Die Gemeinde Köthel verzichtet auf eine Klage gegen einen umstrittenen Mastbetrieb. Der beauftragte Anwalt hält Prozessrisiko für zu hoch.

Köthel. Die Gemeinde Köthel wird nicht gegen den geplanten Bau einer Schweinemastanlage für 1490 Tiere klagen. Das teilte der stellvertretende Bürgermeister Uwe Petersen (Wählergemeinschaft Köthel) gestern mit. "Ein Fachanwalt hat uns abgeraten, vor Gericht zu gehen. Das Prozessrisiko ist nicht abzuschätzen", so Petersen.

In dem Dorf (328 Einwohner) gibt es großen Widerstand gegen das Bauvorhaben des Trittauer Landwirts Rudolf Grunwald. Im Juni vergangenen Jahres gründete sich die Bürgerinitiative "Keine Schweinemast in Köthel". Deren Sprecher Frank Kieper kommentiert die Entscheidung der Gemeinde so: "Wir sind traurig, dass die Gemeindevertretung keine Chance für eine erfolgreiche Klage erkennen konnte. Aber offenbar lässt es das geltende Baugesetz nicht zu, dass berechtigte Sorgen von Bürgern einer Gemeinde angemessen beachtet werden."

Die Bürgerinitiative will in der kommenden Woche mit einem Anwalt über mögliche rechtliche Schritte sprechen. "Wir sehen noch Ansatzpunkte für eine Klage", sagt Kieper. Im Juni hatte die Initiative noch verlauten lassen, man werde auf jeden Fall gegen das Bauvorhaben vor Gericht gehen. "Das müssen wir jetzt relativieren", sagt Kieper. "Es ist eine neue Lage eingetreten."

Die Initiative will sich nun offenbar auf eine Strategie der Nadelstiche verlegen. "Wir garantieren dem Trittauer Investor ebenso wie anderen Agrarunternehmern, die nach Köthel kommen, ungeteilte Aufmerksamkeit", so Kieper. "Besonders werden wir jeden Regelverstoß bei Bauauflagen, jede Umweltpanne oder Verkehrsstörungen registrieren und zur Anzeige bringen." Die Initiative fürchtet, dass der Maststall, sollte er tatsächlich gebaut werden, weitere Firmen aus dieser Branche anziehen könnte. Kieper: "Unser Dorfgebiet läuft jetzt Gefahr, zu einer Mastgebiet-Zone zu verkommen." Ein Beleg für diese These war gestern nicht zu bekommen.

Der Trittauer Landwirt hat für sein Projekt mittlerweile einen positiven Bauvorbescheid erhalten. Eine Baugenehmigung ist noch nicht erteilt worden. Der Investor hat sie beantragt, im Kreisbauamt wird dieser Antrag derzeit bearbeitet. Im Rahmen dieses Verfahrens sind Klagen von Nachbarn des Schweinemaststalls möglich.

Das Grunwaldsche Bauvorhaben hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Die Gemeindevertretung hatte es abgelehnt, der Kreis aber stimmte zunächst zu. Im September 2010 revidierte das Kreisbauamt seine Entscheidung. Dessen Leiter Klaus Bebensee sagte damals: "Köthel hat uns Gründe geliefert, von denen nach summarischer Prüfung einer trägt, und wir deshalb zu dem Schluss kommen, dass das gemeindliche Einvernehmen zu Recht versagt wurde."

Doch Grunwald legte Widerspruch gegen die Entscheidung ein. Eine Überprüfung durch die Kreisverwaltung und das Innenministerium in Kiel ergab im Juni, dass die Zustimmung zu dem Projekt nicht verweigert werden kann. Der Kreis forderte Köthel auf, das gemeindliche Einvernehmen für die Schweinemastanlage herzustellen. Köthel weigerte sich, woraufhin die Kreisverwaltung das Verfahren an sich zog und das Einvernehmen der Gemeinde ersetzte.

In der ausführlichen Begründung der Entscheidung verwies der Kreis unter anderem auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück aus dem Jahr 2004. Dort ging es um den Bau eines Abferkel- und Sauenstalls. Die Gemeinde hatte angeführt, dass die Erschließungsstraße in schlechtem Zustand sei, und deshalb die Zustimmung verweigert. Das Gericht entschied: Das Bauvorhaben könne nicht abgelehnt werden, weil die Gemeinde aus finanziellen Gründen auf den Unterhalt und die Sanierung ihrer Straßen verzichtet habe. Köthel hatte seine Zustimmung zu dem Mastbetrieb mit einem ähnlichen Argument verweigert: Die Hohenfelder Straße, die zu dem Stall führe, sei für die Schweinetransporter nicht geeignet und müsse ausgebaut werden. Dafür aber habe Köthel kein Geld.

Der Kreis Stormarn bestellte daraufhin einen Gutachter. Der kam zu dem Schluss, dass die 40 Jahre alte Straße längst hätte saniert werden müssen. "Das Osnabrücker Urteil war für unseren Fachanwalt Grund für die Einschätzung, dass das Prozessrisiko zu hoch ist", sagt Vize-Bürgermeister Petersen.