Ein Betrieb bei Lüneburg wurde geschlossen. Das Landwirtschaftsministerium in Hannover vermutet: Auslöser der EHEC-Epidemie ist gefunden.

Hannover/Hamburg. Ein Bio-Betrieb aus der 6500-Einwohner-Gemeinde Bienenbüttel im niedersächsischen Landkreis Uelzen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Ausgangspunkt der gefährlichen EHEC-Epidemie mit inzwischen mehr als 2000 Erkrankten und bisher 21 Todesopfern. Das Unternehmen züchtet aus Saatgut unterschiedlichste Sprossen, die meist roh zu Salaten angeboten werden. Mehrere Beschäftigte bekamen dort Durchfall, eine Mitarbeiterin erkrankte nachweislich an EHEC.

Der Betrieb sei bereits geschlossen, die Rückholaktion der Ware ist angelaufen, teilte der niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) gestern Abend auf einer eilig angesetzten Pressekonferenz in Hannover mit. Obwohl die Ergebnisse der im Unternehmen gezogenen Proben frühestens heute vorliegen werden, vermutet Lindemann, dass die Hauptursache der Epidemie gefunden ist.

Geliefert wurde aus Bienenbüttel unter anderem über Zwischenhändler an gastronomische Einrichtungen in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein - darunter auch an das Restaurant Kartoffelkeller in Lübeck, wo vermutlich 17 Menschen mit EHEC infiziert wurden. Zudem ist der Bio-Hof vor den Toren Lüneburgs mit eigenen Ständen auf norddeutschen Wochenmärkten vertreten. Lindemanns Fazit: "Zu allen Hauptausbruchsstellen der Erkrankung lässt sich eine Verbindung herstellen." Die Indizienlage sei so eindeutig, dass den Verbrauchern empfohlen werden müsse, derzeit auf den Verzehr von Sprossen zu verzichten.

Im Visier haben die Ermittler vor allem das Produkt "Milde Sprossenmischung", das auch über Reformhäuser vertrieben worden ist. Der Bio-Betrieb verarbeitete 19 verschiedene Saatgutkeime wie Erbsen, Linsen, Mungobohnen, Sonnenblumen und Radieschen. Geschäftsführer Klaus Verbeck sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", er könne sich keinen Reim auf die Vorwürfe machen. Alle Proben der letzten Wochen seien negativ gewesen. Die Sprossen würden überhaupt nicht gedüngt.

Zwei mögliche Ursachen gibt es nach Einschätzung der Fachleute für die EHEC-Keime in den Sprossen: Sie könnten im Saatgut der Sprossen enthalten sein, das der Bienenbütteler Betrieb unter anderem auch aus Fernost bezieht. Denkbar ist auch, dass der Erreger über das bei der Zucht verwendete Wasser auf die Sprossen kam.

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Reinhard Burger, äußerte sich gestern zurückhaltend zu den Informationen aus Hannover: "Wir haben mehrere heiße Spuren - aber noch keine genaue Ursache." Die Daten müssten zunächst genau geprüft werden. In Hamburg sind am Wochenende 76 EHEC-Fälle hinzugekommen. Insgesamt werden hier jetzt 770-EHEC Patienten behandelt - davon 145 mit der ge-fährlichen HUS-Komplikation.