Im Hinspiel des Achtelfinales empfängt Sportowy Kielce aus Polen am Sonnabend den Bundesliga-Tabellenführer HSV Hamburg.

Hamburg. Eigentlich sind es solche Spiele, die Bogdan Wenta liebt: Play-off-Viertelfinale, volle Halle und am Ende ein Sieg für seine Mannschaft. 36:25 hat der Klub Sportowy Kielce am Dienstag bei Piotrków Trybunalski gewonnen. Richtig freuen aber kann sich Wenta über den Einzug ins Halbfinale der polnischen Handballmeisterschaft nicht. Denn wieder einmal war dem Titelverteidiger alles viel zu leicht von der Hand gegangen. "In vielen Spielen muss ich nicht einmal eine Auszeit nehmen", sagt der frühere deutsche und polnische Nationalspieler. Mit 44:0 Punkten war seine Mannschaft durch die Punkterunde gerauscht. Wenta hätte gern "mehr Gegner, die uns zwingen nachzudenken".

Morgen wird er sich den Kopf womöglich mehr zerbrechen, als ihm lieb ist. Im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinales empfängt Kielce den Bundesliga-Tabellenführer HSV Hamburg (19.30 Uhr/Eurosport), und der Trainer wäre schon zufrieden, "wenn wir da kämpferisch mithalten". Die Hala Legionów wird mit 4500 Zuschauern wieder ausverkauft sein. Handball ist schwer im Kommen in der 200 000-Einwohner-Stadt im Südosten des Landes. Seit der Finalteilnahme von Wybrzeze Danzig vor 23 Jahren ist kein polnischer Klub unter Europas Besten so weit gekommen.

Vor zwei Jahren hat Nationaltrainer Wenta den siebenmaligen Meister übernommen und verdiente Spieler wie Mariusz Jurasik oder den Serben Rastko Stojkovic aus der Bundesliga angeworben. Für die nötige Kaufkraft sorgen das Textilunternehmen Vive und die örtliche Messe (Targi), die sich die Namensrechte am Klub erkauft haben. Damit komme man in etwa auf eine Etatsumme wie der HSV, schätzt Wenta - "aber in Zloty". Bei einem Wechselkurs von etwa 1:4 entspräche das zwei Millionen Euro. Nur drei Vereine der polnischen Ekstraklasa könnten auch in der Bundesliga auf niedrigem Niveau konkurrieren. "Das ist zu wenig", sagt Wenta, "wir müssen aus dem Moor kommen und Sand unter die Füße kriegen."

Den Weg hat die Nationalmannschaft vorgezeichnet. Zwei WM-Medaillen hat Wenta (48) seit 2007 mit seiner jungen Auswahl gewonnen, deren Kern Kielce stellt. Die EM Anfang des Jahres erreichte landesweit TV-Einschaltquoten wie sonst nur der Fußball. Auch die Liga läuft im Fernsehen, aber die Livebilder kann sich selbst Wenta bisweilen kaum anschauen: "Auf diesem Niveau ist das keine Werbung für unseren Sport." Die besten Profis des Landes spielen nun einmal in der Bundesliga, zwei allein beim HSV, die Brüder Krzysztof und Marcin Lijewski.

Den einen oder anderen würde Wenta gern wieder in die Heimat locken. Er sagt: "Wir haben hier die Chance, etwas aufzubauen." Mittelfristig hofft Wenta auf die Bewerbung um eine Welt- oder Europameisterschaft. Die nötige Infrastruktur sei vorhanden, es fehle vielleicht am Mut. Einer Tugend, die seine Mannschaft morgen vorleben will. In Kielce hat der Handballfrühling bereits begonnen.