Die Kommunen sind dazu aufgerufen, ihre Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung weiter zu führen und sogar zu verstärken.

Kreis Pinneberg. Die internationale Finanzkrise könnte sich zu einer massiven Finanzkrise der Städte und Gemeinden im Kreis auswachsen. Der schleswig-holsteinische Innenstaatssekretär Volker Dornquast jetzt hat die Kommunen aufgerufen, ihre Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung weiter zu führen und sogar zu verstärken. "Wir können derzeit nicht sagen, welche Auswirkungen die internationale Schulden- und Finanzkrise auf die Entwicklung der Einnahmen der Kommunen haben", sagte Dornquast bei der Gründungsveranstaltung für das Kommunalunternehmen "IT-Verbund Schleswig-Holstein" in Kiel. Es führe kein Weg daran vorbei, den Anstieg der Ausgaben weiter zu begrenzen.

Nach Angaben des statistischen Landesamtes wird die Gesamtverschuldung aller Kommunen im Land dieses Jahr um 318 Millionen Euro auf insgesamt 3,47 Milliarden Euro anwachsen. Den Kreis Pinneberg drücken davon fast 300 Millionen Euro Schuldenlast.

Ein IT-Verbund ermögliche intensivere Zusammenarbeit der Verwaltungen und damit Kosteneinsparungen, sagte Dornquast.

+++Bürgermeister fürchten um Geld der Kommunen+++

"Wir beobachten natürlich die Entwicklung an den internationalen Finanzmärkten und sehen Griechenland mit Sorgen um ein künftige Zinsniveau", sagte Wedels Stadtkämmerer Herbert Thomascheski. Die Politiker haben für ihre Beratungen Planungen mit einem ausgeglichenen Etat-Volumen von 79 Millionen Euro fürs kommende Jahr vorgelegt bekommen. Das ist ein Plus von vier Prozent. Die Neuverschuldung liegt bei 3,274 Millionen Euro. Größter Brocken bei den Investitionen ist der Stadthafen Wedel (20 Millionen Euro). Schulsozialarbeit und Ganztagsbetreuung addieren sich auf Ausgaben von zwölf Millionen im Jahr. "Wir werden in den nächsten Jahren auf die Bremse treten, um den Haushalt zu konsolidieren", so Thomascheski.

Volker Hatje, Erster Stadtrat von Elmshorn, sagte, dass er im Haushalt mit einem Gesamtvolumen von rund 126 Millionen Euro nur noch wenige große Brocken sehe, bei denen man sparen könne. Das seien zum einen der Straßenbau mit der Kanalsanierung und zum anderen die Investitionen bei den Kindertagesstätten. "Doch ich kann nur raten, bei dieser gesellschaftlichen Infrastruktur maßvoll vorzugehen. Bei den Kindertagesstätten liegen wir ohnehin schon unter den Anforderungen", so Hatje. Große Kosten-Posten wie Hafenspange oder das Sanierungsgebiet Vorm Stegen sowie die notwendigen Bauten an der "Badewanne" seien nicht aufschiebbar, weil ansonsten Zuschüsse verloren gingen oder Verträge verletzt werden müssten.

Pinnebergs Bürgermeisterin Kristin Alheit (SPD) versteht den Appell aus Kiel dahin gehend, beim Sparen "noch eine Schippe draufzulegen". "Kiel hat aber auch noch keine konkreten Ideen", sagt die Verwaltungschefin der erheblich verschuldeten Kreisstadt. Wie die Bürgermeisterin ausführte, weist der Haushaltsentwurf für 2012 zum jetzigen Stand ein Defizit von 8,7 Millionen Euro aus. Weil die Stadt bereits von 2005 bis 2010 defizitäre Haushalte vorgelegt hatte, gehört Pinneberg zu jenen 18 Kommunen beziehungsweise Kreisen in Schleswig-Holstein, die gemäß dem Entwurf des Kommunalhaushaltskonsolidierungsgesetzes bis 2021 jährliche finanzielle Hilfe aus einem 95-Millionen-Euro-Topf bekommen. "Wir würden als Stadt mit dem Land einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abschließen", erklärte Alheit, "was für unsere Politik jedoch bedeutet, dass sie die Haushaltshoheit aus der Hand gibt".

