SPD-Chef Ralf Stegner hat wohl eine Aufsichtsrats-Vergütung falsch abgerechnet. Der Tipp gelangte aus der Regierung an die Presse.

Kiel. SPD-Chef Ralf Stegner hat Einnahmen aus seinem früheren Nebenjob im HSH-Aufsichtsrat offenbar unrechtmäßig in die eigene Tasche gesteckt. Das geht aus Regierungsunterlagen hervor, die den Weg in die Medien fanden. Stegner beteuerte seine Unschuld und schlug den Bogen zur Barschel-Affäre 1987. Damals wurden aus der Staatskanzlei des CDU-Ministerpräsidenten Uwe Barschel Schmuddel-Vorwürfe gegen SPD-Oppositionsführer Björn Engholm gestreut.

"Die Vorwürfe sind infam", sagte Stegner. Er habe seine Abführungs-, Erklärungs- und Steuerpflichten stets erfüllt. Streitpunkt ist ein HSH-Scheck über 14 375 Euro plus Mehrwertsteuer. Er stand Stegner zu, weil er als Innenminister 2007 im Aufsichtsrat der Nordbank saß. Das Geld floss allerdings erst im Sommer 2008, als Stegner bereits SPD-Fraktionschef war. Der entscheidende Unterschied: Als Minister hätte der SPD-Politiker nur 5550 Euro behalten dürfen, als Fraktionschef durfte er die gesamte Summe kassieren.

Stegner versicherte, dass er nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe. Zudem sei die späte Abrechnung des HSH-Schecks mit Mitarbeitern des Innen- und des Finanzministeriums besprochen worden. Stegner kündigte aber zugleich an, dass er im Fall eines Rechtsirrtums das möglicherweise zu viel erhaltene Geld an das Land überweisen und im Gegenzug seine Steuererklärung 2008 nach unten korrigieren werde. Grund: Stegner hatte die HSH-Sondereinnahme ordnungsgemäß versteuert.

Um solche peinlichen und politisch heiklen Korrekturen wird der SPD-Politiker kaum herumkommen. Grund ist die Nebentätigkeitsverordnung des Landes, an die FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki gestern genüsslich erinnerte. Demnach muss der HSH-Scheck nach dem Zeitraumprinzip (2007) und nicht nach Überweisungsdatum (2008) abgerechnet werden.

Damit nicht genug: Der entsprechende Erlass zur Nebentätigkeitsverordnung wurde im Herbst 2005 vom Innenressort unter Minister Stegner verfasst. Seine Rechtsbelehrung garnierte Anwalt Kubicki mit reichlich Hohn und Spott. "Dass Stegner schon als Aufsichtsrat der HSH Nordbank nicht wusste, was er tat, ist schlimm genug." Dass er heute nicht mehr wisse, "was er als Innenminister veranlasst hat, disqualifiziert ihn für jede Form der politischen Einflussnahme".

CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher erinnerte daran, wie hart Stegner gern mit Bankern und Managern ins Gericht geht. Angesichts solcher Vorwürfe "frage ich mich, wie er sein Verhalten gegenüber sich selbst rechtfertigen kann". Kritik kam auch von den Grünen. "Es wäre richtig gewesen, die Entschädigung der HSH 2007 abzurechnen", sagte die Finanzexpertin Monika Heinold.

Die Grünen nahmen auch die Regierung ins Visier. "Wie hier mit Regierungsunterlagen hantiert wurde, erinnert an Machenschaften aus der Barschel-Zeit", sagte Heinold. Eine Parallele zur Kieler Affäre zog auch Stegner selbst. Die Regierung habe interne Unterlagen presseöffentlich gemacht. Der SPD-Politiker will deshalb prüfen, ob er rechtliche Schritte gegen die Regierung einleitet.

Fakt ist, dass sich mehr als ein Jahr lang niemand um Stegners HSH-Scheck scherte. Erst Ende 2009 tauchte nach Angaben des Magazins "Focus" eine Liste mit HSH-Vergütungen "in der Staatskanzlei" auf. In der Regierungszentrale stolperte man offenbar über Stegners Abrechnung. Eine Bestätigung dafür gibt es nicht. "Wir geben zu internen Vorgängen keine Auskunft", sagte Regierungssprecher Knut Peters.

Das Innenministerium mauerte mit derselben Begründung, war aber aktiv geworden. Innen-Staatssekretär Volker Dornquast (CDU) teilte Stegner am 2. Februar schriftlich mit, dass es "Zweifel" an seiner Abrechnung gebe. Stegner antwortete zwei Tage drauf, stellte seine Rechtsauffassung dar und hielt den Fall damit für erledigt.

Zwei Wochen später, am vergangenen Mittwoch, rechnete Carstensen dann scheinbar ohne Anlass mit Stegner ab, stellte ihn wegen eines anderen Streitfalls als Raffke hin. Stegner kündigte deswegen am Freitag wie berichtet an, eine Unterlassungsverfügung gegen Carstensen zu erwirken. Am Sonnabend lief die erste Meldung über Stegners HSH-Scheck über den Ticker. Heinold erinnerte an die Dauerfehde zwischen Carstensen und Stegner. "Ich hatte gehofft, dass die Schlammschlacht endlich aufhört."