Oppositionsführer erstattet rund 9000 Euro HSH- Aufsichtsratsvergütung an Landeskasse - und spricht von “schmutzigen Tricks“ der Regierung.

Kiel. In der Affäre um einen saftigen HSH-Scheck hat SPD-Chef Ralf Stegner gestern die Notbremse gezogen. Er räumte einen "Rechtsirrtum" ein und kündigte an, von den kassierten 14 375 Euro knapp 9000 Euro an die Landeskasse zu überweisen. Der Partei- und Fraktionschef stellte zudem Strafanzeige gegen unbekannt, weil sein Briefwechsel mit der Regierung über die Abrechnung des HSH-Schecks bei der Presse gelandet war.

"Ich wollte keinen Tag einen Euro zu viel haben", versicherte Stegner. Im Auge hat er dabei nicht nur den Scheck für seine Arbeit im HSH-Aufsichtsrat 2007. Im Gespräch mit dem Abendblatt legte Stegner nach und versprach, die Vergütung für 2008 (rund 1700 Euro) nicht zu behalten. Diese Zahlung ist zwar rechtlich einwandfrei, moralisch aber umstritten. Grund: Stegner hatte mit seinem Rücktritt als Minister am 15. Januar 2008 seinen Job bei der HSH quittiert, sich zu Jahresbeginn kaum um die Nordbank gekümmert, aber gleichwohl kassiert.

Im Streit um die Abrechnung für das Jahr 2007 räumte Stegner einen Fehler ein. Er habe sich auf Auskünfte aus dem Innen- und dem Finanzministerium verlassen. "Diese Auskünfte waren nicht vollständig korrekt." Folge: Stegner rechnete seine Vergütung nicht 2007 als Minister ab, der höchstens 5550 Euro behalten darf, sondern im Sommer 2008 als Fraktionschef. Sie dürfen ohne Limit dazuverdienen.

Die Kehrtwende leitete am Wochenende eine Anwältin ein, die im Auftrag Stegners das Landesrecht studierte. Finanziell sind die Folgen für den SPD-Chef überschaubar. Er muss genau 8825 Euro an die Landeskasse überweisen, dürfte aber rund die Hälfte der Summe vom Finanzamt zurückerhalten, weil er den HSH-Scheck voll versteuert hatte.

Schwerer wiegen die politischen Folgen. "Die Rufschädigung bleibt", sagte Stegner. Keine Stunde später bestätigte sich das. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki erinnerte an HSH-Boss Dirk Jens Nonnenmacher und seinen umstrittenen Scheck über 2,9 Millionen Euro. "Herr Stegner ist der Nonnenmacher der SPD."

Kubicki kündigte zugleich an, das Kassemachen des SPD-Chefs am Mittwoch in der Aktuellen Stunde des Landtags auszuschlachten. Auch bei der CDU wird frohlockt, dass man Stegner nun immer dann, wenn er den Arbeiterführer gebe, den HSH-Scheck unter die Nase reiben werde.

In der SPD grassiert bereits die Sorge, dass Stegner den geplanten Aufstand gegen die schwarz-gelben Sparpläne nicht glaubwürdig anführen könne. Der SPD-Chef versuchte, in die Offensive zu kommen. Er reichte in Kiel eine Strafanzeige ein. Sie richtet sich zwar gegen unbekannt, zielt aber auf die Regierung. Sie hatte im Fall des HSH-Schecks mehr als ein Jahr nichts unternommen, erst Anfang Februar bei Stegner schriftlich nachgehakt.

Der Brief von Innen-Staatssekretär Volker Dornquast (CDU) fand dann ebenso seinen Weg in die Presse wie Stegners Antwortschreiben. "Das war ein laufendes Verwaltungsverfahren", so Stegner. Er hätte seine Abrechnung des HSH-Schecks von sich aus korrigiert, wenn Dornquast darauf bestanden hätte.

Stattdessen landete der SPD-Chef am öffentlichen Pranger. "Das sind schmutzige Tricks", sagte Stegner und schlug damit erneut den Bogen zur Barschel-Affäre 1987 mit den "dirty tricks" aus der Staatskanzlei. Beweise dafür, dass die Scheck-Affäre von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) mitbefeuert wurde, gibt es bisher nicht. Nur den Hinweis, dass in der Staatskanzlei Ende 2009 HSH-Schecks offenbar Thema waren.

Direkt mit Carstensen ins Gericht geht Stegner in einem weiteren Streitfall. Die SPD stellte ihm eine Unterlassungsverfügung zu, weil er behauptet hatte, dass es Stegner bei seinem Rauswurf aus dem Kabinett im Herbst 2007 auch um Pensionsansprüche gegangen sei. Bleibt Carstensen dabei, kommt es zum Prozess.

Der HSH-Scheck löste unterdessen eine Debatte über Nebeneinkünfte von Ministern aus. Der Steuerzahlerbund forderte, sämtliche Zusatzeinnahmen an die Landeskasse zu überweisen. Begründung: Die Minister bekämen ein Aufsichtsratsmandat qua Amt und würden es in der Arbeitszeit wahrnehmen.

In Niedersachsen sind die Regelungen noch einkömmlicher: Kabinettsmitglieder dürfen 6200 Euro jährlich aus Aufsichtsratsbezügen behalten. Die Hamburger dagegen müssen alles an die Stadtkasse abführen.