Nachdem der Steuerhinterzieher seine Haftstrafe akzeptiert hat, wird er sie voraussichtlich in der Justizvollzugsanstalt Landsberg verbüßen. Sie gilt als eher angenehm

Uli Hoeneß wird seine Haftstrafe aller Voraussicht nach in der Justizvollzugsanstalt (JVA) im bayerischen Landsberg am Lech antreten. Was ihn dort erwartet, darüber kann der frühere Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende des FC Bayern München sich schon jetzt im Internet orientieren. Auf der Seite www.knast.net berichten ehemalige Insassen, Besucher von Inhaftierten und Bedienstete über ihre Erfahrungen in den Justizvollzugsanstalten der Republik, vergeben Sterne oder senken den Daumen für die Zustände hinter Gittern.

Dass die Bewertungen höchst subjektiv erfasst sind, versteht sich. Interessant ist dennoch, was dort über die JVA Landsberg zu lesen ist. Die Meinungen jener, die das Gefängnis von innen kennen, gehen zwar auseinander, aber insgesamt sind die Bewertungen auf knast.net eher positiv. „Hallo, ich saß drei Jahre in Landsberg und muss sagen, dass dort die Haftbedingungen im Vergleich zu anderen Anstalten in Bayern sehr gut sind“, schrieb vor gut zwei Jahren ein „Markus“ ohne Angabe des Alters. „Die Beamten sind freundlich, und die Anstaltsleitung tut alles in ihrem Ermessen, um einem alle Freiheiten zu gewähren, Ausgang, Urlaub, Freigängerhaus.“

Hier und da wird zwar geschimpft, dort würden Leute zur Strafe in den Keller gesperrt und Kinderschänder würden prinzipiell besser behandelt als Ausländer oder Drogenkriminelle. Aber „der Knast an sich ist schon in Ordnung“, meint eine Besucherin. „Meine bessere Hälfte haust da seit 20 Monaten.“ Nur ab und an falle mal zu viel Salz in den Topf oder es werde ganz und gar vergessen. Jemand, der sich als Bediensteter ausgibt, schreibt sarkastisch vom „besten Hotel“ für Gefangene: „Die JVA Landsberg ist eigentlich kein Knast, sondern ein großer Kindergarten! In dem die Knackis gehegt und gepflegt werden!“

Auf Landsberg weist das übliche Verfahren im bayerischen Vollstreckungsplan hin. Persönliche Wünsche werden bei der Wahl der Anstalt nicht berücksichtigt, aber die Justiz berücksichtigt vorhergehende Strafen und das Strafmaß. Ersttäter werden zumeist nach Landsberg oder Bernau am Chiemsee einbestellt, aber bei Strafen über drei Jahre scheint das 1908 erbaute Landsberger Gefängnis wahrscheinlicher.

Das „bayrische Alcatraz“ – eine Wortschöpfung des einstigen Klatschkolumnisten Michael Graeter, der selbst dort büßte – ist weltberühmt, ein Ort der Geschichte. Nach seinem gescheiterten Putsch 1923 saß Adolf Hitler hier 264 Tage lang in einer Zelle und schrieb „Mein Kampf“. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Kriegsverbrecher der Nürnberger Prozesse dorthin, viele wurden hingerichtet. Auch Alfried Krupp von Bohlen und Halbach war eine Zeit lang inhaftiert in Landsberg. In der Neuzeit waren Oetker-Entführer Dieter Zlof, der Konzertmanager Marcel Avram oder der Klatten-Erpresser Helg Sgarbi prominente Inhaftierte.

