Das Gutachten über das Grundwasser im Industriegebiet Lüneburg-Süd enthält beruhigende Daten. Der Kreis will trotzdem weiter wachsam bleiben.

Lüneburg. Die ersten Untersuchungen des Grundwassers im Industriegebiet Lüneburg-Süd in Embsen/Melbeck deuteten schon an, dass keine Gefahr für die Trinkwasserversorgung in der Region bestehe. Weitere Bohrungen und Analysen bringen jetzt Gewissheit. "Das Trinkwasser hat beste Qualität", sagte Landrat Manfred Nahrstedt gestern bei der Präsentation des Gutachtens, das der Kreis in Auftrag gegeben hatte, als eine Verseuchung des Grundwassers vor zwei Jahren entdeckt worden war.

Doch bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass eine hohe Sulfatkonzentration im Grundwasser nur an der Eintrittsstelle von Schadstoffen zu finden ist. Alle anderen Messstellen wiesen Top-Werte für Trinkwasser aus: 7,4 bis 10 Milligramm Sulfat pro Liter. "Das ist das beste Trinkwasser in Deutschland", so Jürgen Schodder vom Versorger Purena.

Über einen alten Brunnen gelangten die Schadstoffe in die Tiefe. Die Sulfatkonzentration betrug dort 640 Milligramm je Liter. Der Grenzwert liegt laut Landrat jedoch bei 240 Milligramm. Dennoch bestehe keine Gefahr für die Trinkwasserbrunnen des Versorgers Purena, die rund fünf Kilometer entfernt sind, so Gutachter Thomas Bogon. "Das sulfathaltige Wasser ist unterirdisch erst 1,6 Kilometer weit geflossen und hat die Purena-Brunnen nicht erreicht. Sollte es eines Tages doch ankommen, dann ist es so stark verdünnt, dass keine Gefahr mehr besteht", sagte Bogon. Der Grenzwert würde dann nicht mehr erreicht.

Nahrstedt verdeutlichte, dass dieser bei Mineralwasser bei 910 Milligramm je Liter liege, damit höher ist als an der Eintrittsstelle im Industriegebiet. "Trotzdem nehmen wir die Sache ernst und werden weitere Bohrungen machen lassen und ab 2012 alle Brunnen dauerhaft überprüfen." Davon gibt es 36 auf dem Gelände des Industriegebietes. Denn früher wurden Millionen Liter Wasser jedes Jahr benötigt.

Auf den Flächen zwischen den Orten Embsen und Melbeck wurden 55 Jahre lang bis 1992 im sogenannten Alten Werk unter anderem Salpetersäure für die Herstellung von Sprengstoff im Zweiten Weltkrieg und später Dünger produziert. Noch heute wird auf einer Halde Gips abgebaut. "Wir haben Luftbilder ausgewertet und im Boden gegraben", berichtet Geologe Bogon. Dabei sei die Quelle für die Grundwasserverseuchung entdeckt worden: ein alter Werksbrunnen, gebohrt 1967. "Er war in Vergessenheit geraten, wurde zugeschüttet und überbaut, nachdem das Alte Werk stillgelegt wurde", so der Gutachter.

Dennoch funktionierte der Brunnen weiter. Er hat Wasser aus dem Bereich der alten Düngemittelfabrik und damit Altlasten aus einer höher liegenden Bodenschicht angesogen. Der Brunnen pumpte das belastete Wasser in die Tiefe, unterhalb einer für das Grundwasser schützende Tonschicht, durch die Giftstoffe eigentlich nicht dringen können. Es seien 20 Jahre lang 14 Kubikmeter verseuchtes Wasser pro Stunde in die Tiefe gelangt. Doch der Fluss wurde am 18. Oktober vorigen Jahres unterbrochen, der Brunnen mit Ton abgedichtet. Seither gelangen keine weiteren Schadstoffe mehr in die sensible Grundwasserschicht. Weiter oben bleiben die Schadstoffe aber noch Jahrzehnte im Boden. "Sie werden erst zögerlich ausgewaschen - unter anderem durch Regen", sagte Bogon. Solange das belastete Wasser aber nicht an die Oberfläche komme, gehe keine Gefahr von ihm aus.

Nur dem Zufall ist es zu verdanken, dass das verseuchte Grundwasser entdeckt worden war, ein Giftcocktail aus Arsen, Stickstoffverbindungen, Nickel, Sulfat, Fluorid, Eisen, Mangan, Zink und Kalzium zutage kam. Tote Fische in einem neu angelegten, mit Grundwasser aus einem Brunnen gespeisten Teich in einem Garten im Industriegebiet brachten den Stein ins Rollen.

"Die Fische hatten keine Chance. Sie wurden aber nicht vergiftet. Vielmehr hatte das Wasser kein Sauerstoff", sagte der Gutachter. Das Zink stamme von der Legierung der Pumpe des Teichbesitzers, das Eisen sei Rost der Bohrung, Zink und Arsen seien natürliche Stoffe aus Bodensedimenten. Phosphate, Ammonium, Nitrat, Fluorid und Kadmium seien jedoch Spuren der Altlasten der Industrie, so Bogon.