HAMBURG. Wahre Spezialisten beim Triathlon machen in der Wechselzone oft richtig Zeit gut. Gerhard Hartwich kann davon nur träumen - und ist dennoch ein besonderer (Drei-)Kämpfer.

"Ich hab immer drei Beine dabei", scherzt der Mann vom SC Oberursel, der gestern seine WM-Premiere feierte. Der 49-Jährige startete bei den Handicap-Sportlern. Am 30. Mai 2004 hatte ihn beim Training mit dem Rennrad im Hochtaunus ein Motorradfahrer mit 90 km/h "über den Haufen gefahren", wie sich der Hesse salopp ausdrückt. Zwei Wochen lag der Tischler aus Schmitten im künstlichen Koma, der linke Unterschenkel musste bis auf zehn Zentimeter amputiert werden.

Die vergangenen zwei Jahre sei er "etwas neben de Kapp" gewesen, erzählt Hartwich (Startnummer 1006). "Aber der Sport hat mir sehr viel geholfen." Von seinem Hobby - 1994 hatte er den legendären Ironman auf Hawaii in 11:50 Stunden gemeistert - konnte er nicht lassen.

Gestern nun sprang er um 7.15 Uhr als einer der Ersten von gut 60 Teilnehmern der "Awad World Championship" in die (offiziell) 16,2 Grad kalte Binnenalster - ohne Prothese. "Das war schweinisch kalt", berichtete Hartwich. Es war sein sechster Wettkampf nach dem Unfall. Als er nach 1,5 km Schwimmen aus der Kleinen Alster kam, musste er erst mal sein "Laufbein" anlegen, um die fast ein Kilometer lange Wechselzone am Ballindamm zu erreichen. Dann hieß es: "Laufbein" ab, "Radbein" ran und rauf aufs Fahrrad. Seine beide Prothesen haben einen Wert von mehr als 10 000 Euro, zahlen musste sie der Unfallverursacher. Mit seiner Radzeit von 1:15 Stunden für 40 km war Hartwich denn auch zufrieden, obwohl er auf dem Rückweg von der Elbe kaum Rückenwind verspürte. Nur das Laufen über 10 km fiel ihm noch recht schwer: "Ich muss aufpassen, dass der Stumpf nicht verrücktspielt", sagt er. Einige "Amis" seien ihm davongerannt.

Von seiner Freundin Dorotha Schwammborn sowie Bekannten aus Hamburg und dem Taunus gab es an der Strecke und im Ziel dennoch Anfeuerung und Glückwünsche. In 2:50:02 Stunden war er "nur" Sechster seiner Schadensklasse geworden, hatte aber die Zeit seiner Hamburg-Premiere aus dem Vorjahr um zehn Minuten verbessert. Damals war Hartwich bei den Jedermännern gestartet. Gestern gehörte er zu den wahren Siegern - heute trägt er wieder seine Alltagsprothese.