Auszubildende des Schiffshebewerks bauen Schweißgerät für Sonde, die auf dem Mars Daten sammeln soll. Erste Tests laufen seit 2003.

Scharnebeck. Es ist ein ungastlicher Ort: Weil die dünne Atmosphäre des Planeten Mars nur wenig Sonnenwärme speichert, sind die Temperaturunterschiede auf dem roten Planeten groß. Es herrschen starke Luftströmungen, und auch die Temperaturen schwanken: Bei Tag können etwa 20 Grad erreicht werden, in der Nacht aber sinken die Temperaturen auf etwa Minus 85 Grad.

Wie genau die Atmosphäre des roten Planeten, der aufgrund seiner feurigen Färbung nach dem griechischen Kriegsgott Mars benannt wurde, beschaffen ist, das soll das Projekt Archimedes klären. An Bord einer Rakete wird eine sogenannte Ballonsonde ins All gebracht, die in der Atmosphäre des Planeten Daten über seine Temperatur, die Feuchtigkeit und über die bestehenden Magnetfelder sammeln soll. Daraus erhoffen sich die Forscher unter anderem Erkenntnisse für den Klimawandel auf der Erde.

Vorangetrieben wird die Mission unter anderem von einem naturwissenschaftlichen Verein, der Mars Society Deutschland, von verschiedenen deutschen Universitäten und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in München. Und auch 13 Auszubildende am Bauhof des Schiffshebewerks in Scharnebeck haben ihren Beitrag geleistet: Sie haben ein Schweißgerät gebaut, mit dessen Hilfe die zahlreichen Nähte des mit Helium gefüllten Ballons zusammengefügt werden, zu dem sich die Sonde Archimedes in der Umlaufbahn des Mars entfalten wird.

Die Auszubildenden Tom-Lennart Zahel, Phillipp Wolter und Jan-Niklas Salchow haben gern einen Beitrag zu den Projekt geleistet. Das war ein völlig neuer, aber interessanter Auftrag, eine Gemeinschaftsproduktion der Elektroniker und Mechatroniker. Wir haben Hand in Hand gearbeitet. Das Interesse für die Technik in der Raumfahrt ist bei einigen jetzt geweckt", sagt Jan-Niklas Salchow.

Möglich gemacht haben das nicht alltägliche Projekt Hubertus Schulte, Mitarbeiter am Bauhof Scharnebeck, und sein Betriebsleiter Frank Offenmüller. Schulte, der als Hobbyastrologe Mitglied der Mars Society ist, stellte den ersten Kontakt zu der Gesellschaft her. Frank Offenmüller war sofort begeistert von der Idee, seine Auszubildenden in das Archimedes-Projekt einzubinden. "Es ist etwas entstanden, was wirklich gebraucht und eingesetzt wird. Der Ballon, der dort oben auf dem Mars runter geht, wird dort die nächsten Jahrhunderte überdauern. Schon das allein ist spannend", sagt Schulte.

Seit dem Jahr 2003 laufen die ersten Tests mit den Prototypen der Sonde, die den Ballon transportieren wird. Das Aufblasen, das Packen des Ballons, die Beschaffenheit seines Materials - alles muss akribisch auf der Erde oder im All getestet werden, bevor Archimedes auf die Reise gehen kann. Zu diesem Zweck haben die Wissenschaftler die Sonde Miriam-1 gebaut, mit der sie seit Jahren eine Reihe von Simulationen im Labor und auf einem ersten Testflug im All vorgenommen haben.

"Bei den Probeflügen von Miriam-1 gab es allerdings noch eine Reihe von Fehlern", räumt der Raumfahrtingenieur Klaus Bayler ein. Auch er ist Mitglied der Mars Society und ist an diesem Morgen aus München gekommen, um das Schweißgerät, das die Auszubildenden gebaut haben, in Empfang zu nehmen und sich bei ihnen zu bedanken.

Zum ersten Mal können jetzt die Nähte des ungewöhnlichen Ballons geschweißt werden - davon versprechen sich die Wissenschaftler vor allem einen zeitlichen Gewinn.

"Bisher mussten die Nähte von Hand aufwendig geklebt werden, das dauerte mindestens drei Wochen", sagt Klaus Bayler. Ab Januar wird nun das spezielle Schweißgerät aus Scharnebeck in München getestet werden.

"Für Oktober 2014 ist ein neuer Flug der Raumsonde Miriam-2 geplant. Archimedes wird voraussichtlich erst im Jahr 2018 zum Mars starten können", sagt Klaus Bayler.

Die Kosten für jeden Testflug sind enorm: Allein 1,5 Millionen Euro kostet der einmalige Start einer Sonde von einer Raketenrampe in Schweden. Zu den Unterstützern des Projekts zählt jetzt auch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die das Schiffshebewerk in Scharnebeck unterhält und betreut.

Die Zusammenarbeit zwischen den Scharnebeckern und den Marsforschern ist noch nicht beendet. Hubertus Schulte sagt: "Wir haben vor, uns an dem Bau mechanischer Kameraarme für das Projekt zu beteiligen."

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