Union und SPD sind sich einig: Auch Praktikanten müssen künftig angemessen entlohnt werden. Die Handelskammer Hamburg hegt jedoch Zweifel an einer flächendeckenden Regelung.

Berlin/Hamburg. Monatelang fast ohne Verdienst arbeiten – damit soll bald Schluss sein. Praktikanten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung werden unter einer schwarz-roten Bundesregierung einen Anspruch auf den jeweils geltenden Mindestlohn in ihrer Branche erhalten. Darauf haben sich Union und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen verständigt.

Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele, einer von acht Sozialdemokraten in der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales, bezeichnete es als „großen Fortschritt“, dass Praktikanten künftig angemessen entlohnt werden. „Wir haben diese Einigung schon in der Großen Koalition von 2005 bis 2009 vergeblich versucht. Nun ist es uns gelungen“, sagte Scheele dem Abendblatt. Diejenigen Praktikanten, die sich noch in der Ausbildung befinden, können zwar weiterhin unterhalb der ortsüblichen Löhne beschäftigt werden. Ein Praktikum ohne Bezahlung werde es künftig aber nicht mehr gehen, so Scheele.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, die gleichzeitig Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe ist, sagte nach der Einigung, mit dieser Maßnahme werde die „finanzielle Situation der vielen Praktikanten in diesem Land verbessert“. Für Praktika außerhalb von Schule und Studium müsse es eine angemessene Vergütung geben.

Die Verhandlungsführerin der Union, die geschäftsführende Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), sagte, es gehe darum, den Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf nahtloser zu gestalten. Für 1,5 Millionen Menschen ohne Berufsausbildung sollten „durchaus auch finanzielle Mittel“ eingesetzt werden, um „diese jungen Menschen konsequent nachzuschulen“.

Handelskammer Hamburg hegt Zweifel

Die Handelskammer Hamburg meldete dagegen Zweifel an, dass eine derart flächendeckende Regelung im Umgang mit Praktikanten den Aufwand rechtfertige. „Praktika sollen ein Einstieg in den Arbeitsmarkt sein. Eine Regulierung kann diesen Einstieg aber behindern“, sagte Dirck Süß, Leiter des Geschäftsbereichs Wirtschaftspolitik. Unternehmen hätten ein großes Interesse an guten Fachkräften. Deshalb stünden diese untereinander auch im Wettbewerb. „Und von diesem Wettbewerb profitieren die Praktikanten.“ Zudem gebe es viele offene Fragen: „Was ist beispielsweise mit einem Studenten, der bereits eine Ausbildung absolviert hat, aber ein studienbegleitendes Praktikum macht?“ Es sei zudem unklar, wer die Einhaltung der Regelung kontrollieren soll. „Es stellt sich dann auch die Frage, wie sinnvoll das Vorhaben noch ist, wenn derart viel Bürokratie entsteht“, so Süß.

Unterdessen erhöht die CSU in den Koalitionsverhandlungen den Druck für die Einführung einer Pkw-Maut. Bestärkt von einer Stellungnahme der EU-Kommission sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt: „Ohne Pkw-Maut für Ausländer werden wir einem Koalitionsvertrag nicht zustimmen.“ EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hatte erklärt, dass eine Gebühr für alle Autos – mit einem Ausgleich für Deutsche über die Kfz-Steuer – zulässig sei. Ein solches Modell will die CSU. Der amtierende Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sagte: „Das Signal aus Brüssel gibt uns gewaltigen Rückenwind.“ Die SPD lehnt eine Maut aber weiterhin ab.