Meisterschaftsbrötchen, Kuchen mit Trillerpfeife, als Ball getarnter Salatkopf: Das Fußballturnier in Polen und der Ukraine inspiriert den Lebensmittelhandel.

Gegessen? Von wegen, jetzt geht's erst richtig los. Mit dem Einzug der deutschen Nationalmannschaft ins Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine hat auch der gemeine Fan zu Hause erst den richtigen Appetit bekommen. Appetit auf schöne Spiele, Appetit auf noch mehr Siege und den Titel vielleicht. Mitunter mag sich ein bisschen Hunger dazugesellen. Dann muss was Essbares her, handfest, am allerbesten stilecht in Ballform oder wenigstens in schwarzer, roter und zugleich gelb-goldener Färbung. Das ist EM zum Anbeißen!

Und die hat ganz süße Seiten: Manuela Heidemann, 27, Verkäuferin bei Perfetto im Hause Karstadt in Hamburg-Harburg hat von Fußbällen bis hin zu Miniaturpokalen alles im Angebot, was die Herzen der Fans höher schlagen lässt - als Vollmilch-Modelle. "Die Pokale sind vor allem bei Männern sehr beliebt", sagt Heidemann. Mit dem Schokoimitat der heiß begehrten Siegertrophäe in der Hand könnten sie "ein bisschen so tun, als hätte Deutschland das Finale schon gewonnen."

Afshin Djourabi, 48, Filialleiter der Nur-Hier-Bäckerei an der Lüneburger Straße, verkauft dieses Jahr EM-Donuts mit Trillerpfeifen in Landesfarben. "Am Anfang lief der Verkauf nicht so gut", gibt er zu, "aber seit Deutschland das dritte Spiel gewonnen hat, läuft es besser." Also gilt: Erst pfeifen, dann essen. Oder umgekehrt.

Aber immer schön an die Figur denken. Schließlich will niemand nach der EM durch sein Hüftgold glänzen. Einige Supermärkte bieten gesunde Kost an, mit der trotzdem kein Fußballfan ins Abseits gerät. Bei Edeka am Sand zum Bespiel dürfen Traube, Melone und Ananas nicht einfach nebeneinander im Regal liegen. Kleingeschnitten liegen sie in schwarz-rot-goldener Aufstellung in kleinen Plastikbehältern in der Kühltheke. "Na ja, die Trauben sind ja gar nicht richtig schwarz", wirft Regina Biskup, Abteilungsleiterin für Obst- und Gemüse, ein. Aber auch Dunkelblau-Rot-Gold verkauft sich prächtig.

Dass der Eisbergsalat, schon wegen seiner Größe leicht mit einem Fußball zu verwechseln, mit bedrucktem Zellophan vollends als Lederkugel getarnt erscheint, versteht sich von selbst. Und die Plastikbecher mit den Cocktailtomaten darin sind mit einem schwarz-rot-goldenen Deckel verschlossen worden. Dass die Tomaten dadurch nicht mehr auf Anhieb als solche zu erkennen sind, findet Filialleiter Tom Krafczyk, 24, unproblematisch. "Die Deutschlandflagge auf dem Deckel macht die Kunden vor allem neugierig", so Krafczyk.

Doch bei allen wundersamen Neuerungen, die einen Salat plötzlich nicht mehr nur Salat sein und Obst zur Deutschland-Flagge mutieren lassen - einen Klassiker lässt sich der Fußballfan nicht nehmen: die Wurst. Andrea und Dirk Muhl von der Landschlachterei Muhl haben pünktlich zur Europameisterschaft ein besonderes Schmankerl im Angebot: die "EM-Knacker". Und obwohl die einfach nur wie gewöhnliche Würste aussehen, kämen sie bei den Kunden gut an. So gut, dass Dirk Muhl den Verkauf nun nicht mehr vom Verlauf der Europameisterschaft abhängig macht. "Selbst wenn Deutschland am Freitag ausscheiden sollte, werden wir die bis zum Ende verkaufen." Wie heißt es doch: Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.