Politiker und Naturschützer kritisieren das Vorgehen des Kreisverwaltung im Landschaftsschutzgebiet

Stade/Oldendorf. Führende Mitarbeiter der Stader Kreisverwaltung haben sich den Zorn von Politikern und Naturschützern zugezogen. Sie kritisieren das rabiate Vorgehen im Sunder Wald zwischen Oldendorf und Heinbockel. Der Landkreis Stade, der Eigentümer des Waldes ist, hatte mitten im Landschaftsschutzgebiet, das eine Ruhezone für Wildtiere sein soll, eine Woche lang mit riesigen Maschinenfahrzeugen Bäume gefällt und dabei eine Spur der Verwüstung zurückgelassen.

Der Naturschutzbeauftragte des Landkreises Stade, Georg Ramm, ist empört: "Holzernte mit großen, schweren Maschinen im Sunder Wald, ein solches Vorgehen verstehe ich überhaupt nicht." Ramm ist sicher, die Gründe für das Wüten im Wald zu kennen: "Wenig Geld und Personal ist für Naturschutzmaßnahmen vorgesehen, außerdem soll schnell ein vorzeigbarer Erfolg herbeigeführt werden. Da greift man gern auf die Errungenschaften moderner Technik zurück und führt die Arbeiten unter enormen Leistungsdruck auch dort aus, wo sensibles und schonendes Vorgehen erforderlich wäre".

Es fehle im Landkreis an Pflegetrupps, Kleinmaschinen und Rückepferden, so der Naturschutzbeauftragte. "Und es fehlt, wie so oft, die Absprache unter Fachleuten, die hätten steuernd einwirken können." Allerdings reiche es nicht, nur zu kritisieren. Es besser zu machen, sei Aufgabe der Politiker, und zwar nicht nur der Lokalpolitiker vor Ort. Sie sollten der Nachhaltigkeit in der Natur wieder mehr Gesicht verleihen, so Ramm.

"Selbst EU-Gesetze und das Bundesnaturschutzgesetz greifen meist nicht bei behördlichen Maßnahmen. Die Kreatur bleibt dabei immer auf der Strecke", so das Fazit von Georg Ramm.

Die Stader Politiker Silke und Ulrich Hemke von Bündnis 90/Die Grünen sind ebenfalls entrüstet: "Das ist doch unglaublich, im Sunder Wald werden oft mit Fachgremien Naturbegehungen gemacht, weil das Landschaftschutzgebiet ein Vorzeigestück des Landkreises ist."

Wenn man es "befremdlich" nennt, was dort vom Landkreis veranlasst wurde, sei das noch stark untertrieben, so Ulrich Hemke. "Die Aktion stinkt doch irgendwie gewaltig, denn mir ist nicht bekannt, dass es im Fachausschuss für Regionalplanung und Umweltfragen besprochen wurde. Dem werden wir in unserer Fraktion jetzt sehr genau nachgehen", sagt Hemke.

"Man mag sich das gar nicht vorstellen, dass ein solcher ökologischer Schaden für einen finanziellen Gewinn in Kauf genommen wird, zumal der Waldanteil im Landkreis Stade aufgestockt werden soll. Das ist doch ein Treppenwitz." Mit solcher Holzhammermethode gezielt loszugehen, weil der Holzpreis gerade hoch im Kurs steht und als Begründung dann den Borkenkäfer anzuführen passe gar nicht für eine Behörde mit Vorbildwirkung, so Ulrich Hemke.

Im anderen politischen Lager ist man nicht minder überrascht. Gerd Lefers von der Freien Wählergemeinschaft ist Mitglied im Umweltausschuss des Stader Kreistages. Er sagt: "Wir wollten dort in Sunde am 1. September unsere alljährliche Naturschutzwanderung der Ausschussmitglieder machen. Na da bin ich jetzt sehr gespannt, was wir dort zu sehen kriegen."

Lefers hat sich daraufhin gestern mit Uwe Seggermann, dem Leiter des in die umstrittene Aktion involvierten Naturschutzamtes des Landkreises Stade, in Verbindung gesetzt und dabei auch erfahren, dass eben diese Naturschutzwanderung der Politiker ganz plötzlich verlegt wurde. Sie soll nun nicht mehr wie geplant auf dem Naturlehrpfad in Sunde stattfinden, sondern in der Nähe der Oste.

Zum Holzeinschlag entlang der Sunder Seen habe Seggermann ihm gegenüber darauf verwiesen, dass die Maßnahme sinnvoll sei und zum laufenden Geschäft der Verwaltung gehöre. Zudem gelten im Wald andere Gesetze, habe Seggermann erklärt.

"Diese Auffassung teile ich so nicht", sagt Gerd Lefers. "Ich habe nichts gegen das Ausforsten, was notwendig und sinnvoll ist. Aber der Zeitpunkt, zu dem viele Tiere noch Junge haben, war unsensibel gewählt. Ich vermisse da die Vorbildwirkung einer Naturschutzbehörde, auch wenn es wirtschaftliche Zwänge gibt."

Geradezu entsetzt zeigt sich schließlich Wolfgang Kurtz von der Ökologisch-Fledermauskundlichen Arbeitsgemeinschaft (ÖFLAG) im Landkreis Stade. "Holzeinschlag im Sunder Wald? Davon wissen wir ja noch gar nichts. So ein Blödsinn! Wie kann man so unangemessen vorgehen? In solchen sensiblen Bereichen müsste man doch unbedingt mit Rückepferden arbeiten, wenn man nicht alles kaputt machen will, was man dort sehr gut unter Naturschutzaspekten entwickelt hat. Man hat wirklich den Verdacht, es geht nur ums Geld. Wir haben dort in den vergangenen zehn Jahren im Rahmen eines Fledermaus-Projekts rund 200 Schutzkästen aufgehängt und sind sehr froh, dass wir dort Abendsegler, das Braune Langohr oder die Wasserfledermaus wieder orten können. Gravierende räumliche Veränderungen, kann die Populationen der Tiere schon beeinträchtigen, da sie sich nach vertrauten akustischen Bildern orientieren."