Der Weltmeister-Titel muss laut Daimler-Chef Zetsche nicht in diesem Jahr gewonnen werden. Zudem wies er Kritik am Formel-1-Engagement zurück.

Stuttgart. Bei der Präsentation im Mercedes-Museum ließen Rückkehrer Michael Schumacher und Nico Rosberg noch vier Azubis den Vortritt, auf der Rennstrecke soll nach Wunsch von Daimler-Chef Dieter Zetsche «die neue deutsche Nationalmannschaft in der Formel 1» aber schnell die Nummer eins werden. «Wir haben ein denkbar einfaches Ziel: Wir wollen Weltmeister werden», sagte Zetsche: «Nicht unbedingt im ersten Jahr, aber ich hätte nichts dagegen, wenn es eher früher als später klappt.»

Um das erste Mercedes-Werksteam nach 55 Jahren in die Erfolgsspur zu bringen, haben die Stuttgarter das Weltmeisterteam von «Superhirn» Ross Brawn übernommen und den siebenmaligen Weltmeister Schumacher nach dreijähriger Pause zurück ins Auto gelockt. «Es ist toll, jetzt Teil dieses Silberpfeil-Teams zu sein», sagte der 41-Jährige. Unter der Regie von Mercedes-Teamchef Brawn hat der Kerpener bei Benetton (1994, 1995) und Ferrari (2000 bis 2004) all seine sieben WM-Titel gewonnen.

«Ich habe wunderbare Reaktionen bekommen», sagte Rückkehrer Schumacher: «Das gibt mir einen Extra-Schub.» Der Rekordchampion kehrt bei den Schwaben zu den Wurzeln seiner Karrierre zurück. «Bei Mercedes hat er vor 21 Jahren als Werksfahrer angefangen, jetzt steigt er für Mercedes wieder in ein Formel-1-Cockpit», sagte Zetsche: «Es gibt nicht viele deutsche Weltstars, aber zwei von denen, die es gibt, tun sich 2010 zusammen: Michael Schumacher und Mercedes-Benz. Michael kehrt zu seiner ersten Liebe zurück.»

Zu Beginn der 90er Jahre gehörte der Kerpener zum Mercedes-Juniorteam. Mit Hilfe der Stuttgarter schaffte er 1991 den Sprung in die Formel 1, in der er in 250 Rennen 91 Siege feierte und fast alle Rekorde pulverisierte. «Für Mercedes zu fahren, ist, als schlösse sich ein Kreis für mich, denn ich habe meine Rennfahrerkarriere mit dem Stern auf dem Helm gestartet», sagte Schumacher, der dem Auftakt am 14. März in Bahrain entgegenfiebert.

«Ich gebe gern zu, dass ich mich dieser neuen Herausforderung total verschrieben habe. Ich fühle mich extrem motiviert. Wir haben hier eine spannende Kombination, ein Weltmeisterteam in jeglicher Hinsicht, und ich kann es jetzt kaum abwarten, ins Auto zu steigen», meinte Schumacher.

Vier Mercedes-Auszubildende schoben das Brawn-Weltmeisterauto von 2009 in der neuen silbernen Lackierung auf die Bühne. Der fertige neue Bolide für die Saison 2010 wird erstmals am kommenden Montag bei den Testfahrten in Valencia gezeigt. «Wir sind vollkommen im Plan. Wenn man am 1. Februar testet und das Auto schon eine Woche vorher fertig ist, dann nutzt man die Zeit nicht richtig», sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug, für den «ein neues und sicher das wichtigste Kapitel in unserer über 100-jährigen Motorsportgeschichte» beginnt.

In Valencia soll Rosberg die Jungfernfahrt absolvieren und dann das Auto an Schumacher übergeben. «Ich freue mich darauf, mit Norbert Haug, Ross Brawn und vor allem mit Michael Schumacher zusammenarbeiten zu dürfen», sagte Rosberg. Brawn unterstrich, dass der 24 Jahre alte Sohn des ehemaligen Weltmeisters Keke Rosberg auf keinen Fall automatisch nur die Nummer zwei hinter Schumacher sein wird. «Nico ist ein hoch talentierter Fahrer. Er kann sicher eine ganze Menge lernen und sehen, wie ein Weltmeister arbeitet. Wir werden beiden Fahrer die maximale Unterstützung geben. Wir sind völlig gleich aufgestellt», sagte er.

Befürchtungen, dass Schumacher im für Rennfahrer fortgeschrittenen Alter und nach drei Jahren Formel-1-Abstinenz vielleicht nicht mehr sein früheres Leistungsvermögen hat, wies Brawn zurück. «Talent verschwindet nie», sagte der Engländer: «Michael kommt sehr frisch aus seiner Pause. Er ist unglaublich fit und viel jünger als sein biologisches Alter von 41 Jahren.» Schumacher habe zudem eine «großer Erfahrung, auf die er aufbauen kann», meinte Brawn.

Zetsche sieht eine Aufbruchstimmung im ganzen Unternehmen: «Das tut der Moral der Truppe gut.» Unter den rund 600 Gästen waren 200 «normale» Mercedes-Mitarbeiter, von denen sich 100 dafür beworben hatten. «Es hat nur 21 Sekunden gedauert, bis diese Plätze vergeben waren», sagte der Konzern-Chef, der sich auf die «neuen Nationalfarben schwarz-rot-silber» freut. Zuletzt waren die Stuttgarter 1955 mit einem eigenen Team in der Königsklasse angetreten. Damals saß in Hans Herrmann auch zum letzten Mal ein deutscher Fahrer in einem Silberpfeil.


Daimler-Chef verteidigt Formel-Eins-Engagement gegen Kritik

Daimler-Chef Dieter Zetsche hat das umstrittene Engagement des Autobauers bei der Rennserie Formel Eins verteidigt. „Es geht nicht nur um Motorsport“, sagte Zetsche am Montag in Stuttgart. Es gehe auch „um Markenpflege und Image“. Daimler sichere daher mit seinem Engagement bei der Formel Eins Arbeitsplätze. Daimler hatte Ende vergangenen Jahres entschieden, gemeinsam mit dem arabischen Großaktionär Aabar in der neuen Formel-Eins-Saison mit einem eigenen Rennteam an den Start zu gehen. Als Fahrer hat das Mercedes-Benz-Team Rekord-Weltmeister Michael Schumacher und Nachwuchsfahrer Nico Rosberg verpflichtet.

Das unter Daimler-Chef Zetsche vorangetriebene Formel-Eins-Engagement ist in der Belegschaft auf Unmut gestoßen, da der Konzern mit Absatzeinbußen kämpft und im abgelaufenen Jahr trotz Lohnkürzungen voraussichtlich einen Milliardenverlust verbucht hat. Toyota, BMW und Honda hatten der Formel Eins zuletzt den Rücken gekehrt.

„Wir wollen Weltmeister werden“, sagte Zetsche. Das finanzielle Engagement von Daimler bei der Formel Eins hänge jedoch nicht vom Titelgewinn in der laufenden Saison ab. Die Ausgaben für die Rennserie bezifferte der Daimler-Chef auf „nicht einmal 1,4 Prozent“ der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Legt man deren Volumen 2008 von rund 4,4 Milliarden Euro zugrunde, ergibt sich für das Formel-Eins-Engagement rechnerisch ein Betrag von maximal 63 Millionen Euro pro Jahr. Über Zetsches Vertragsverlängerung wird der Aufsichtsrat voraussichtlich in den nächsten Wochen entscheiden.