Wohnung: Das Hotel Mama ist die Ausnahme

Michaela Stoppe geht erst einmal ein halbes Jahr ins Ausland, nach Neuseeland. Und wenn sie da die große Freiheit getankt hat, will sie nicht wieder zurück ins Kinderzimmer. "Dann werde ich auf jeden Fall ausziehen, gern in eine Wohngemeinschaft", sagt die 19jährige. Vorbild dafür ist ihre Schwester, die zusammen mit einer Freundin 70 Quadratmeter in einer Souterrainwohnung in Lübeck bezogen hat. "Super günstig und geräumig mit gemeinsamen Wohnzimmer und großem Flur", schwärmt Michaela.

Den Traum würden die Eltern auch finanziell unterstützen, aber Michaela müßte dann als Medizinstudentin, so ihre Planung, auch BAföG beantragen und nebenbei jobben, um den eigenen Unterhalt zu finanzieren. Eigentlich ganz schön viel Streß, findet ihr bisheriger Klassenkamerad Magnus Köster, der auch Medizin studieren will, am liebsten in Hamburg und mit Wohnsitz wie bisher. "Meine Eltern halten es noch ganz gut mit mir aus und ich mit ihnen."

Endlich das eigene Leben leben, das ist eine Vorstellung, die viele Abiturienten mit dem Abschied von der Schule verbinden. "Der Trend geht schon dahin, früher selbständig zu werden", sagt Dr. Eckard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. "Das Hotel Mama ist bei Volljährigen eher die Ausnahme als die Regel." Aber wie findet man die erste eigene, möglichst günstige Wohnung? "Auf jeden Fall nicht über Wohnungsvermittlungsvereine, wie Wimmo oder Pro-Wohnen", warnt Jurist Pahlke. Die verlangten Geld dafür, daß sie den Mietinteressenten Adressen aushändigten. "Aber das ist vor Abschluß eines Vertrages gar nicht erlaubt." Günstiger sei es, Wohnungsbaugenossenschaften anzuschreiben, Bekannte und Freunde für die Suche zu aktivieren und selbst mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen. "Günstige Wohnungen gehen oft unter der Hand weg", weiß der Vereinschef. Praktisch also, wenn man schnell nachfragt, wenn irgendwo etwas leer steht. Sieben Euro Kaltmiete und drei Euro Nebenkosten muß im Schnitt in Hamburg für einen Quadratmeter gerechnet werden. Dabei wird die Wohnung aber in der Regel günstiger, je größer sie ist: "Die besten Konditionen bekommt man, wenn man sich mit anderen zusammentut." Eckard Pahlke weiß auch wie: Der Bodenständigste unter den Jungmietern unterschreibt den Mietvertrag allein und vermiete an die anderen unter. "Dann müssen nicht gleich alle aus der Wohnung, wenn nur einer kündigen will." Immer vorausgesetzt, der Vermieter ist mit einer Untervermietung einverstanden. "Das lassen Sie sich bitte schriftlich geben."

"Ich beziehe eine Zweizimmerwohnung in Pittsburgh, ganz für mich alleine", freut sich Daniel Lüttgau, der anstelle des Zivildienstes einen "Anderen Dienst im Ausland" in Pennsylvania ableistet. Die Wohnung übernimmt er unbesehen von seiner Vorgängerin, die Kosten übernimmt der Träger. "Da ist das Risiko, in einer Absteige zu landen gering", hofft der Abiturient.

Auch Michaela Stoppe zieht es aus Hamburg weg. Kleine Studentenstädte seien mindestens ebenso lebendig und nicht so teuer, meint sie und erzählt von ihrer letzten Party in einer 10-Zimmer-WG im Univiertel. Da hingen überall Zettel an Türen: "Zimmer abzugeben, 290 Euro inklusive."