Der HSV steht vor der ersten Meisterschaft der Vereinsgeschichte. Trainer Martin Schwalb und seine Taktik sind bereits meisterlich.

Flensburg. Die vielsagendsten Kommentare zum Spiel waren am späten Dienstagabend nur verwässert zu hören. Sie drangen aus der Dusche der Mannschaftskabine der HSV-Handballer in der Campushalle. "Oh, wie ist das schön" und anderes stimmungsvolles Liedgut wurde da angestimmt zur Feier des 29:25-Erfolgs bei der SG Flensburg-Handewitt.

Die Gesänge sagten weit mehr als die tausend Worte, die die Protagonisten des Tabellenführers hinterher in die Blöcke diktierten. Es waren ohnehin die immer gleichen Sätze: Der erste Sieg in einem Bundesligaduell beim Nordrivalen sei schön und gut, aber bis zum Saisonende seien es ja noch acht Spiele. Einzig der sportliche Leiter Christian Fitzek wagte sich ein wenig aus der Deckung hervor, als er von einem "Meilenstein" auf dem Weg zur ersten deutschen Meisterschaft sprach.

Die defensive Grundhaltung der Mannschaft war eine konsequente Fortführung der Taktik, die sie in den 60 vorangegangenen Minuten zum Erfolg geführt hatte. Drei, zwei, eins - meins: Das war der Zahlencode, mit dem sie die Flensburger Offensive knackte. Die anspruchsvolle Abwehrvariante mit drei Mann am Kreis, zwei auf halber Höhe und einem vorgezogenen Mittelspieler führte der HSV phasenweise in Perfektion vor, und wenn nicht, konnte Torwart Johannes Bitter das mit 35-prozentiger Sicherheit noch ausbügeln. Von einer "geschlossenen Mannschaftsleistung vor allem in der Deckung" sprach Präsident Andreas Rudolph.

Sein Trainer Martin Schwalb kam dann doch nicht umhin, Domagoj Duvnjak hervorzuheben: "Der Kleine hat über die gesamte Spielzeit die richtigen Entscheidungen getroffen." Acht Tore aus acht Versuchen waren eine üppige Zwischenausschüttung für die Millioneninvestition, die der HSV im vergangenen Sommer für den 21 Jahre alten Kroaten getätigt hat. Mit seinen unwiderstehlichen Alleingängen kompensierte Duvnjak auch den Totalausfall der Königsposition linker Rückraum, wo sich Pascal Hens und Blazenko Lackovic vergeblich um einen Treffer mühten.

Das wichtigste Indiz im Titelkampf aber, das von diesem Spiel ausging, war wohl ein anderes: dass nämlich der HSV die beiden Big Points mit bemerkenswerter Kühle in den letzten zehn Minuten, ausgehend von einem 21:21-Gleichstand, eingesammelt hat. Mithin in jener Phase, in der drei Tage zuvor der 32:31-Sieg gegen Lemgo beinahe noch leichtfertig weggeworfen worden wäre. "Vielleicht war dieser Schock ja heilsam, weil jetzt jeder weiß, dass wir keine Minute nachlassen dürfen", meinte Linksaußen Torsten Jansen. Auch er wollte später nicht über seine sieben oder Duvnjaks acht Tore reden: "Sie wären ohne unsere Abwehrleistung nicht möglich gewesen."

Acht Spiele sind es also noch bis zum größten Ziel, und die schwerste Auswärtshürde ist genommen. "Wenn der HSV so weiterspielt, schaffen sie es", glaubt Flensburgs scheidendes Idol Lars Christiansen. Seine Mannschaft habe ihr Möglichstes getan, aber das habe nicht gereicht. "Man muss auch mal akzeptieren, dass der Gegner besser ist."

Handball kann manchmal sehr einfach sein.