Mit kostengünstigen Klimaschutzmaßnahmen können vor allem Landwirte dazu beitragen, die Emission von Lachgas und Methan zu reduzieren.

Potsdam. Die Landwirtschaft trägt mit etwa 14 Prozent zum weltweiten Treibhausgasausstoß bei - und ist gleichzeitig sehr stark vom Klima abhängig. Nicht nur der Energiesektor, auch die Bauern und die Nahrungsmittelkonsumenten dieser Welt sollten einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dafür plädiert Hermann Lotze-Campen, Agrarökonom beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Lotze-Campen: "Das Ziel, die weltweite Erderwärmung auf zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, ist nicht erreichbar, wenn nicht auch die landwirtschaftlichen Emissionen reduziert werden."

Nicht Kohlendioxid, sondern zwei andere klimawirksame Gase entweichen aus Ställen, von Äckern und Feldern: Lachgas (N2O) und Methan (CH{-4}). Mehr als ein Drittel dieser Landwirtschafts-Emissionen gehen auf den Einsatz von Düngemitteln zurück, aus denen Lachgas strömt. Der nächstgrößte Posten sind die Methan-Emissionen aus den Mägen des Viehbestandes, gefolgt vom Reisanbau.

"Die Lachgas-Emissionen könnten vor allem durch eine bedarfsgerechtere Stickstoffdüngung vermieden werden", sagt Lotze-Campen. Auch beim Reisanbau, bei der Tierfütterung und der Lagerung von Gülle gebe es Möglichkeiten, die Emissionen - hier von Methan - zu reduzieren. Die größte Wirkung hätte jedoch die Bodenbearbeitung. Lotze-Campen: "Der Humusgehalt der Böden sollte steigen. Denn das bindet Kohlenstoff im Boden. Dies wird zum Beispiel dadurch erreicht, dass vermehrt Ernterückstände in den Boden eingearbeitet werden."

Die kostengünstigsten Klimaschutzmaßnahmen der Landwirtschaft seien längst bekannte Verfahren, die allerdings noch nicht flächendeckend angewandt würden, betont der Potsdamer Agrarökonom. Es sind: die nur oberflächliche Bearbeitung des Bodens ohne einen Pflug und die Präzisionsdüngung im Ackerbau. Nicht nur der Energiesektor, auch die Landwirtschaft brauche Anreize, damit sie Klimaschutzmaßnahmen ergreife, so Hermann Lotze-Campen.

Gleichzeitig hat sie - zumindest in den Tropen und den gemäßigten Breiten - ein Eigeninteresse daran, dass das Klima annähernd stabil bleibt. Schließlich führen gerade Extremereignisse wie Dürren oder Überschwemmungen zu Ernteeinbußen. So hatte die Hitzewelle im Sommer 2003 im hauptsächlich betroffenen Frankreich zu Verlusten von 30 Prozent Mais, 20 Prozent Weizen und mehr als 60 Prozent Futterpflanzen geführt. Von einem leichten Anstieg der Temperaturen könnten nord- und mitteleuropäische Landwirte dagegen generell eher profitieren. Denn die Erwärmung verlängert die Wachstumsperioden.

Auch der Anstieg des Kohlendioxids beflügelt tendenziell das Pflanzenwachstum. Das Gas hat einen Düngeeffekt, der die Kulturen schneller sprießen lässt und den Ernteertrag nach oben treibt. Je nach Pflanzentyp kann eine fiktive CO2-Konzentration von 550 ppm (parts per million) die Ernte von Weizen, Reis und Sojabohnen um zehn bis 15 Prozent steigern, während Mais bei Feldexperimenten kaum reagierte. Eine CO2-Konzentration von 550 ppm ist allerdings ein Albtraum für Klimaschützer - bei dieser Konzentration beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts höchstens um zwei Grad erwärmt, nur noch 15 Prozent (bei einem Gehalt von 450 ppm steigen die Chancen auf rund 50, bei 400 ppm auf rund 75 Prozent). Zum Vergleich: Der heutige Wert beträgt 387 ppm.

Mildere Wintertemperaturen könnten dagegen negative Einflüsse haben: Die Mikroorganismen bauen dadurch mehr organisches Material im Boden ab und machen es den Pflanzen zu einem Zeitpunkt als Nährstoffe verfügbar, zu dem sie in Winterruhe sind und das üppige Angebot gar nicht nutzen können. Die Gefahr ist deshalb groß, dass die Pflanzennahrung durch winterliche Niederschläge ausgewaschen wird und die Böden allmählich verarmen.

Die verschiedenen Trends zeigen: Die Wechselwirkungen zwischen Klima und Landwirtschaft sind komplex, annähernd zuverlässige Prognosen über Ackerbau und Viehzucht im Treibhaus Erde sind deshalb kaum möglich. Immerhin gibt es Ansätze zur Vorsorge: Erweiterte Fruchtfolgen und die Züchtung von Kulturpflanzen, die zum Beispiel mit wenig Wasser oder mit leicht versalzten Böden zurechtkommen, könnten die Landwirtschaft unempfindlicher für Klimaänderungen machen. In den USA können sich Bauern schon heute gegen Wetterunbilden versichern. Und funktionierende Handelsbeziehungen können Knappheiten oder Überschüsse ausgleichen.

Auch das Verbraucherverhalten beeinflusst die Klimabelastung durch die Landwirtschaft. Sie ist zwischen 1990 und 2005 um 17 Prozent gestiegen - aufgrund des Bevölkerungswachstums, vor allem aber durch den stark steigenden globalen Konsum von Fleisch- und Milchprodukten.

Allein durch das Bevölkerungswachstum würden die Emissionen bis zum Jahr 2055 um fast zwei Drittel zunehmen, rechnet Lotze-Campen vor. Wachse jedoch mit steigendem Einkommen der globale Fleischkonsum weiter, so sei zu befürchten, dass sich der Treibhausgasausstoß der Landwirtschaft verdreifache, warnt der Klimafolgenforscher. Spätestens dann würde die globale Landwirtschaft zum größten Klimasünder.