Kosmetische Chirurgie: Eine Disziplin, die bislang mehr im Verborgenen wirkte, wird “gesellschaftsfähig“. Immer mehr Menschen gehen zu Schönheitschirurgen - und stehen dazu

Schönheit ist Kult. Diäten, Fitness, Kosmetik - viele Menschen in Deutschland scheuen weder Kosten noch Mühen, um ihren Körper in die "ideale" Form zu bringen. Auch der Gang zum Schönheitschirurgen ist kein Tabu mehr. Schätzungsweise 8000 Hamburger und rund 400 000 Menschen bundesweit haben sich vergangenes Jahr einem kosmetischen Eingriff unterzogen - Tendenz steigend. "Immer mehr Menschen wollen sich aus kosmetischen Gründen operieren lassen," sagt Dr. Hans-Jürgen Bargmann (49), Facharzt für Plastische Chirurgie in Hamburg und ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie. Vor allem Leute, die in ihrem Beruf mit Menschen zu tun haben oder über ein ausgeprägtes Körperbewusstsein verfügen, lassen sich "körperliche Besonderheiten und Alterserscheinungen korrigieren", so Bargmann. Dafür geben sie zwischen 1000 und 10 000 Euro aus. Das Geschäft mit der Schönheit boomt, und privat zu zahlende Leistungen sind für Ärzte in Zeiten von Praxisbudgetierung und Nullrunden willkommene Zusatzeinnahmen. Doch es gibt auch Gegenstimmen: "Werden durch kosmetische Eingriffe gesunde Menschen zu Patienten, ohne diese Gefahr zu kennen, widerspricht das dem ärztlichen Ethos", sagt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie Dr. Hans Rudolph (66). Er kritisiert, dass "ohne medizinische Notwendigkeit" Patienten für den "Schönheitswahn" den Risiken einer Operation ausgesetzt werden. Dazu zählen unter anderem Blutungen, Infektionen, Lungenembolie, Thrombosen und sogar der Tod. "1992 gab es in Hamburg nur vier niedergelassene plastische Chirurgen, inzwischen sind es elf", sagt Hans-Jürgen Bargmann. Zusammen mit Hals-Nasen-Ohren-Ärzten, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen und Ärzten sonstiger Disziplinen schätzt er die Zahl der kosmetisch tätigen Chirurgen in Hamburg auf rund 40. Bezeichnungen wie "Ästhetischer Chirurg", "Schönheitschirurg" oder "Kosmetischer Chirurg" sind keine geschützten Titel. Jeder Arzt kann sich so nennen und operieren, unabhängig von seinen Fähigkeiten. Experten raten, darauf zu achten, dass der Operateur Facharzt für Plastische Chirurgie oder - bei Eingriffen im Gesichtsbereich - Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde oder Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie ist und die Zusatzbezeichnung "Plastische Operationen" trägt. Die mit Abstand häufigste kosmetische Operation ist die Fettabsaugung. Hans-Jürgen Bargmann geht davon aus, dass sich allein im vergangenen Jahr rund 2000 Patienten in Hamburg ihr Fett haben absaugen lassen. Bei jungen Frauen sei die Brustvergrößerung mit rund 1000 Patienten pro Jahr in Hamburg der zweithäufigste Eingriff. Bei Frauen ab 40 steht die Lidstraffung auf Platz zwei. Männer lassen sich längst nicht so oft wie Frauen operieren. Bei der Fettabsaugung schätzt Dr. Bargmann den Anteil der Männer auf gut 15 Prozent, bei den Nasenkorrekturen auf 30 Prozent. Sie ist die von Männern am häufigsten gewünschte Operation. Informationen im Internet : Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen: www.vdpc.de