Kollow/Wiershop/Gülzow. Bürger gründen in Kollow und Wiershop Genossenschaften für Nahwärmenetze. In den Plänen spielt örtliche Firma eine wichtige Rolle.

  • In Wiershop und Kollow haben sich Genossenschaften gegründet, die neue Nahwärmenetze auf den WEg bringen wollen
  • Die Nachfrage ist groß: 80 Haushalte machen bereits mit
  • Der Betriebsbeginn ist für 2024 oder 2025 geplant

In Wiershop und Kollow sind wichtige Entscheidungen gefallen auf dem Weg zu neuen Nahwärmenetzen. In beiden Gemeinden ist jetzt die Gründung von Genossenschaften zu dem Zweck geglückt. Mehr noch, die entsprechenden Versammlungen waren derart gut besucht, dass sich die Bürgermeister wie auch der Vertreter der die Projekte betreuenden Firma (Treurat und Partner Unternehmensberatungsgesellschaft) überrascht zeigten. Die Mehrheit der Anwesenden nutzten jeweils gleich die Möglichkeit, der jeweiligen Genossenschaft beizutreten.

„Wir sind noch in der Findungsphase“, antwortet Gülzows Bürgermeister Wolfgang Schmahl auf die Frage, wann denn in der mit gut 1300 Einwohnern größten der drei Gemeinden mit der Gründung der örtlichen Genossenschaft zu rechnen sei. Nach dem 14. Mai solle sich zunächst die neu gewählte Gemeindevertretung mit der Situation befassen. „Der Zuspruch reicht bei uns noch nicht“, so Schmahl.

Viele Menschen wollen Genossen werden

Anders die Situation in Wiershop (210 Einwohner) und Kollow mit rund 600 Bürgern. Die Versammlungen waren jeweils gut besucht. Noch wichtiger: Mit dem Beitritt zu den jeweiligen Genossenschaften haben bereits während der Treffen die Mehrheit der Versammelten ihren Willen unterstrichen, sich an die geplanten Nahwärmenetze anzuschließen.

In Wiershop haben bereits fast 20 Teilnehmer unterschrieben, in Kollow waren es mehr als 70, damit mehr als zehn Prozent aller Bürger des Ortes. „Damit es aufgeht, benötigen wir etwa 40 Haushalte, die sich anschließen“, sagt Hans-Ulrich Jahn, Bürgermeister in Wiershop. Mit der Gründung der Genossenschaft und der Wahl von Vorstand und Aufsichtsrat (jeweils drei Personen) sind die nächsten wichtigen Schritt getan.

Mehr als 90 Menschen haben bereits unterschrieben

Wobei das in Wiershop ansässige Entsorgungsunternehmen Buhck mehr als nur Brennstofflieferant ist, betont Jahn. „Die Firma Buhck wird zugleich auch Genosse. Sie wollen ja ihre eigenen Gebäude auch an das künftige Nahwärmenetz anschließen.“

Im Gegensatz zu Holzhackschnitzeln ist der Energieaufwand für die Produktion von Pellets aus Grünschnitt deutlich höher.
Im Gegensatz zu Holzhackschnitzeln ist der Energieaufwand für die Produktion von Pellets aus Grünschnitt deutlich höher. © Annett Habermann

Firma Buhck sorgt für die Brennstoffversorgung

Auch Ines Tretau, Bürgermeisterin in Kollow, betont die Bedeutung der Zusammenarbeit. Buhck als Lieferant für die benötigten Hackschnitzel sichere die Verfügbarkeit des benötigten Brennstoffs für die Wärmeproduktion. „Wir nutzen Abfall, der in großen Mengen anfällt. Und zwar, ohne dass wir mit langen und teuren Transportwegen planen müssten.“

In Kollow sei das Interesse erfreulich groß, „wir hatten seit der letzten Info-Veranstaltungen viele Nachfragen“, bestätigt Tretau. Etwa zehn weitere Haushalte hätten bereits den Wusch signalisiert, ebenfalls mit ans lokale Wärmenetz angeschlossen zu werden.

„Jetzt ist es Aufgabe des neu gewählten Vorstandes der Genossenschaft, aktiv zu werben.“ Neben dem Anschluss weiterer Haushalte blickt die Bürgermeisterin dabei besonders darauf, in den Anschlussgebieten weitere Teilnehmer zu gewinnen, um die Kosten des Trassenbaus auf möglichst viele Schultern zu verteilen.

