Schwarzwald: Rund um die Täler von Gutach, Wolf und Kinzig. In Deutschlands höchstem Mittelgebirge kann nahezu jeder Wanderwunsch erfüllt werden.

Der federnde Waldboden dämpft die Schritte durch schummriges Fichtengrün, giftigrot blüht Fingerhut am Sonnenhang, Hummeln summen um die Wette. Ganz nah klopft der Buntspecht an einem abgestorbenen Baumriesen Käfer aus der Borke und - wie extra vom Touristikamt bestellt - ruft auch noch ein Kuckuck vom Tal herauf. Schwarzwald wie aus dem Bilderbuch! In und um die Täler von Gutach, Wolf und Kinzig herum liegen all die heimatfilmreifen Landschaften mit verwitterten Märchenfelsen, glucksenden Bächen und rauschenden Wasserfällen.

Kitschig? Nein, nur schön. Hier ballt sich alles, was so "typisch Schwarzwald" ist: die mächtigen Höfe mit den tiefgezogenen Dächern, Sägemühlen und Glasbläser. Auch der dekorative Bollenhut, in aller Welt als Wahrzeichen des Schwarzwalds gehandelt, stammt aus dem Gutachtal - und nur von dort.

Und daß die ganze Region wunderbar "wanderbar" ist, versteht sich von selbst, vereinnahmt sie doch einen respektablen Teil der insgesamt 23 000 Schwarzwald-Wanderwege-Kilometer.

Fernstrecken wie der legendäre Westweg und der Mittelweg kreuzen hier ebenso wie Themenwanderwege. Der Kinzigtäler Jakobusweg folgt der alten Pilgerroute nach Santiago de Compostela, während der Hansjakob-Weg in die heimatlichen Gefilde des deftig-dichtenden Pfarrers Hansjakob entführt. Und wo auch immer man sein Feriendomizil auswählt, garantiert liegen Hunderte von gepflegten Wanderkilometern direkt vor der Haustür.

So auch in Bad Rippoldsau-Schapach, wo schon seit 500 Jahren Mineralwasser aus der Tiefe sprudelt. Vor 100 Jahren war dieser versteckte Gesundbrunnen durchaus "en vogue" bei gehobenen Kreisen, auch Dichterprominenz wie Rainer Maria Rilke, Nikolaus Lenau oder Victor von Scheffel schätzten das "verläßliche Kurtal". Heute liegt das handlich-beschauliche Bad eher abseits der bekannten Touristikrouten - und das hat seinen Vorteil. Hier gibt es himmlische Ruhe zum Nulltarif und gleichzeitig jede Menge Ausflugsmöglichkeiten in alle Himmelsrichtungen. Freudenstadt und Alpirsbach sind nur einen Katzensprung entfernt, auch die kuschelig-kleinen Fachwerkstädte des mittleren Schwarzwalds locken zu interessanten Tagestrips und immer neuen Wanderrevieren.

Den Spuren der Flößer folgen wir im Kinzigtal. Über vier Jahrhunderte waren Schiltach und Wolfach die Zentren der Flößerei, von wo die wertvollen Stämme über Neckar und Rhein bis zu den holländischen Schiffswerften gelangten. Wer tiefer in die Geheimnisse der Kinzigtalflößerei einsteigen möchte, kann sich im ehemals Fürstlich Fürstenbergischen Schloß zu Wolfach informieren - und noch eins drauf setzen beim Rundweg "durch die Wolfacher Flößereigeschichte". Danach laden die Cafes und Gartenwirtschaften in der proper mit kleinem Bachlauf, Kopfsteinpflaster und Brunnen herausgeputzten Hauptstraße zum Verschnaufen ein.

So gestärkt, könnte man zum Beispiel bei der letzten noch bestehenden Glashütte des Schwarzwalds vorbeischauen, der Dorotheenhütte. Noch heute wird dort Bleikristall nach alter Tradition mundgeblasen und handgeschliffen, wobei die Besucher den Meistern in den Produktionsstätten über die Schulter schauen dürfen. Und wer schon im Frühjahr dekorativen Christbaumschmuck oder sonst etwas Zerbrechliches für die Lieben daheim einkaufen möchte, hat im ganzjährig geöffneten Weihnachtsdorf der Dorotheenhütte dazu Gelegenheit.

Auch der Fachwerkort Schiltach gehört ganz nach oben auf die Ausflugsliste. Allein der dreieckig ansteigende Marktplatz mit der löwengeschmückten Brunnensäule ist ein städtebauliches Juwel. Und ja nicht vergessen, auch ins Apothekermuseum hineinzuschauen. Einfach herrlich, die Nußbaum-Biedermeier-Einrichtung im "Offizin", dem historischen Verkaufsraum mit Mörsern, Waagen, Töpfen und Tiegeln. Einblicke in die geheimnisvolle Welt der Alchemie vermittelt die "Rezeptur", wo einst Pillen und Salben gemixt wurden.

Natürlich wird beim Städtle-Gucken das Wandern nicht vergessen: Wir haben den von einem Gletscher geformten Glaswaldsee umrundet, Burgstall- und Allerheiligen-Wasserfall erklommen, auch Regeles-, Reihers- und Brandenkopf "bezwungen", um dann ausgiebig das Flair einer ganz besonderen Kleinstadt zu genießen. In Gengenbach geht's närrisch zu - und das nicht nur zur Fasnetszeit. Ein Besuch im Narrenmuseum Niggelturm entführt zu einer wild-verwegenen Gesellschaft von Hexen, Lumpenhunden und Schneckenhüsli. Außer den schaurig-schönen und phantastisch präsentierten schwäbisch-alemannischen Fasnets-Masken und Kostümen lohnt sich der Aufstieg zur Spitze des mittelalterlichen Stadtturms schon wegen des tollen Ausblicks auf den verwinkelten Stadtkern und die umgebenden Hügel. Von hier oben entdeckt man bereits die ersten Rebhänge - ein guter Grund, in einer der Weinwirtschaften ein Gläschen Gengenbacher Weißen und Flammkuchen zu probieren, bevor man die alte Reichsstadt mit Türmen, Toren und wehrhafter Stadtmauer weiter erkundet. Am schönsten wirkt das dicht aneinandergedrängte Fachwerk in der Egelgasse, fast wie eine Puppenstube.

Nach den Wanderungen und Ausflügen kehren wir immer wieder gern ins stille Wolftal zurück, sitzen vielleicht bei fangfrischer Forelle und Riesling in einem der gemütlichen Gasthäuser, die hier "Adler", "Rosengarten", "Klösterle" oder "Zum letzten Gstehr" heißen, und halten es mit Victor von Scheffel, der bei einem Kuraufenthalt in Bad Rippoldsau reimte: "Hier trink ich bekümmernisledig, Lenzlüfte und sonnigen Schein, und wär' ich der Fürst von Venedig, mir könnt' nicht wohliger sein."