Der Ahrensburger CDU-Landtagsfraktionsvize Tobias Koch sieht das Land in Gefahr, wenn die Sanierung der HSH Nordbank scheitert.

Ahrensburg. Das finanzielle Überleben des Landes Schleswig-Holstein hängt weiterhin vom Geschäftserfolg der HSH Nordbank ab. Zum Ende dieses Jahres haftet das Land immer noch für Kredite in Höhe von 46 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Um die in der Verfassung festgeschriebene Schuldenbremse einzuhalten, will das Land im Laufe von zehn Jahren, bis 2020, insgesamt 1,2 Milliarden Euro einsparen. "Wenn wir auch nur für eine Milliarde Euro an Nordbank-Krediten einstehen müssen, dann würde das unseren Etat komplett umwerfen", warnt der Ahrensburger CDU-Landtagsabgeordnete Tobias Koch. "Die Milliardenbeträge, für die wir geradestehen, werden noch vier Jahre lang wie ein Damoklesschwert über dem Land hängen." Erst 2015 sollen die Kredite so weit zurückgezahlt sein, dass die unmittelbare Gefahr gebannt ist - wenn nichts dazwischenkommt. Im schlimmsten Fall droht eine Zahlungsunfähigkeit.

Tobias Koch weiß, wovon er redet. Der gelernte Bankkaufmann war CDU-Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur HSH Nordbank. Der hat vor rund drei Wochen seinen Abschlussbericht vorgelegt. Wer spektakuläre Enthüllungen oder zumindest klare Schuldzuweisungen erwartet hatte, dürfte das 700-Seiten-Werk enttäuscht zur Seite legen. "Es gibt den Schurken nicht", betitelte "Welt online" denn auch ihren Bericht über den Bericht.

+++Viel Geld, viel Gier, viel Geiz+++

+++CDU-Fraktionsvize: HSH Nordbank bringt Landesetat in Gefahr+++

+++Tobias Koch Aufklärer im HSH-Ausschuss+++

Wer genauer hinsieht, kann allerdings nicht das Fehlen von Schuldigen, sondern höchstens dessen Überangebot beklagen. Der Ausschuss, der "Fehlentwicklungen" bei der Bank untersuchen sollte, ist fündig geworden - und hat zugleich feststellen müssen, dass sich diesen Fehlentwicklungen niemand entgegengestellt hat. Das gilt zuallererst für den Vorstand des Geldinstituts. "Die Bank ist schlecht geführt worden, weil sie zu große Risiken eingegangen ist", sagt Tobias Koch. Der entscheidende Fehler, so Koch, sei bereits im Jahr 2005 gemacht worden. Bis zum 18. Juni jenes Jahres bestand das Geschäftsmodell der HSH Nordbank darin, sich billig Geld zu leihen und zu höheren Zinsen zu verleihen oder anzulegen. An billiges Geld kam die Bank, weil sie den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gehörte und diese für Kredite bürgten. "Gewährträgerhaftung" lautet der Fachbegriff. Wenn zwei Bundesländer im Zweifel einspringen und den Kredit zurückzahlen, dann sind die Verleiher mit sehr niedrigen Zinsen zufrieden.

+++Abgeordneter warnt vor Staatspleite Schleswig-Holsteins+++

Der EU gefiel das nicht. Es sei wettbewerbsverzerrend, andere Banken hätten einen geschäftlichen Nachteil. Zum 18. Juni 2005 musste deshalb die Gewährträgerhaftung beendet werden. Womit sollte die Bank in Zukunft Geld verdienen? Den Vorständlern fiel nichts Besseres ein, als das alte Geschäftsmodell so lange wie möglich fortzusetzen. Bis zur letzten Sekunde wurden Kredite aufgenommen. Die Verbindlichkeiten wuchsen auf Schwindel erregende 165 Milliarden Euro an. Was geschah mit dem Geld? Koch spricht von einem "Anlagedruck", der entstand: "Da für das beschaffte Fremdkapital keine ausreichende Verwendungsmöglichkeit im eigenen Kreditgeschäft bestand, konzentrierte sich dieser Anlagedruck vornehmlich auf das Kreditersatzgeschäft." Für das normale Bankgeschäft, das Verleihen von Geld an Kunden, waren nicht genügend Interessenten zu finden. Also wurden größere Summen ins Kreditersatzgeschäft gesteckt, und da eben auch in Ramsch-Papiere. An der Londoner und der New Yorker Börse wurde damals vom "Stupid German Money" geredet, vom "dummen deutschen Geld", das die HSH Nordbank anlegte, ohne auf Risiken zu achten.

Hätten die Politiker im Aufsichtsrat der Bank diese Entwicklung stoppen können? Koch hat in den Sitzungsprotokollen keinen Hinweis darauf gefunden, dass Vorständler vor den Risiken der massiven Ausweitung des Kreditersatzgeschäfts gewarnt haben. Letztlich waren damals, vor der Katastrophe, alle zufrieden mit einer Bank, die Jahr für Jahr Gewinne abwarf. Das Gefühl war: So kann es ewig weitergehen.

Doch das tat es nicht. Die Finanzkrise kam, die Wertpapiere der HSH Nordbank waren plötzlich Wertlos-Papiere. Aber immer noch haftete Schleswig-Holstein für Nordbank-Kredite in Höhe von 65 Milliarden Euro. "Deshalb mussten wir die Bank retten", sagt Koch. "Dabei waren wir in dieser Situation eigentlich die denkbar schlechtesten Eigentümer, denn wir waren und sind ja selbst verschuldet."

Nun will das Land nicht mehr Eigentümer sein. Bis auf die Linke fordern alle Landtagsfraktionen den Verkauf der Nordbank-Anteile. Der Erlös soll zum Schuldenabbau verwendet werden. "Noch wird sich kein Käufer finden lassen", sagt Tobias Koch. "Aber vielleicht in vier Jahren." Bis dahin bleibt das Damoklesschwert hängen.