Dass die JVA als relativ angenehm gilt, liegt wohl an ihrer Belegung. Vor allem solche Täter, die zum ersten Mal verurteilt wurden, kommen dorthin. Es gibt zudem Außenstellen und zwei Freigängerhäuser, in denen Verurteilte nur noch übernachten müssen. Tagsüber können sie ihren Geschäften nachgehen. Getrennt nach Delikten wird aber nicht, alle möglichen Vergehen und Verbrecher tummeln sich bunt durcheinander. In der Anstaltskirche „beten Mörder, Bankräuber, Sexualverbrecher und Wirtschaftsdeliktler gemeinsam das Vaterunser“, schrieb einst Graeter laut „SZ“. Gerade für Machtmenschen, Alphatiere und erfolgsverwöhnte Wohlhabende sei der Einzug aber auch in ein relativ freundliches Gefängnis eine albtraumhafte Erfahrung. Er wünsche nicht mal seinem ärgsten Feind einen Aufenthalt „im Hotel Vier Eisenstangen“, so der Klatschreporter. Denn die freie Selbstbestimmung muss an der Pforte abgegeben werden, strikt hat sich der Inhaftierte den strengen Regeln und Wärtern unterzuordnen.

Es gibt, auch in Landsberg, nicht nur bestimmte kurze Besuchszeiten für Angehörige, sondern auch Zeitkorridore, in denen solch ein Besuch zwingend anzumelden ist. Die Insassen dürfen laut „Augsburger Allgemeinen“ zwar einen Fernseher mieten, aber ein Kabelanschluss mit Sky ist nicht erlaubt. Damit würden für Hoeneß viele Fußballspiele flachfallen. Internetfähige Smartphones sind natürlich auch nicht gestattet. Eine moderne Justizvollzugsanstalt, nach allen Regeln der Kunst beziehungsweise Haftpsychologie erbaut – das war Landsberg im Jahr 1908 bei seiner Eröffnung. Doch das liegt lange zurück.

Bauliche Annehmlichkeiten der Moderne dürfen Inhaftierte dort nicht allzu viele erwarten. Am Haupteingang grüßen trutzige Rundtürme und grüne Zwiebeldächer; der Planer, der königlich-bayerische Baubeamte Hugo von Höfl, entschied sich für klassizistischen Jugendstil. Doch aus der Luft gesehen wirkt die Anstalt auf dem sechs Hektar großen Gelände durchaus martialisch; vier mächtige Flügel mit 565 Haftplätzen laufen sternförmig in einem Wach- und Verwaltungsbau zusammen. Es soll zwar Einzelzellen geben, aber auch eine lange Warteliste dafür.

Es ist auch gut möglich, dass sich in mehr als einem Jahrhundert so mancher Schimmel- und Schmutzfleck an den Wänden und auf den Böden ansammelte. Ex-U-Häftling Jörg Kachelmann hatte sich nach seiner Untersuchungshaft im „Spiegel“ über die Mannheimer JVA beschwert, die zu einer ähnlichen Zeit wie jene in Landsberg gebaut wurde und ihr auch optisch etwas gleicht. „Die Zelle war so, wie man es sich für einen Regimegegner in Nordkorea ausmalt. Sie müssen sich einfach allen Dreck, alle Scheiße im Klo und ganz viele Kakerlaken auf einmal vorstellen.“ Die Justizvollzugsanstalt wies die Darstellung damals zurück. Zwar gebe es generell ein Problem mit Ungeziefer in Gefängnissen, sagte der stellvertretende JVA-Leiter Bernhard Feuerstein. Insgesamt werde aber viel Wert auf Sauberkeit gelegt. „Die Gänge werden mehrmals täglich gereinigt“ – von Häftlingen. Für die Sauberkeit der Hafträume seien die Gefangenen verantwortlich. „Wie der Einzelne da für Reinlichkeit sorgt, ist unterschiedlich.“

So gut wie sicher jedoch scheint, dass Hoeneß zumindest teilweise als Freigänger seine Haft verbüßen darf, also lediglich in einem der beiden Freigängerhäuser zum Übernachten anrücken muss. Auch die Wochenenden dürfte Hoeneß dann bei seiner Familie verbringen. Einen Rechtsanspruch auf den Freigängerstatus gibt es aber nicht, und es hängt von der Justiz und der Beurteilung des Inhaftierten ab. Gerade die Süd-Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg gelten als zurückhaltend bei der Bewilligung von offenem Vollzug. Doch für Uli Hoeneß dürften trotzdem andere Regeln gelten. Theoretisch könnte er sogar von Anfang an offenen Vollzug beantragen, zumindest hat das Bundesverfassungsgericht einmal so entschieden.