Deutschland ist schlechter auf Krisen vorbereitet als vermutet.

Es gehört zu den existenziellen Ängsten der Menschen, schwer zu erkranken und an der Krankheit zu sterben. Diese Angst wächst, wenn man weiß, dass das Krankmachende irgendwo da draußen lauert - doch keiner sagen kann, wo. Deshalb hat die Bekanntgabe, dass es sich bei der Quelle für die EHEC-Bakterien um verunreinigte Sprossen handeln könnte, etwas Befreiendes. Sie enttarnt den unsichtbaren Feind und gibt allen, die sich fragen, was man eigentlich noch essen kann oder besser nicht essen sollte, eine Verschnaufpause. Doch der Fall der spanischen Salatgurken hat gezeigt, wie trügerisch diese Meldungen sein können.

Sollte mit den Sprossen der Ursprung für die Seuche feststehen, werden sie besonders laut aufatmen: die Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden der Länder, des Robert-Koch-Instituts (RKI) als zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und nicht zuletzt die Bundesregierung selbst. War die Kritik am Krisenmanagement in Sachen EHEC in den vergangenen Tagen doch immer lauter geworden.

Viele Fragen drängen sich auf. Wurden die Verdachtsfälle durch die Länder an das RKI zu spät gemeldet? Wurden die Erkrankten nicht ausreichend befragt? Und warum dauert es mehr als drei Wochen, in denen mehr als 2000 Menschen erkrankten und 21 starben, bis die Politik ein erstes Krisentreffen einberuft? Längst mehren sich auch im Ausland Zweifel, ob die Verantwortlichkeit in einem solchen Fall weiterhin bei den Bundesländern liegen oder besser auf eine zentrale Koordinationsstelle übertragen werden sollte.

Und doch war die Entscheidung richtig, beim anfänglichen Fund der EHEC-Bakterien auf Salatgurken sofort Ross und Reiter zu nennen. Abzuwarten, bis man den genauen Typ der Keime bestimmt hatte, hätte weitere Menschenleben kosten können. Und auch die Arbeit des medizinischen Personals in den Kliniken, das seit Wochen mit der Behandlung von Schwerkranken befasst ist, kann man nicht hoch genug würdigen. Personell am Limit, mit bisher unbekannten Symptomen konfrontiert, haben sie ihr Möglichstes getan.

Selbst wenn diese EHEC-Welle am Ende zu den 25 Prozent der Fälle gerechnet werden kann, deren Auslöser überhaupt aufgeklärt wird, müssen Konsequenzen gezogen werden: Die Organisationsstrukturen, mit denen eine solche Epidemie bekämpft wird, gehören auf den Prüfstand. Jetzt und verbindlich. Keime kündigen sich nicht an.