Uwe Seggermann, Leiter der Naturschutzbehörde, bezeichnet Abendblatt-Berichte in Ausschusssitzung als unwahr.

Stade/Oldendorf. Spektakuläre Kehrtwende im Fall der umstrittenen Abholzung im Sunder Wald bei Oldendorf. Nachdem der massive Holzeinschlag mit schwerer Technik in dem Waldgebiet bei Oldendorf führende Mitarbeiter der Stader Kreisverwaltung ins Kreuzfeuer der Kritik von Naturschützern, Bürgern und Politikern gebracht hatte, streitet die Kreisverwaltung nun plötzlich den kompletten Sachverhalt ab. Das Abendblatt bleibt bei seiner Darstellung.

Uwe Seggermann, der als Leiter der Naturschutzbehörde des Landkreises den Sunder Wald federführend in Obhut hat, sagte gestern während der öffentlichen Sitzung des Kreisumweltausschusses: "Das, was da beschrieben wird, ist nicht in Sunde passiert, es entspricht nicht den Tatsachen. Es sind keine Schäden verursacht worden und die Fotos wurden nicht im Sunder Wald gemacht."

Das führte bei den versammelten Politikern, die sich Aufschluss über den Fall erhofft hatten, abermals zu Irritationen. Sie hatten ohnehin erst durch einen Bericht im Abendblatt erfahren, dass der Landkreis Stade in dem rund 80 Hektar großen Wald mit großen Maschinen im Landschaftsschutzgebiet vorgegangen war und dabei entlang des Naturlehrpfades, der auf vielen Wanderkarten als besonders sehenswert empfohlen wird, Schneisen der Verwüstung hinterließ.

Seggermann hingegen bezeichnet die Berichterstattung im Abendblatt nun als "gut organisierte Kampagne irgendeiner Redakteurin". "Der Boden im Sunder Wald ist nicht sensibel, also ist die Technik, mit der gearbeitet wurde, nicht zu beanstanden. Außerdem haben wir uns mit dem Ornithologen der Naturschutzbehörde vor dem Einschlag vor Ort abgestimmt, damit Vögel nicht gefährdet werden. Und: Es gibt dort keine Fledermäuse", sagt Seggermann.

Tatsächlich hatten Naturschützer in dem Gebiet sogar zahlreiche Fledermauskästen aufgehängt, weil der Wald ein Rückzugsgebiet für die vom Aussterben bedrohten Tiere darstelle. Dem Abendblatt liegen Fotos vor, die einen dieser durchnummerierten Kästen auf dem Waldboden zeigt.

Politiker, die sich die sichtbaren Folgen der Harvester und Rückemaschinen im Sunder Wald persönlich angeschaut hatten, kritisieren hingegen weiterhin die brachiale Vorgehensweise. Ebenso stieß es bei den Politikern auf Unverständnis, dass die Naturschutzbehörde diese Holzernte durchgeführt hat, ohne die Mitglieder des Ausschusses für Regionalplanung und Umweltfragen zu informieren und dazu noch Borkenkäferbefall als Ursache für das Abholzen nannte.

Auf Antrag der Kreistagsabgeordneten Verena Wein-Wilke (Die Grünen) und Benjamin Koch-Böhnke (Die Linke), wurde die Vorgehensweise im Landschaftsschutzgebiet des Sunder Waldes deshalb noch einmal hinterfragt. So wollten die Kreistagsmitglieder wissen, wer die Holzernte noch innerhalb der Brut- und Setzzeit angeordnet habe, welche Fachleute beteiligt wurden, welche Maßnahmen zur Minderung der Eingriffsfolgen geplant seien und ob alternative Vorgehensweisen mit Pflegetrupps, Rückepferden oder Kleinmaschinen vorab geprüft wurden.

Zudem wurde der Antrag gestellt, unabhängige Gutachter der Forstämter des "Bereichs Nord-Ost" und des BUND einzuschalten. Im Antrag von Koch-Böhnke heißt es: "Für eine wirkliche Aufklärung bezüglich der Rodungsarbeiten ist es aus unserer Sicht notwendig, nicht nur Mitarbeiter des Umweltamtes zu Wort kommen zu lassen." Wein-Wilke war in Sunde und sagt: "Ich habe die Arbeit der Naturschutzbehörde immer geschätzt und verstehe nicht, dass mit solcher Brutalität zur Brut- und Setzzeit vorgegangen wurde."

Dazu sagt der erste Kreisrat, Eckart Lantz: "Der Holzeinschlag erfolgte auf Anordnung der Naturschutzbehörde. Der Landkreis Stade hat in den 1980er-Jahren den Wald gekauft, und seit 1988 arbeiten wir an der Umwandlung des Waldes, in dem die Fichte überwog, in einen standortgerechten Mischwald." Das sei eine übliche forstwirtschaftliche Umwandlung, die mit dem Harsefelder Forstamt als Beratungsforstamt abgestimmt wurde, so Lantz.