings.“ Sowohl Vitali, der eine schallende Ohrfeige von Chisora erhielt, als auch Bruder Wladimir, dem der Engländer unmittelbar vor dem Kampf ins Gesicht spuckte, hielten sich trotz verständlicher Wut zurück und attackierten den Provokateur nicht. „Diese eiserne Selbstdisziplin ist bewundernswert“, sagte der BDB-Präsident. Er war von Chisora als „fucking german guy“ beschimpft worden.

„Ich bin geschockt und zutiefst empört“, erklärte Wladimir Klitschko in einem Offenen Brief auf seiner Website, „solch ein Verhalten muss Konsequenzen nach sich ziehen (), damit der Boxsport sein Ansehen nicht verliert.“

„Wir werden uns nach den schlechten Erfahrungen mit britischen Boxern nun anderen Ländern zuwenden“, kündigte Klitschko-Manager Bernd Bönte an. (dpa/abendblatt.de)