Die Autobahnpolizisten hätten sich rechtmäßig verhalten, doch der Tonfall der Zahlungsaufforderung sei “sehr unglücklich“, sagt Burkhard Hamm.

Hoisdorf. Schleswig-Holsteins Landespolizeidirektor Burkhard Hamm hat den Fall "Robby" zur Chefsache erklärt. Der oberste Polizeibeamte des Landes, selbst Hundehalter, ist entsetzt über das Geschehen in der Silvesternacht auf der Autobahn 1 bei Ahrensburg. Wie berichtet, hatten Beamte des Polizeiautobahnreviers Bad Oldesloe den neunjährigen Australian Shepherd "Robby" absichtlich überfahren - weil es nicht anders möglich gewesen sei, eine Gefahr für andere Autofahrer abzuwenden. Dann bekam "Robbys" Frauchen Heidi Schwark (65) aus Hoisdorf eine Reparaturrechnung für den beschädigten Streifenwagen.

Burkhard Hamm sagte gegenüber der Regionalausgabe Stormarn des Hamburger Abendblattes: "Ich bitte Frau Schwark um Entschuldigung. Der Duktus der Zahlungsaufforderung war sehr unglücklich." Er sprach von einem "Ausnahmefall". Sein Entschuldigungsbrief an Heidi Schwark sollte noch am Montag verschickt werden. Ferner kündigte Hamm gegenüber dieser Zeitung eine Prüfung an, ob über eine sogenannte "Billigkeitsklausel" auf einen Teil der geforderten Kosten verzichtet werden könne. Über die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Polizeibeamten gebe es aus seiner Sicht allerdings "keine Zweifel". Die Polizei prüft nun, ob der Halterin die Kosten für den beschädigten Dienstwagen erlassen werden können. Das bestätigte Polizei-Pressesprecher Bernd Drescher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Kiel.

Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, sieht das anders. Er bewertet den Fall als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Schröder fordert "eine lückenlose, öffentliche Aufklärung dieses absolut unangemessenen Verhaltens".

Unterdessen ist der 3400-Einwohner-Ort Hoisdorf über Nacht in den Fokus der bundesweiten Öffentlichkeit gerückt, nachdem die Regionalausgabe Stormarn des Abendblattes zuerst über den Fall berichtet hat. Und Heidi Schwarks Wohnzimmer ist zum Schauplatz zahlreicher Interviews geworden. Reporter von "Bild"-Zeitung, NDR, RTL und Sat 1 - alle haben sich schon in ihrem Wohnzimmer umgesehen, Fragen gestellt und gefilmt. Ruhig und gefasst beantwortet sie Fragen der Journalisten.

Zwischendurch klingelt immer wieder das Telefon. Die meisten Anrufer machen Heidi Schwark Mut. Mut, zu kämpfen. Mut, den Kopf nicht hängen zu lassen."Es fühlen so viele Leute mit mir", sagt die 65-Jährige. Ein Anrufer weint am Telefon, so nah geht ihm die Geschichte.

Auch viele Tierfreunde aus ganz Deutschland diskutieren das Vorgehen derzeit in Internetforen. Ein Nutzer eines Forums schreibt: "Was geht in den Köpfen solcher Menschen vor. Ist es denn wichtiger, dass der Verkehr nicht unterbrochen wird, als einem verängstigten Tier zu helfen? Uns Menschen ist nicht mehr zu helfen."

Das Argument der Polizei, dass ein Schuss aus der Waffe andere Verkehrsteilnehmer gefährdet hätte, ist für Thomas Schröder vom Tierschutzbund schlecht. Denn auch das Überfahren von Robby sei nicht ungefährlich gewesen. Er sagt: "Die Polizisten haben die Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dadurch doch eigentlich noch erhöht und auch sich selbst in Gefahr gebracht." Das Tier hätte im Taumel auch noch über die Autobahn laufen können oder sogar in Windschutzscheiben vorbeifahrender Autos fliegen können. Eigentlich, so Schröder, hätte für so eine Aktion die Autobahn ebenfalls gesperrt werden müssen. "Die Polizisten standen sicherlich unter Stress. Aber ihre Entscheidung war die vollkommen falsche", sagt Schröder.

Warum ist die Autobahn nicht gesperrt worden? Diese Frage lässt auch Heidi Schwark nicht ruhen. "Für andere Tiere macht man das doch auch - für Schwäne und Enten zum Beispiel. Der Begriff 'Freund und Helfer' passt nicht mehr so ganz zu diesen Polizisten". Und dann sind sie wieder da, die schmerzhaften Erinnerungen an "Robby". Wenn Heidi Schwark früh am Morgen das Hamburger Abendblatt austrug, lief Robby immer friedlich an ihrer Seite, erzählt ihr Lebensgefährte Heinz Jung. Viele Polizisten aus der Umgebung kannten die Austrägerin mit ihrem "Robby". Bis heute kann sie sich das Verhalten der Polizei nicht erklären. Sie sagt: "So kann man doch nicht mit Menschen umgehen, die ihr Tier lieben."

Und wie man kann: "Weil es nicht gelang, das Tier einzufangen oder durch einen gezielten Schuss zu töten, musste der Hund letztlich zur Verhinderung von Gefahren für die anderen Verkehrsteilnehmer mit dem Dienstfahrzeug überfahren werden", schrieb das Landespolizeiamt wortwörtlich.

Die Schadensersatzforderung in Höhe von 2557,31 Euro hat Heidi Schwark an ihre Hundehaftpflichtversicherung weitergeleitet. Ohne weiteres wolle die aber nicht zahlen. Schwark: "Die wollen sich einen Anwalt nehmen.".