Zahlreiche Bürger befürchten, dass das Wahrzeichen Buxtehudes durch das Projekt Winterkirche nachhaltig beschädigt werden könnte.

Buxtehude. Der Protest gegen das Projekt Winterkirche der Kirchengemeinde St. Petri nimmt zu. Bei der Gemeindeversammlung, zu der am Wochenende etwa 100 Mitglieder der Kirchengemeinde, aber auch etliche andere Buxtehuder kamen, überreichten die Gemeindemitglieder ein Protestschreiben und eine Liste von 300 Unterschriften an den Kirchenvorstand, um ihren Widerstand gegen den Bau einer Winterkirche in Buxtehudes Hauptkirche St. Petri zu verdeutlichen. Eine Entscheidung für oder gegen eine Winterkirche gab es nicht - die Diskussion wurde nach fast drei Stunden abgebrochen und soll auf der nächsten Versammlung der Kirchengemeinde fortgesetzt werden.

Gemeindevorstand will die Heizkosten in den Griff bekommen

Pastor Hans-Otto Gade hatte zu Beginn ein Plädoyer für die Winterkirche gehalten, mit dem Ziel, den Bürgern zu erklären, warum der Kirchenvorstand das Projekt als notwendig erachtet. "Wir werden uns mittelfristig mit dem Gedanken vertraut machen, dass wir nur noch eine Pfarrstelle mit einem Pfarrhaus und einer Kirche werden halten können. Das ist leider so und wer davor die Augen verschließt, verkennt die Realitäten", sagte Gade.

Das Ziel der Überlegungen sei es, angesichts steigender Heizkosten von bereits jetzt etwa 1200 Euro im Monat und zugleich schwindender Finanzmittel die künftige Gemeindearbeit konzentriert in der St.-Petri-Kirche stattfinden zu lassen. Dafür bedürfe es aber geeigneter, flexibler Räume. Die Winterkirche, die unter der Orgel und im Turmcafé eingerichtet werden und bis zu 80 Plätze bieten soll, ermögliche dies. Auf keinen Fall, so Gade sei bereits eine endgültige Entscheidung für das Projekt gefallen, lediglich eine Festlegung auf eine Prüfung des Entwurfs des Architekturbüros "Pax-Brüning".

Wenn das Projekt zu teuer wird, soll es fallengelassen werden

Das allerdings bezweifeln viele Gemeindemitglieder und berufen sich auf den Gemeindebrief. In diesem steht: "Am 13. September beschloss der Kirchenvorstand den Bau der Winterkirche". Laut Gade handle es sich hierbei um ein Missverständnis. "Der Verkauf des Matthias-Claudius-Hauses wurde damals vom Kirchenvorstand entschieden. Für uns ging es dann um die Frage, wofür wir die 400 000 Euro aus dem Erlös verwenden wollen", so Gade. Der Konsens sei gewesen, zu prüfen, ob und wie ein Projekt Winterkirche realisiert werden könnte. Nichts sei beschlossen worden, es gehe um das Ausloten der Optionen, die sich der Kirche böten, es sei also ein "Richtungsbeschluss". "Wir stehen erst am Anfang eines Prozesses, nicht mittendrin oder am Ende", so Gade. Sollte sich herausstellen, dass das ganze Projekt aus baulichen, Denkmalschutz- oder finanziellen Gründen nicht realisiert werden könne, dann werde der Kirchenvorstand das Projekt fallen lassen.

Bisher rechnete der Vorstand mit Baukosten von etwa 270 000 Euro für die aus Glas und Stahl bestehende Winterkirche. Dass die Kosten aber viel höher ausfallen könnten, wurde schnell deutlich. "Sind bei der Planung auch die eventuellen Kosten für eine Neuintonierung und eine Reparatur von Pfeifenschäden an der Orgel, die bei dem Umbau notwendig werden beziehungsweise auftreten könnten, bedacht worden", fragte Pastor Eberhard Schäfer. Diplom-Ingenieur Wolfgang Pax verneinte dies. "Dass die Orgel so empfindlich ist und in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, diese Infos hatten wir anfangs nicht. Die von Ihnen angesprochenen Kosten wurden daher auch nicht einberechnet", so Pax. Erst im Laufe der Planungen könne gesagt werden, wie hoch die zusätzlichen Kosten werden könnten. Experten, so der Konsens von Kirchenvorstand und Gemeinde, sollen nun herausfinden, wie teuer das Projekt wirklich werden kann.

Auch die Frage, ob die Statik des Gebäudes mit dem Umbau beeinträchtigt werden könne, konnte Pax nicht beantworten. "Diese Antwort müssen andere Experten geben, die hierfür versierter sind", so der Ingenieur.

Der Klang der Orgel wird laut Gutachten nicht unter den Baumaßnahmen leiden

Dass die Furtwänglerorgel von den Baumaßnahmen im Klang beeinträchtigt werden könnte, diese Befürchtung versuchte der Akustiker Carsten Ruhe zu zerstreuen. Laut seinem Gutachten werde sich der Gesamtklang der Orgel im Raum "nicht negativ verändern". Das auch deshalb, weil die Holzpfeiler unter der Orgelempore den Schall praktisch nicht im Raum transportieren würden. "Unter jedem Pfeiler, der mit Stahlträgern gesichert ist, befinden sich jeweils zwei Tonnen Beton. Dort bleibt kein Raum für Schwingungspotenzial", so Ruhe. Die Schwingungen der Orgel würden vor allem über die Luft im Kirchenschiff transportiert, nicht über die Wände, Pfeiler und Holzbalken, so das Ergebnis der Messungen in der St.-Petri-Kirche. "Der geplante Glaskubus wäre vom Volumen im Verhältnis zum Gesamtvolumen der Kirche zu gering, als dass Auswirkungen zu erwarten sind", so Ruhe.

Doch nicht nur der Orgelklang bereitet der Gemeinde Sorge. Auch die Ästhetik des mittelalterlichen Kirchenschiffs könnte leiden. Weniger futuristisch, nicht so massiv, solle nach Ansicht mehrerer Gemeindemitglieder das Projekt sein. Das Konzept sei zwar interessant, die St.-Petri-Kirche hierfür aber der falsche Ort. Und dass die Winterkirche wirklich eine Heizkostenersparnis brächte, sei, so eine Bürgerin, eher unwahrscheinlich. Schließlich müsse die Kirche auch so im Winter komplett geheizt werden, um wegen der Feuchtigkeit nicht zu verschimmeln.