Bürger des Kreises Pinneberg klicken beim Internetdienst Street View ins Leere. Doch nun kommt Konkurrent Microsoft mit “Streetside“.

Kreis Pinneberg. Wer bei Google Street View auf den Kreis Pinneberg schaut, schaut ins Leere. Exakt an der Stadtgrenze von Hamburg bricht der Google-Dienst, der messerscharfe Fotos von Straßen und Häusern liefert, ab. Und das wird auch so bleiben. Alle Bilder, die von den Kamerawagen des Konzerns im Kreis aufgenommen worden sind, bleiben unter Verschluss. Dennoch könnten Straßen und Gebäude demnächst online gehen: Google-Konkurrent Microsoft wird ab Mai ebenfalls Kamerawagen losjagen - zunächst jedoch in Süddeutschland.

"Wir haben im vergangenen November die 20 größten deutschen Städte online gestellt. Darüber hinaus planen wir derzeit nicht, Orte in unseren Dienst aufzunehmen", sagt die Google-Pressesprecherin Lena Wagner. Zwischen Sommer 2008 und Frühjahr 2010 sind Kamerawagen auch in bisher nicht gezeigten Regionen unterwegs gewesen, darunter der Kreis Pinneberg. Diese Bilder würden jedoch nicht mehr für den Street-View-Dienst verwendet. "Wir benutzen die Bilder jetzt teilweise noch zur Verbesserung von Google Maps", sagt Lena Wagner. Sie würden aber nicht online gehen, sondern nur die digitalen Landkarten ergänzen. Sollte sich Google eines Tages doch noch entschließen, etwa Bilder aus dem Kreis Pinneberg in "Street View" zu zeigen, dann würden neue Fotos gemacht werden.

Die Entscheidung des Konzerns ist der vorläufige Schlusspunkt einer Diskussion, die im Frühjahr 2010 mit einiger Heftigkeit geführt wurde. Nachdem Google seine Bilder aus Hamburg online stellte, wachten viele Bürger nicht nur im angrenzenden Kreis Pinneberg auf, legten vorsorglich bei Google Widerspruch ein und verfügten, dass die Fotos ihres Wohnortes im Netz unkenntlich gemacht werden müssen.

Ob es die unerwartet hohe Zahl an Einsprüchen war, die Google zum Umdenken zwangen, ist nicht bekannt. Fakt ist: Es bleibt bei den Fotos der 20 großen Städte, die bereits online stehen - und diese werden nicht mehr aktualisiert. Während Google sich zurückzieht, plant Konkurrent Microsoft unter dem Namen "Streetside" einen Konkurrenz-Dienst zu "Street View" aufzubauen.

"In London sind schon die ersten Kamera-Autos unterwegs. Am 9. Mai beginnen wir damit, in Deutschland Aufnahmen von Straßen und Plätzen zu machen", sagt Miriam Kapsegger, Pressesprecherin bei Microsoft Deutschland. Zunächst seien süddeutsche Städte wie Nürnberg, Fürth, Erlangen und Augsburg an der Reihe. Bundesweit sollen dann 50 weitere Städte und Regionen folgen. Ob neben Hamburg auch der Kreis Pinneberg "abgeknipst" wird, bleibt zunächst geheim. Microsoft werde jeweils vier Wochen vor den Kamera-Fahrten auf einer Informations-Webseite über die Ziele informieren.

Welche Stadt und welche Region auch immer ins Visier von Microsoft kommt - Ärger wird es wohl in jedem Fall geben. Datenschützer kritisieren besonders die Tatsache, dass ein Widerspruch gegen ein veröffentlichtes Bild erst dann eingereicht werden kann, wenn es schon im Internet erschienen ist - und nicht schon vorher, wie im Falle von Google Street View.

Microsoft verweist auf eine Erklärung des Hauses, in der es heißt, dass das Unternehmen den Datenschutzkodex des Branchenverbandes "Bitkom" unterzeichnet habe, der allerdings "keine Möglichkeit des Vorab-Widerspruchs" vorsehe: Im Rahmen der Selbstverpflichtung werden "Gesichter, Autokennzeichen, Gewalttaten und Nacktheit" von vornherein unkenntlich gemacht, nicht allerdings "Häuserfronten und Straßenschluchten". Wer sich von der Veröffentlichung der Bilder beeinträchtigt fühlen, bekomme aber sehr kurzfristig innerhalb von 48 Stunden die Möglichkeit, diese "auf Wunsch unkenntlich zu machen".

Vitalis Kem aus Elmshorn versteht die Aufregung nicht. "Mich stört das überhaupt nicht", sagt der 30-Jährige. "Sonst kann sich doch auch jeder die Häuser anschauen. Ich wüsste einfach nicht, was ich zu verbergen habe."

Juliane Landefeld, 25, aus Quickborn sorgt sich um den Schutz der Privatsphäre. "Natürlich ist es irgendwie toll, das eigene Haus im Internet zu sehen. Auf der anderen Seite engt das die Privatsphäre schon stark ein, wenn die ganze Welt dein Haus betrachten kann." Außerdem böten sich so neue Möglichkeiten, Leute auszuspähen.

Für die Urlaubsplanung sei es eine angenehme Angelegenheit, doch ansonsten hält Danilo Brandt, 36, eher weniger vom virtuellen Spaziergang durch die Straßen. Als er beispielsweise vor einiger Zeit nach New York zum Sightseeing geflogen ist, hat sich der Pinneberger im Vorfeld über die Lage des gebuchten Hotels mithilfe des Google-Dienstes informiert. "Das war auf jeden Fall sehr praktisch, trotzdem sehe ich den Nutzen für kleine Städte wie Pinnberg einfach nicht." Vielleicht, so schlägt er vor, sei es sinnvoll, lediglich Sehenswürdigkeiten abzulichten und im Internet öffentlich zu zeigen.

Unabhängig davon existieren bereits jetzt viele Bilder aus dem Kreis Pinneberg im Internet. Wer die Region bei "Google Maps" besucht, findet dort zwar nicht den Dienst "Street View", der dreidimensionale Ansichten ermöglicht. Wohl aber findet er digitale Bilder etwa vom Willkomm Höft oder der Rellinger Kirche. Diese Bilder haben private Internet-Nutzer hochgeladen, über den Dienst "Panoramio", der zum Google-Konzern gehört.

Pressesprecherin Lena Wagner: "Bilder, die bei Panoramio hochgeladen werden, laufen durch einen technischen Filter und werden manuell überprüft. Bilder, die keine Panoramen, sondern hauptsächlich Menschen zeigen, werden aussortiert". Wer trotzdem ein Bild vorfindet, das er lieber nicht im Netz sehen möchte, könne das bei Panoramio melden. "Dann wird das Bild gegebenenfalls herunter genommen", sagt Lena Wagner.