Die IHK will Häfen entlang der Elbe großzügig erweitern. Jetzt werden aber erste Bedenken gegen das Vorhaben laut.

Stade. In einem Positionspapier haben die drei Industrie- und Handelskammern (IHK) von Stade, Schleswig-Holstein und Hamburg gefordert, die Region der Unterelbe zu einem großflächigen Industrie- und Hafengebiet auszubauen. Doch die Idee, in der Region einen Welthafen von der Größe Rotterdams zu etablieren, stößt auf Kritik.

"Bei einem solchen Projekt haben wir natürlich große Bedenken", sagt Uwe Schneider, Erster Vorsitzender des Naturschutzvereins Jordsand, gegenüber dem Abendblatt. Die Idee, die Unterelbe zu einem Welthafen auszubauen, sei nicht neu, ebenso wie die Probleme, die damit einhergehen würden. "Jede Industrialisierung und auch jeder Kompromiss, der bei solchen Projekten geschlossen wird, geht immer zu Lasten der Natur", sagt Schneider. Über eine Biodiversität würde von politischer Seite immer wieder geredet, doch faktisch werde sie mit solchen Vorhaben zerstört.

Besonders problematisch sei im Unterelberaum, dass gegenüber von Stade auf der Seite Schleswig-Holsteins ein empfindliches Naturschutzgebiet liege und gegenüber von Brunsbüttel auf der Nordkehdinger Seite ein weiteres, wichtiges Vogelschutzgebiet existiere. "Ein industrieller Ausbau der Region würde deutliche Probleme in diesen Schutzgebieten herbeiführen", sagt Schneider. Es fehle an einem greifbaren Naturschutzprojekt für die Region.

Das IHK-Positionspapier will der Verein auf der kommenden Vorstandssitzung detailliert untersuchen. "Dann werden wir sehen, wie es weitergeht", so der Jordsand-Vorsitzende. Auch Rainer von Brook, Erster Vorsitzender beim Naturschutzbund (Nabu) Stade will jetzt mit dem Vorstand des Naturschutzvereins das Papier genau prüfen. "Im Moment können wir keine Stellungnahme abgeben, da wir die Details der Pläne noch nicht kennen", sagt von Brook.

Dass dem Papier der Kammern nicht ein Freibrief zum betonieren der Landschaft folgen werde, stellt der Erste Kreisrat Eckhard Lantz klar. "Wir haben Naturschutzgebiete, die erhalten werden müssen und wir haben das Alte Land, das unbedingt bewahrt werden muss", sagt Lantz. Es sei aber auch eine weitere touristische Erschließung der Region erwünscht. Wirtschaftliche Planungen müssten daher im Einklang mit der Umwelt stattfinden. "Aber das Papier sagt ja auch ausdrücklich, dass die Belange des Naturschutzes abgewogen und soweit wie möglich berücksichtigt werden sollen."

Für den Verein Jordsand stellen die Pläne dennoch ein Problem für die beiden Elbschutzgebiete Schwarztonnensand und Asselersand dar. Bisher wurden die Gebiete vom Naturschutzverein betreut, zum Ende des Jahres seien diese und andere Naturschutz-Pachtverträge ausgelaufen oder vom Land Niedersachsen gekündigt worden. Wie es weitergehen soll, sei unklar. Der Verein wünscht sich aber eine schnelle Entscheidung, für die nun der Landkreis verantwortlich sei. Ansonsten, so die Befürchtung, könnten die Gebiete zugunsten der wirtschaftlichen Entwicklung der Unterelbregion geopfert werden. "Das wäre kein Einzelfall", sagt Schneider.

Einen wirtschaftlichen Ausbau der Region sieht er als den falschen Weg, denn die Wattgebiete bei Wilhelmshaven seien, teilweise im Einvernehmen mit Naturschutzverbänden, für den Ausbau der Wilhelmshavener Hafenanlagen geopfert worden - damit die Elbregion nicht weiter als Industriestandort ausgebaut und die Elbe nicht vertieft wird. "Wenn nun die Wünsche der Kammern umgesetzt werden, dann hat der Naturschutz doppelt verloren, beim Wattenmeer und an der Unterelbe".