In Pinneberg werden dieser Tage ganz konkrete Vorschläge zur Ausgabeneinschränkung beziehungsweise Einnahmenverbesserung diskutiert, die die externen Fachleute von Management Consult als Organisationsgutachten vorgelegt hatten. Die ursprünglich angepeilte Quote von fünf Prozent Einsparungen im Personalhaushalt der Verwaltung lässt sich laut der Bürgermeisterin aus dem Gutachten nicht herauslesen. "Es ist aber eine gute Grundlage, und wir können Kiel signalisieren, dass jemand von draußen auf unsere Zahlen geguckt hat", so Alheit.

"Wir versuchen zu sparen, wo wir können", sagt Halstenbeks Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann. Die Gemeinde habe die Richtlinien aus Kiel in ein Finanzierungskonzept eingearbeitet. Ein Bestandteil sei bereits die drastische Erhöhung der Hundesteuer gewesen. "Letztlich haben wir aber wenig Spielraum", sagt Linda Hoß-Rickmann. Es blieben freiwillige Leistungen wie Volkshochschule, Büchereien oder der Bereich Kultur. "Das Land bürdet uns immer mehr Aufgaben auf - nur eine Konsolidierung erfolgt nicht", sagt sie.

Diesen Punkt kritisiert auch Quickborns Bürgermeister Thomas Köppl. "Das Land verlagert immer mehr Lasten auf die Kommunen, nimmt ihnen über den kommunalen Finanzausgleich Geld weg und sagt dann, ihr sollt sparen." Quickborn sei, was den Haushalt 2012 angehe, auf einem guten Weg. So würden sich die Steuereinnahmen positiver entwickeln als prognostiziert.

Schenefeld hat sich laut Bürgermeisterin Christiane Küchenhof vorgenommen, 50 Prozent des Jahresfehlbetrags, der noch für 2012 im Haushaltsvorentwurf steht, einzusparen. "Es geht um 1,5 Millionen Euro. Ob es uns gelingt, weiß ich nicht." Die Stadt könne nur bei freiwilligen Leistungen kürzen oder Steuern erhöhen. Beides sei jedoch in der Politik tabu - zumindest bis jetzt.

Rellingen geht mit einem voraussichtlichen Defizit von einer Million Euro in das nächste Jahr. Das liegt laut Bürgermeisterin Anja Radtke daran, dass ein Grundstück für Junges Wohnen erschlossen werden und ein neuer Kindergarten gebaut werden muss. Anja Radtke: "Damit kann bei den Investitionskosten nicht eingespart werden. Weiter bin ich der Meinung, dass Haushaltskonsolidierung eine permanente Aufgabe der Kommune ist. Durch Sammelausschreibungen und Prozessoptimierung sind wir ständig bemüht, Kosten zu minimieren."

Die Bürgermeisterin weiter: "Unverständlich ist aus meiner Sicht, dass den im nächsten Jahr erwarteten Mehreinnahmen in Höhe von 1,7 Millionen Euro zusätzliche Abgaben in Höhe von 2,1 Millionen Euro gegenüberstehen, alleine 1,4 Millionen Euro mehr Kreisumlage. Das kann keine Kommune auffangen."

In Barmstedt beträgt das Haushaltsdefizit im nächsten Jahr voraussichtlich knapp zwei Millionen Euro bei einem Gesamtetat von 20,5 Millionen Euro, sagt Kämmerer Heinz Scharrel. 2011 lag dieses noch bei 2,4 Millionen Euro. 1,2 Millionen Euro neue Kredite müssen aufgenommen werden. Mit der Fertigstellung der neuen Sporthalle seien aber nun die großen Bauprojekte abgeschlossen. Große Sprünge kann die kleinste Stadt des Kreises ohnehin finanziell nicht machen. Anders als in den großen Wirtschaftsregionen, ist das Gewerbesteueraufkommen (1,7 Millionen Euro) dort halb so groß wie der Anteil an der Einkommensteuer. Insofern werde es Barmstedt sehr schwer fallen, sein Haushaltsdefizit zeitnah auszugleichen, ahnt Bürgermeister Nils Hammermann. (ced/fr/kol/bos/bf)