Erstes Auto: Ein Synonym für Freiheit und Unabhängigkeit. Wer die Kosten scheut, leiht sich den Wagen der Eltern aus.

Blitzblank sauber und wie neu lackiert glänzt der feuerrote Nissan Micra. Keine Deutschlandfahne im Fenster und erst recht kein "Abi 2006" Schriftzug am Heck. "Bloß nicht", sagt Marie-Claire Sommer, stolze Besitzerin des Kleinwagens. Das sei sowieso keine besonders originelle Idee mehr. Und überhaupt: "Ich bemale doch mein Auto nicht."

Seit sie 14 ist, hat sie darauf gespart, Zeitungen ausgetragen, im Geschenkartikelshop verkauft, im English Theatre die Garderobe angenommen. Um zum Theater zu kommen, brauchte die Schülerin zu Fuß und mit dem Bus manchmal eine Stunde. Mit dem Auto wären es 15 Minuten gewesen. "Bramfeld liegt, was öffentliche Verkehrsmittel angeht abseits." Deshalb hat sich Marie-Claire selbst zum achtzehnten Geburtstag ein Auto geschenkt: "Ich will unabhängig und frei sein."

Dabei war es eigentlich ihre Mutter, die für sich einen neuen Mazda kaufen wollte und die Tochter zum Autohändler mitnahm. Bei dem stand der rote Nissan, acht Jahre alt, aber noch wie neu. "Kauf mich", suggerierte er Marie-Claire auf den ersten Blick. Marie-Claire hat gekauft, die Mutter hat etwas dazubezahlt und trägt jetzt die laufenden Steuern und Versicherungskosten. Das Benzin und die Verantwortung trägt Marie-Claire.

Selbst darauf sparen oder ab und zu umsichtig Mutters Auto fahren, lautet auch der Rat von Dörte Gossel an ihre drei Kinder. "Wenn mein Sohn weiß, er muß sich für jeden Kratzer, jede Panne und jeden Strafzettel bei mir rechtfertigen, fährt er doch viel vorsichtiger." Ein bis zweimal die Woche läßt die Alleinerziehende ihren Sohn Niklas ans Steuer und nimmt selbst auf dem Beifahrersitz Platz. Niklas hat seinen Führerschein mit 17 gemacht. Mit dem Modellversuch sollen Fahranfänger das sichere Fahren in Gegenwart einer Begleitperson üben, um mehr Routine und Kompetenz zu entwickeln.

Ohne Unterstützung geht es sowieso nicht. Die Benzinpreise steigen und die Versicherungssumme auch, vor allem für jugendliche Fahrer. So beginnt die Vertragseinstufung in der Pflichtversicherung Kfz-Haftpflicht in der Regel in der teuersten Schadensklasse 0. Sie bedeutet, daß kein schadensfreies Vertragsjahr als Bonus angerechnet wird. Die Versicherungen verlangen dann zwischen 240 und 120 Prozent der Prämie als Beitrag, meldet das Internetportal FinanceScout24. Nicht ohne Grund, betont Matthias Wimmer vom ADAC. "Weil die Schadensquote in dem Segment hoch ist, sind auch die Prämien so hoch." Unter 23 und männlich, das ist die höchste Steigerung, die es gibt.

Eine Formel, die auch Dörte Gossel kennenlernte, als sie ihren Sohn bei der Haftpflichtversicherung auf ihren Wagen anmeldete. Statt vorher 380 Euro sollte sie nun rund 1.000 Euro im Jahr zahlen. Und dies, obwohl Niklas noch nicht einmal ohne Begleitung ans Steuer darf, wunderte sich die Mutter, recherchierte im Internet, telefonierte und handelte am Ende eine halb so teure Prämie aus.

Kein Wunder, wenn Abiturienten bei den hohen Fixkosten lieber auf das eigene Auto verzichten. Jedenfalls sind bei der Altersgruppe der 18-29jährigen die Neuzulassungen zuletzt um 16 000 im Jahr zurückgegangen, meldet das Statistische Bundesamt. Das Modell "Mutter tankt, der Nachwuchs dankt" ist eben immer noch das bequemste.