Nahwärme? In Gülzow stehen zu viele Neubauten

Dass es in Gülzow weniger schnell vorangeht als in Kollow und Wiershop, ist für Tretau nachvollziehbar. Gülzow sei nicht nur deutlich größer, „in Gülzows Neubaugebieten stehen viele erst vor wenigen Jahren errichtete Häuser“: Wer über eine umweltfreundliche Heizung mit Wärmepumpe oder Erdwärmeversorgung verfügt, hat natürlich weniger Anlass, sich um den Austausch alter Öl- oder Gasheizungen zu sorgen.

Innovatives Energiekonzept für Lütauer Kirche, Kita und Pastorat: Pastorin Johanna Lembcke-Oberem und Michael Eggers, Vorsitzender des Kirchengemeinderats, mit Holzhackschnitzeln vor der Heizzentrale.
Innovatives Energiekonzept für Lütauer Kirche, Kita und Pastorat: Pastorin Johanna Lembcke-Oberem und Michael Eggers, Vorsitzender des Kirchengemeinderats, mit Holzhackschnitzeln vor der Heizzentrale. © Marcus Jürgensen | MarcusJürgensen

Drohendes Aus von Öl- und Gasheizungen hilft Projekt

„Die aktuelle Entwicklung um das künftige Verbot reiner Öl- und Gas-Heizungen bei Neubauten hilft den Planungen von Nahwärmnetzen“, sagt Klaus-Werner Harms. „Obwohl es natürlich Panikmache ist, dass alle alten Heizungen herausgerissen werden müssen.“ Der Unternehmer ist nicht nur Mitinhaber einer Baufirma in Kollow, er hat sich auch in der Vergangenheit bereits für energiesparende Technik engagiert.

Der 68-Jährige ist frisch gewählter Aufsichtsratsvorsitzender der Nahwärme-Genossenschaft in Kollow und ist überzeugt, dass das Nahwärmenetz realisiert wird. „Ich gehe fest davon aus, dass noch bestimmt 50 Haushalte dazukommen.“

Aktuell plant Beratungsfirma etwa 20 Nahwärmenetze

Dass Greenpellets als Energielieferant vom Tisch sind, begrüßt Harms. Pellets zu hohen Kosten aus Grünschnitt zu pressen, könne sich nicht rechnen. Neben dem Engagement der Firma Buhck trage auch die Begleitung durch Treurat und Partner (TP) zu den Fortschritten bei, sagt Harms. „Die Firma hat schon eine Vielzahl derartiger Projekte zum Erfolg geführt, verfügt über viel Erfahrung.“

Aktuell seien etwa 20 Nahwärmenetze in Planung, „im Betrieb betreuen wir rund 100 in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern“, bestätigt der zuständige TP-Mitarbeiter Simon Wobken. Dass immer wieder die Zeit bis zur Fertigstellung der Nahwärmenetze Thema ist, kennt der Berater schon. „Wir haben in Vergangenheit Netze in der Größe wie für Wiershop schon in einem Jahr realisiert.“

Es locken 40 Prozent Förderung aus Bundesmitteln

Allerdings würden Baubeginn und Realisierung von verschiedenen Faktoren beeinflusst, nicht nur von der Zahl der Anschlusswilligen und technischen Gegebenheiten. „Für die Realisierung sind wir stark abhängig von der Genehmigung der Fördermittel“, so Wobken. Mit 40 Prozent bezuschusst der Bund den Bau effizienter Wärmenetze. Auch kleine Nahwärmenetze samt Hackheizkessel sind eine Millionen-Investition.

„Das war eine kleine Sternstunde, nach der Versammlung sind alle beschwingt nach Hause gegangen“, sagt Ralf Spinngieß, Leiter der Amtsverwaltung Schwarzenbek-Land, nach dem Termin in Kollow. Auch er weiß um die Probleme, aktuell einen Zeitplan zu verkünden.

Betriebsbeginn bereits Ende 2024 oder 2025?

Dies lege eher an dem Stillstand, bis die Förderung genehmigt sei, als an Baugenehmigungsverfahren. „Für die Verlegung des Rohrnetzes selbst reicht in der Regel ein Gestattungsvertrag der jeweiligen Kommune.“

Neben der Zeit sieht Spinngieß noch einen weiteren Unsicherheitsfaktor, den Gesetzgeber. „Eben noch war ein Anteil von 15 Prozent erneuerbarer Energien für einen privaten Heizungstausch ausreichend, bald sollen es 65 Prozent sein.“ Solle das Nahwärmenetz, wie in einer Versammlung diskutiert, bis zur Heizperiode 2024/25 den Betrieb aufnehmen, „müsste alles richtig gut laufen“.