Daniel Unger siegt sensationell vor Favorit Gomez, die Portugiesin Fernandes wie erwartet.

Hamburg. Der Jubel war ohrenbeträubend, als er in einem Spalier von Menschen durch die schmale Poststraße als Erster ins Stadion auf dem Rathausmarkt lief. Kurz vor dem Zielstrich stoppte Daniel Unger plötzlich, blickte sich um. Wollte er Javier Gomez, den hinter ihm laufenden Spanier, etwa noch herankommen lassen? Eine Sekunde lang reckte Unger beide Arme gen Himmel, dann ließ er sich ins Zielband und auf den Boden fallen.

"Diese eine Sekunde vor dem Ziel war für mich der Höhepunkt des Rennens", erzählte der 29-Jährige später. Der deutsche Meister, im Vorjahr Achter der Welttitelkämpfe, bescherte der Deutschen Triathlon-Union (DTU) das erste WM-Gold und Hamburg einen märchenhaften Abschluss der WM, die mehr als 600 000 Schaulustige an drei Wettkampftagen anlockte.

Bei der Siegerehrung kämpfte der gelernte Gas- und Wasserinstallateur mit den Tränen, auf der finalen Laufstrecke vor allem mit Gomez. Wie so oft glich die olympische Distanz einem Zehnkilometer-Ausscheidungsrennen mit vorherigem Anschwimmen (1,5 km in der Alster) und Warmfahren (40 km auf dem Rad). Das Laufen indes entwickelte sich zu einem faszinierenden Duell zwischen dem Mann aus der Spielestadt Ravensburg und dem spanischen Weltcup-Führenden und Hamburg-Sieger des Vorjahres,

1,5 km vor dem Ziel schien der kleine Spanier Unger abzuhängen. Doch dann konterte der 1,87 m große Deutsche Gomez endgültig aus und lag am Ende vier Sekunden vor dem neuen Vizeweltmeister sowie Bronzemedaillengewinner Brad Kahlefeldt (Australien). Als hervorragender Sechster qualifizierte sich Jan Frodeno wie der neue Weltmeister vorzeitig für Olympia 2008.

Ironie der Triathlon-Geschichte: Olympia 2004 hatte Unger verpasst. Drei Tage vor der geplanten Abreise war er an Pfeifferschem Drüsenfieber erkrankt. "Daniel hatte schon damals eine hervorragende Laufform", sagte DTU-Sportdirektor Rolf Ebeling. Die Trainer am Olympiastützpunkt Saarbrücken führten Unger wieder an die Weltspitze heran. Ebeling: "Und heute hat das Publikum pro 1000 m mindestens eine Sekunde gebracht."

Angefeuert wurden Frodeno & Co. auch vom Frauenteam, das am Vortag für seinerseits für ein Topergebnis gesorgt hatte. Dennoch waren im Ziel Tränen geflossen. Ricarda Lisk weinte vor Freude. Die 26-Jährige konnte kaum glauben, dass sie als Fünfte beste Deutsche geworden war. "Es ist Wahnsinn. Alles hat gepasst", meinte die Schwäbin.

Ebenso fassungslos wie sie, allerdings aus Enttäuschung, zeigte sich Joelle Franzmann. Die 28-Jährige war an Position drei aus dem Wasser geklettert und hatte sich auf dem Rad um eine energiesparende Fahrweise bemüht. Dennoch musste die Weltranglistenzweite des Vorjahres beim abschließenden Lauf ihre Medaillenhoffnungen aufgeben, Anja Dittmer (31) schnappte der Achten zudem das Olympiaticket für Peking als zweitbeste Deutsche nach Lisk weg. Mit der drittstärksten Laufzeit des gesamten Feldes stürmte die Neubrandenburgerin noch auf Platz sechs.

Schneller als Dittmer waren nur Titelverteidigerin Emma Snowsill (Australien) und die überlegene Siegerin Vanessa Fernandes unterwegs gewesen. Für Snowsill reichte es dank ihrer famosen Laufleistung immerhin für Rang zwei. Doch die überlegene Portugiesin mit ihrer weißen Mütze konnte auch sie nicht mehr einfangen. Während "Flying Fernandes", die zum zweiten Mal in Folge in Hamburg gewann, wie im Vorjahr sich eher zurückhaltend freute, wollte Daniel Unger gestern Abend in Hamburg "richtig die Kuh fliegen lassen".