Fehler im Slalom kostete möglichen Sieg. Vorerst hat sie nur die Sympathie der Franzosen gewonnen.

Val d'Isère. Wenige Sekunden zuvor erst hatte sich Maria Riesch aus dem Starthaus gestürzt, da wehte aus dem Stadion am Hang des Berges ein Raunen aus tausend Kehlen zu ihr hinauf. Schon da ahnte die deutsche Skirennläuferin, dass es hier und heute wieder nichts werden würde mit einer Weltmeisterschaftsmedaille.

Nur mit Mühe vermied es Riesch, im Slalomlauf gleich die dritte Stange zu verpassen. "Wenn man da schon so danebensteht", sagte sie später angefressen, "hat man's fast abgehakt." Platz vier belegte die ehedem als Mitfavoritin gehandelte Bayerin im Superkombinationswettbewerb, was sie zu Recht "sehr ärgerlich" fand: "Nach der Abfahrt waren meine Ziele groß, ich wollte voll attackieren. Aber mit der Leistung hätte ich es auch nicht verdient gehabt."

So gewann Kathrin Zettel aus Österreich vor der Schweizerin Lara Gut. Riesch fehlten 0,66 Sekunden zur drittplatzierten Österreicherin Elisabeth Görgl - und zu ihrer ersten Medaille bei Weltmeisterschaften, ausgenommen Juniorenwettkämpfe. Hatten sie ihr schwerer Sturz im Training am Mittwoch und die Blessuren an Knie und Rücken etwa doch nachhaltig behindert? Riesch meint: "Nein", und ihre Ehrlichkeit gereicht ihr zu Ehre. Nervös sei sie gewesen, ja, aber nicht übermotiviert: "Es ärgert mich am allermeisten, dass ich es selber nicht auf die Reihe bekommen habe." Die zweite deutsche Starterin, Gina Stechert (12.), attestierte ihrer Zimmerkollegin: "Sie war ganz normal vor dem Rennen, sie war recht locker."

Ein schwacher Trost, dass Riesch den gleichen Fehler wie ihre Freundin Lindsey Vonn (24) vermied. Die amerikanische Super-G-Weltmeisterin verpasste im Slalom als letzte Starterin im Mittelteil der stetig maroder werdenden Piste ein Tor, fuhr dennoch weiter und freute sich im Ziel über ihren vermeintlichen zweiten Platz. So lange, bis ihre Disqualifikation per Lautsprecher verkündet wurde.

Rieschs zweite Fahrt vorbei an einer Medaille - im Super-G hatte sie Rang acht belegt - lässt den Deutschen Skiverband betrübt zurück. Insgeheim erwarten sie von ihrer Spitzenfahrerin wenigstens einmal einen Platz unter den ersten drei. "Man darf ihren Sturz nicht als Bagatelle abtun", mahnte Verbandspräsident Alfons Hörmann als Augenzeuge der Malaise: "Das waren unglücklichste Rahmenbedingungen. Aber es ist für uns natürlich eine große Enttäuschung."

Am Sonntag (13 Uhr/ARD und Eurosport) startet Riesch in der Abfahrt, wo sie sich selbst "Außenseiterchancen" attestiert, nachdem sie am Freitagvormittag in der Superkombination zum Auftakt mit der viertbesten Zeit aufwartete. Am Mittwoch folgt der Teamwettbewerb, Donnerstag der Riesenslalom - und schlussendlich am 14. Februar ihr persönlicher Höhepunkt. "Das große Ziel ist jetzt der Slalom ganz zum Schluss, darauf werde ich mich hundertprozentig konzentrieren, auch wenn der Druck noch größer geworden ist", sagte Riesch.

Das Mitgefühl der Franzosen ist ihr gewiss. Nicht nur, dass ihr die fünftplatzierte Marie Marchand-Arvier am Freitag im Vorbeigehen einen mitleidigen "Hat's-bei-dir-auch-nicht-geklappt?"-Blick zuwarf, die Zuschauer an der "Rhone-Alpes"-Piste applaudierten der Deutschen wohlwollend. Mit 24 Jahren hat Maria Riesch trotz fehlender Meriten bei WM oder Olympia große Popularität erreicht. Das französische WM-Organ "Le Dauphine" schwärmt: "Ihre Aura geht weit über die Grenzen ihres Landes hinaus." Riesch sei groß, fahre schwungvoll und "schnell wie der Blitz". Vier der letzten fünf Slalomrennen hatte die Bayerin vor der WM gewonnen, im fünften war sie Zweite geworden.

"Ich war das erste Mal in der Situation, noch einen einzigen Schritt zur Medaille zu haben", haderte sie nun. Die ersten Chancen sind vorerst passe. Ob Riesch am Freitag noch hörte, wie im Stadion nach der Siegerehrung das Lied "Relax, Take It Easy" gespielt wurde, ist nicht überliefert.