Die Region könnte demnach zu einem riesigen Industriegebiet ausgebaut werden. Dafür soll unter anderem die B73 zu einer Art Autobahn werden.

Stade. Die Unterelberegion soll zum neuen Rotterdam werden. Das ist das Ziel der drei Industrie- und Handelskammern (IHK) Stade für den Elbe-Weser-Raum, Hamburg und Schleswig-Holstein. Die Stadt Hamburg und die Landkreise Stade, Cuxhaven und Harburg in Niedersachsen sowie die Kreise Dithmarschen, Steinburg und Pinneberg in Schleswig-Holstein hätten gemeinsam das Potenzial, zum großflächigen Industrie- und Hafengebiet zu werden, und dem größten Umschlagplatz Europas, Rotterdam, Konkurrenz zu machen. Voraussetzungen dafür seien allerdings der Ausbau der Infrastruktur sowie die intensivere Zusammenarbeit der Regionen. Was genau umgesetzt werden muss, haben die drei IHK in dem Positionspapier "Industriegebiete im Zeitalter der Globalisierung: Die Zukunft liegt an der Küste!" erarbeitet.

Im Mittelpunkt der Forderungen steht die Infrastruktur. Die Seehäfen seien die Zukunft der Küste, weil die Transportkosten für Im- und Exporte gegenüber dem Landverkehr günstig seien, heißt es in dem Papier. In der Nähe von Seehäfen würden sich neue Industrie-, Logistik- und Gewerbeunternehmen ansiedeln. Dabei sollten bestehende Schwerpunkte verstärkt werden: Cuxhavens Zukunft sei etwa die Windenergie, Stade sollte weiter auf den Flugzeugbau und die Chemiebranche setzen.

Allerdings reiche der Ausbau von Häfen nicht aus, so Martin Bockler, Leiter der Standort- und Infrastrukturentwicklung bei der IHK Stade. Die Erweiterung des Seehafens Stade müsse nach vielen Verzögerungen zügig weitergehen. Auch die Hinterlandanbindung müsse geklärt werden. Die Forderungsliste geht noch weiter: schneller Bau der A26 mit dem Anschluss an das Hamburger Netz, Ausbau des Schienennetzes zwischen Cuxhaven und Hamburg auf zwei Trassen sowie ein Planungsbeschleunigungsgesetz. Und es geht noch weiter: "Die bisherige Elbquerung ist zu wenig. Daher ist beim Elbtunnel zwischen Drochtersen und Glückstadt sowie dem Bau der A20 und A22 Tempo gefragt", sagt Bockler, der das Positionspapier mitgestaltet hat.

Außerdem müsse die B73 autobahnähnlich ausgebaut werden. "Die B73 ist die Hauptverkehrsader nach Cuxhaven, besonders unfallträchtig und ein Nadelöhr. Daher sollten entweder Ortsumgehungen oder eine dritte Spur gebaut werden", sagt Bockler. Die dritte Spur könne dann nach skandinavischem Vorbild zum Überholen dienen.

Doch nicht nur die Verkehrsinfrastruktur müsse deutlich verbessert werden, sondern auch die energetische Infrastruktur. "Die Unternehmen brauchen bei der Energieversorgung Planungssicherheit", so Bockler. Stade sei Energiestandort und müsse das bleiben. Dazu zähle deshalb auch die Kohlekraft. Zudem sollten Kernkraftwerke länger am Netz bleiben; die Laufzeitverkürzungen sollten folglich zurückgenommen werden. Die Breitbandversorgung sei ebenfalls ein wichtiger Standortfaktor und müsse vorangetrieben werden. Ein schnelles Informations- und Kommunikationsnetz sei das Ziel.

Die drei IHK setzen zudem auf das Thema Lebensqualität: Ganztagsschulen, bessere Kinderbetreuung und mehr Berufsorientierung an den Schule müssten her. Familienfreundlichkeit und hohe Lebensqualität seien ebenfalls Wettbewerbsvorteile für Unternehmen.

Ob und wie das 35-seitige Positionspapier in die Realität umgesetzt werden kann, wird im September in Stade bei einer Standortkonferenz der drei IHK diskutiert. Außerdem kommt die Arbeitsgruppe Wirtschaft-Unterelbe zusammen, um passende Strategien zu erarbeiten.