Die Stormarner klicken beim Internetdienst Street View ins Leere. Doch nun kommt der Konkurrent Microsoft und will 56 Städte aufnehmen.

Ahrensburg. Stormarn wird beim Internetdienst Google Street View offenbar dauerhaft ein weißer Fleck bleiben. "Wir planen derzeit nicht, über die 20 bereits abgebildeten deutschen Städte hinaus weitere Orte in unseren Dienst aufzunehmen", sagt die Google-Pressesprecherin Lena Wagner. Im vergangenen Jahr hatte das Vorhaben des Internetkonzerns, komplette Straßenzüge mit Panoramakameras abzufotografieren und die Bilder ins Internet zu stellen, für Aufsehen gesorgt. Hauseigentümer befürchteten, dass Einbrecher nun per Computer nach lohnenswerten Objekten suchen könnten. Von einem Eingriff in die Privatsphäre war die Rede, einzelne Fotos zeigten streitende Nachbarn oder sonnenbadende Damen mit fehlender Oberbekleidung. Auch in Stormarn wurde geknipst, auch in Stormarn sagten viele Eigenheimbesitzer: "Wir lassen unser Haus pixeln." Und legten Widerspruch ein.

Wer allerdings glaubt, mit der Google-Mitteilung sei der Fall endgültig erledigt, der irrt. Nun will auch der Konkurrent Microsoft einen ähnlichen Dienst aufbauen. Er heißt "Streetside". Schon im Mai beginnen die Aufnahmen, nach 18 Monaten sollen sie beendet sein. In Bayern geht es los. Das Problem: Microsoft will sich anders als Google nicht mit 20 Städten begnügen. "Wir haben uns vorgenommen, 56 Städte aufzunehmen", sagt Pressesprecher Thomas Baumgärtner. Welche das sind, ob auch Orte in Schleswig-Holstein dazugehören, mochte er nicht sagen. "Das wird Stück für Stück bekannt gegeben, wenn die Aufnahmen beginnen."

Bekannt ist immerhin, wo Microsoft im Mai unterwegs sein will - zum Beispiel im Raum Nürnberg-Fürth-Erlangen und in der Region München. Daraus ist schon zu erkennen, dass Streetside deutlich über das hinausgeht, was Google derzeit anbietet. Weder Fürth noch Erlangen noch die Region München gehören zu dem Street-View-Orten. Nur die Stadt München ist im Netz.

Wenn Microsoft in Hamburg ähnlich vorgeht, dann dürfte auch die Metropolregion mit weiten Teilen Stormarns durchfotografiert werden. Sprecher Thomas Baumgärtner mochte selbst das nicht bestätigen. "Ich kann nur so viel sagen: 56 Städte sind natürlich mehr als 20 Städte."

Diejenigen Hausbesitzer, die sich schon gegen Google zur Wehr gesetzt haben, müssen sich nun also mit Microsoft auseinandersetzen. Derzeit sind ihnen die Hände allerdings gebunden. Während Google nach langen und zähen Auseinandersetzungen mit dem für die Firma zuständigen Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar den Hausbesitzern ein Vorab-Widerspruchsrecht einräumte, soll es beim Konkurrenten erst dann die Möglichkeit eines Widerspruchs geben, wenn das Bild im Internet steht. Motto: Erst startet Streetside, dann darf der Eigenheimbesitzer protestieren.

Bei den Datenschützern stößt das auf energischen Widerspruch. Thomas Kranig, der Leiter des für Microsoft zuständigen Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht, sagt: "Das von den Hamburger Kollegen ausgehandelte Vorab-Widerspruchsrecht ist vorbildlich. Das haben sie wirklich toll gemacht. Eine Veröffentlichung der Fotos ist aus unserer Sicht nur möglich, wenn auch Microsoft den Bürgern die Möglichkeit einräumt, vor dem Start von Streetside dagegen vorzugehen."

Insofern beginnt nun dasselbe Spiel von vorn: Datenschutz kontra Konzerninteressen. Ähnliches gilt für die Bürger, die ihr Haus nicht im Internet sehen wollen. Sie müssten, sollten sich die bayerischen Datenschützer durchsetzen, noch einmal Widerspruch einlegen - diesmal bei Microsoft, demnächst dann vielleicht bei weiteren Konzernen, die mit Hausansichten und Straßenpanoramen Geld verdienen wollen. Johannes Caspar findet, dass das Quatsch ist. "Wir haben deshalb vorgeschlagen, ein zentrales Widerspruchsregister anzulegen", sagt er. "Da hinterlegt der Bürger einmal seinen Widerspruch - und alle Firmen, die Fotos im Internet veröffentlichen wollen, können dann darauf zugreifen."

Ein solches Register könnte in Zukunft auch Google helfen. Die haben nämlich mittlerweile alle ihnen vorliegende Widersprüche gelöscht, zum Beispiel auch die aus Stormarn. Warum? Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hat das empfohlen - nachdem Google ihm mitgeteilt hatte, weitere Bilder nicht mehr veröffentlichen zu wollen. "Mittlerweile sind die Widerspruchsdaten tatsächlich gelöscht", sagt Caspar. Damit ist es derzeit schon rein rechtlich gar nicht möglich, all die Fotos zu veröffentlichen, die Google in den vergangenen Monaten außerhalb der 20 Städte gemacht hat - denn niemand weiß mehr, bei welchem Haus der Eigentümer protestiert hat und bei welchem nicht.