Die Industrieländer müssen in Cancún über ihren Schatten springen.

Mit dem Uno-Klimagipfel von Kopenhagen wollte die Weltgemeinschaft einen Meilenstein im Klimaschutz setzen. Das gelang nicht, am Ende herrschte Katerstimmung. Die Nachfolgekonferenz in Cancún (Mexiko) begann vergangene Woche dagegen eher im Stillen. Und von heute an, in der entscheidenden zweiten Gipfelwoche, stehen nicht die Staatspräsidenten im Rampenlicht, wie beim 15. Gipfel in Kopenhagen, sondern die Fachminister, wie bei allen anderen 14 Klimakonferenzen zuvor. Vielleicht ist dies der Schlüssel zum Erfolg, denn von ihnen muss niemand fürchten, vor aller Welt sein Gesicht zu verlieren.

Auch sonst hat es die Cancún-Konferenz leichter. Von ihr wurde von vornherein nicht mehr erwartet, als den festgefahrenen Karren aus dem Dreck zu ziehen, den Verhandlungsprozess wieder in Gang zu setzen. Dies scheint gelungen zu sein, auch wenn noch nicht klar ist, wie viel Fahrt bereits aufgenommen wurde. Anders als in Kopenhagen erwartet niemand ein unterschriftsreifes Nachfolgabkommen zum Kyoto-Protokoll. Dies war noch der Maßstab, an dem Kopenhagen gemessen wurde.

Damals ging es ums Geld: um wirtschaftliche Entwicklung, die womöglich durch Klimaschutzauflagen beschnitten wird. Um milliardenschwere Finanzhilfen für Entwicklungsländer, um die Interessen der Öl- und Kohleindustrie. Manche Beobachter nannten den Uno-Gipfel 2009 die größte Weltwirtschaftskonferenz aller Zeiten.

Geld wird auch in Cancún die entscheidende Rolle spielen. Die Industrieländer müssen trotz Wirtschaftsflaute über ihre Schatten springen und die zugesagten Milliarden für Klimaschutz und Anpassungshilfen an Klimafolgen nun auch wirklich zur Verfügung stellen. Es braucht dieses starke Zeichen an die Entwicklungsländer. Denn es signalisiert, dass die Verursacher des heutigen vom Menschen gemachten Treibhauseffekts ihre Verantwortung ernst nehmen.

Umgekehrt lässt sich dann mit Fug und Recht von den Entwicklungs- und vor allem von den Schwellenländern China und Indien fordern, zukünftig ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Erst dies ist ein tragendes Fundament für ein neues Klimaprotokoll mit verbindlichen Vorgaben an alle Staaten der Welt. Dieses wird bestenfalls im Dezember 2011 in Johannesburg (Südafrika) zustande kommen - wenn aus den Fehlern von Kopenhagen gelernt wurde.