Islamist Sidiqi nennt al-Qaidas Operationschef als Planer der Anschläge in Europa; er habe die aus der Hansestadt Angereisten angeleitet.

Hamburg. Scheich Yunis al-Mauretani ist ein Phantom. Über einen der gefährlichsten Männer der Welt ist kaum etwas bekannt. Wohl mit einigem Recht leiten Geheimdienstler aus seinem Beinamen "der Mauretanier" ab, dass er aus Nordafrika stammt. Al-Mauretani steht offenbar im Mittelpunkt der Terror-Verschwörung, die seit Wochen die europäischen und amerikanischen Sicherheitsbehörden beschäftigt.

Wie der US-Sender CNN gestern berichtete, hat der Hamburger Islamist Ahmad Sidiqi bei seinen Verhören im US-Militärgefängnis in Bagram ausgesagt, dass al-Mauretani der Planer jener Verschwörung war, bei der mehrere Terror-Teams zu Bombenanschlägen in europäische Metropolen geschickt werden sollen . Sidiqi war im März 2009 mit neun anderen Islamisten, der "Hamburger Reisegruppe", ins afghanisch-pakistanische Grenzgebiet gereist, um an einer Ausbildung in Terrorlagern teilzunehmen. Bei seiner Rückkehr wurde er im Juli in Kabul festgenommen. Der 36-jährige Hamburger afghanischer Abstammung soll ausgesagt haben, er sei mit al-Mauretani in den pakistanischen Stammesgebieten zusammengetroffen, die größtenteils von al-Qaida und den Taliban beherrscht werden. Al-Mauretani wird in Einschätzungen europäischer Terrorexperten als Nummer drei der Al-Qaida-Hierarchie und als Leiter deren externer Operationen bezeichnet. Al-Mauretani soll die Hamburger Islamisten auch in verschlüsselter Internetkommunikation geschult haben.

Sidiqi nannte die Namen von zwei weiteren Islamisten, die mit ihm im März von Hamburg nach Asien gereist seien und sich al-Mauretani angeschlossen hätten. Danach handelt es sich um Naamen Meziche, einen Franzosen algerischer Abstammung, sowie den Deutsch-Iraner Shahab Dashti. Diese beiden sollten zusammen mit al-Mauretani nach Europa reisen, um die Zielobjekte für ihre Anschläge auszukundschaften. Die Aussagen von Sidiqi werden derzeit nach Aussagen europäischer Sicherheitsbehörden mit den Informationen von Rami Makenesi verglichen, einem weiteren mutmaßlichen Mitglied der Hamburger Zelle.

Der 25-jährige Deutsche syrischer Abstammung war im Juni im pakistanischen Stammesgebiet festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert worden. Makanesi soll der "Islamischen Bewegung Usbekistans" (IBU) angehören. Sidiqi, ebenfalls mutmaßliches Mitglied der militanten IBU, sagte den Angaben nach weiter aus, er sei in Pakistan auch mit Said Bahaji zusammengetroffen. Dieser gilt als Mitglied der ersten Hamburger Terrorzelle, die die Anschläge vom 11. September 2001 verübte, und war eine Woche vor den Attentaten in Pakistan untergetaucht. Er wird noch immer in der Region vermutet.

Angehörige von Sidiqi erhoben indessen im Magazin "Stern" schwere Vorwürfe gegen die deutschen Sicherheitsbehörden. Sie hätten ihn nicht an der Ausreise ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet gehindert, obwohl sie von seinen Absichten gewusst hätten.

Beamte der Bundespolizei seien am 4. März 2009 beim Versuch, Sidiqi an der Ausreise zu hindern, kläglich gescheitert, weil sie vor dem falschen Flugzeug gestanden hätten. Die Bundespolizei dementierte gegenüber dem Abendblatt diese Angabe jedoch.

Zuvor habe ein Verwandter in Hannover die Polizei ausdrücklich gewarnt, S. sei mit seinem jüngeren Bruder Sulaiman möglicherweise "in ein Terrorcamp unterwegs oder im schlimmsten Fall als Selbstmordattentäter". Die Angehörigen sagten weiter, Sidiqi solle an die USA ausgeliefert werden.

In der Stadt Quetta in West-Pakistan verübten Aufständische gestern einen weiteren Anschlag auf die Nachschublinien der Nato für den Einsatz in Afghanistan. Nach Angaben der Polizei eröffneten rund zehn Angreifer das Feuer auf rund 40 abgestellte Tanklaster. Mindestens 18 Fahrzeuge seien in Flammen aufgegangen. Ein Mensch kam dabei ums Leben. Die Taliban bekannten sich zu dem Anschlag; er sei eine Vergeltung für die verstärkten Drohnen-Angriffe, denen am Mittwoch ein weiterer Al-Qaida-Führer zum Opfer fiel. Seit Freitag haben die Aufständischen 65 Lastwagen in Brand geschossen.