Die Mitglieder der Bürgerinitiative fordern Tempokontrollen und bauliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in Ulzburg-Süd.

Henstedt-Ulzburg. Langsam biegt der Linienbus 293 des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) von der Hamburger Straße in die Kranichstraße ein. Ein Verkehrsschild zeigt dem Fahrer an: Höchsttempo 30. Der Mann im Cockpit tritt auf das Gaspedal, er ist drei Minuten hinter dem Fahrplan. Hinter der nächsten Kurve, am AKN-Bahnhof und Bus-Halt Ulzburg-Süd, warten seine Fahrgäste schon.

200 Meter weiter stoppt ihn ein Menschenauflauf. Anwohner des neuen Wohngebiets stehen neben einer HVV-Bedarfshaltestelle vor der Kindertagesstätte Kranichstraße, einige halten Plakate hoch. "30 km/h! Achtung, runter vom Gas", steht drauf.

Initiator der Protestaktion ist Ronald Finsterbusch, 60. Der Vorruheständler wohnt seit zweieinhalb Jahren in einem neuen Endreihenhaus am Storchenring und fühlt sich ebenso wie viele Nachbarn durch den Autolärm empfindlich gestört.

"Es sind zu wenig 30-Schilder aufgestellt, die Fahrbahnbeschriftung in Höhe der Kita ist nicht erneuert worden", so Finsterbusch. "Die Unfallgefahr ist größer geworden, aus einer Sackgasse wurde eine Durchgangstraße mit Busverkehr. Busse und Pkw fahren ständig mit überhöhter Geschwindigkeit an meinem Wohnzimmerfenster vorbei." Im Namen einer Bürgerinitiative fordert er Tempokontrollen und bauliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung.

Zwischen Finsterbusch und der Gemeinde hat sich ein reger E-Mail-Verkehr entwickelt. "Im Fünf-Minuten-Takt fährt hier tagsüber ein Fahrzeug zu schnell, auch etwa jeder dritte Bus. Kita und Spielplatz sind in dieser Straße angesiedelt. Was wird zur Verkehrsberuhigung unternommen?", hieß es in einer ersten Anfrage an die Gemeinde am 17. Juni 2011. Antwort: "Ihre Anfrage wird umgehend an die entsprechende Abteilung weitergeleitet."

Das war der Auftakt eines für beide Seiten unbefriedigenden Dauer-Schriftwechsels zwischen Ronald Finsterbusch, der seinen Mail-Verkehr mit Norbert Scharf vom Fachbereich Bürgerservice und öffentliche Sicherheit sowie anderen Stellen über Ehefrau Brigitte laufen lässt. Nach vielem Hin und Her kam der Mann aus dem Rathaus zu dem Ergebnis: "Bauliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in Tempo-30-Zonen sind vom Gesetzgeber nicht mehr vorgesehen, über Dauer und Häufigkeit von Geschwindigkeitskontrollen entscheidet die Polizei selber."

Auch Bürgermeister Torsten Thormählen hat sich eingeschaltet. "Ich kann nachvollziehen, dass die Mail von Herrn Scharf Sie nicht zufrieden stellt", schrieb er. "Wir hätten ja keine Probleme, wenn sich jeder Autofahrer an die Verkehrsregeln hält. Dass Sie aber der Gemeinde die Verantwortung für das Nichteinhalten der Regeln zuschreiben, ist natürlich nicht korrekt."

Gleichwohl sehen die Mitglieder der Bürgerinitiative erste Anzeichen einer Einigung. "Ich stimme Ihnen insoweit zu, dass die Gemeinde überlegen muss, ob sie Maßnahmen ergreifen möchte, die eine vermehrte Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit zur Folge haben", schrieb Thormählen, schränkte jedoch ein: "Für die Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen stehen derzeit keine Haushaltsmittel zur Verfügung." Immerhin: Verwaltungschef Thormählen will im Jahr 2012 ein neues Anzeigegerät beschaffen, das die Geschwindigkeit anzeigt (Sie fahren 32, 34, 40 km/h...). Es soll in den Wohngebieten variabel eingesetzt werden. Eine solch mobiles Gerät hatte die Kita Kranichstraße unlängst leihweise zur Verfügung gestellt bekommen. Mitarbeiterinnen hatten wenig später Tempoüberschreitungen um bis zu 50 km/h registriert.

Unterstützung erhielt der Bürgermeister von Bürgervorsteher Carsten Schäfer: "Im Ältestenrat haben wir die Situation besprochen", mailte er zurück. "Wir sind übereingekommen, vor sämtlichen Schulen, Kindergärten und Spielplätzen bauliche Maßnahmen in Auftrag zu geben. Dies geht leider nicht von heute auf morgen."

Finsterbusch kündigte eine Unterschriftenaktion an, die zwei Anwohner aus der Kranichstraße im Sommer zum Erfolg geführt hatten. "Mit dem Bürgermeister kann man reden", sagen Reinhard Sehnert, 70, und Horst Brankowitz, 77. Sie hatten es geschafft, dass die Flaschen- und Papier-Container nicht mehr auf dem P+R-Parkplatz gegenüber dem Kindergarten, sondern ein Stück weiter an den AKN-Gleisen stehen. "Jetzt herrscht Ruhe", sagt Reinhard Sehnert. "Der Lärm Tag und Nacht und die Müllberge neben den Containern waren nicht mehr zu ertragen."