Tierschutzbund fordert Fangnetze und Narkosegewehre für Streifenwagen. In der Vergangenheit soll es noch mehr Fälle gegeben haben.

Hamberge/Bad Oldesloe. Robby ist noch nicht vergessen, da haben es Stormarner Polizisten schon wieder getan: einen Hund überfahren, auf der Autobahn, gezielt, mit einem Streifenwagen. Zum zweiten Mal innerhalb von nicht mal dreieinhalb Monaten. Der Vorfall im Kreuz Lübeck bei Hamberge ereignete sich bereits am vergangenen Sonntagabend, er wurde von der Polizei zunächst verschwiegen, auf Anfrage aber bestätigt.

Und es scheint ganz so, als habe es in der Vergangenheit noch deutlich mehr Fälle gegeben. Jana Kralisch, Sprecherin der Polizeidirektion Ratzeburg, sagt: "Das ist ein Thema, das durch den Fall im Januar in die Schlagzeilen gerückt worden ist. Solche Fälle hat es schon in der Vergangenheit gegeben." Ja, das sei richtig, sagt auch Jessica Wessel, Sprecherin des Landespolizeiamtes: "Wir haben es immer wieder mit Hunden auf der Autobahn zu tun. Meist gelingt es, die Tiere einzufangen. Und dann gibt es noch diese wenigen Fälle." Wie viele "diese wenigen Fälle" seien, könne sie nicht sagen.

Der Deutsche Tierschutzbund läuft Sturm. "Noch viel mehr als die zwei aktuellen Fälle interessiert uns jetzt die Dunkelziffer", sagt Bundesgeschäftsführer Thomas Schröder. Deshalb werde er in den kommenden Tagen einen Brief an Landesinnenminister Klaus Schlie (CDU) schicken. Schröder: "Wir möchten wissen, ob es in Schleswig-Holstein eine Dienstanweisung gibt, auf der Autobahn laufende Hunde zu überfahren." Der Tierschutzbund fordert außerdem, dass die Streifenwagen mit Betäubungsgewehren und Fangnetzen ausgestattet werden.

Was war geschehen? Es ist Sonntag, 17.36 Uhr, als Autofahrer bei der Polizei anrufen und melden, dass ein Schäferhund zwischen Lübeck-Moisling und dem Autobahnkreuz laufe. Vom Autobahnrevier Bad Oldesloe, aus Lübeck und aus dem Kreis Segeberg fahren sechs Streifenwagen Richtung Kreuz. Am Ende eines schönen Frühlingstages kehren viele Ausflügler von der Ostsee zurück, der Verkehr ist dicht. Polizeisprecherin Jana Kralisch: "Die Kollegen haben die Autobahn rund ums Kreuz in alle vier Fahrtrichtungen gesperrt und eine Stunde lang versucht, den Hund einzufangen. Letztlich haben sie ihn überfahren, um die Gefahr abzuwehren."

Am Steuer des entscheidenden Streifenwagens haben dabei wiederum Beamte des Oldesloer Autobahnreviers gesessen - allerdings nicht dieselben wie im Januar, wie Dienststellenleiter Georg Ruge betont. Einen Halter des getöteten Hundes hat die Polizei nicht ermitteln können. Das Tier trug keine Steuermarke.

Insofern wird es, anders als im Januar, diesmal auch keine Rechnung für einen beschädigten Streifenwagen geben. Die Hoisdorferin Heidi Schwark (65) hatte im Januar gut 2500 Euro zahlen sollen, weil das Polizeiauto, mit dem ihr Australian Shepherd Robby überfahren worden war, bei der Aktion Schaden genommen hatte (wir berichteten). Später hatte sich Landespolizeidirektor Burkhard Hamm bei der Rentnerin entschuldigt und auf eine Zahlung verzichtet, das Vorgehen seiner Mitarbeiter aber als rechtmäßig verteidigt.

Rechtmäßig hätten die Beamten auch diesmal gehandelt, sagt Jessica Wessel vom Landespolizeiamt. Sie bekommt Rückendeckung vom ADAC. "Sobald auf einer Autobahn Gefahr von einem Tier ausgeht, muss die Polizei sehen, wie sie es einfängt, außer Gefecht setzt oder - so schlimm es ist - beseitigt", sagt Sprecher Matthias Schmitting.

Tierschützer Thomas Schröder sieht das anders. "Die Autobahn wurde ja gesperrt. Also gab es gar keine Gefahr mehr, die hätte abgewehrt werden müssen."