Verhandlungen zwischen Union und SPD kommen voran. Reform soll Strompreise bezahlbar halten

Berlin. In den Koalitionsverhandlungen wird es für die Verbraucher spannend: Strompreise und Gesundheitskosten rücken in den Fokus von Union und SPD. Am Donnerstag begannen in Berlin die Energieexperten von Union und SPD mit der schwierigen Suche nach einem Konzept, um den drastischen Strompreisanstieg zu bremsen. Bei der Pflege müssen sich Versicherte auf höhere Beiträge einstellen. Die große Koalitionsrunde mit den Parteispitzen, die sich bereits auf Eckpunkte in der Europapolitik geeinigt hatte, tagt am Dienstag wieder. Bis dahin sollen in mehreren Arbeitsgruppen entscheidungsreife Papiere vorbereitet sein.

Gesundheit Bei der Pflegeversicherung zeichnen sich nach den Beratungen von CDU/CSU und SPD angesichts einer wachsenden Zahl Betroffener höhere Beiträge ab. Streit gibt es in der Schlüsselfrage zur Zukunft der gesetzlichen Krankenkassen. „Jeder, der das Wahlergebnis sieht, sieht, dass es eine Bürgerversicherung nicht geben kann und nicht geben wird“, sagte der Unionsverhandlungsführer in der Arbeitsgruppe Gesundheit, Jens Spahn, mit Blick auf die Kernforderung der SPD. Auch eine leichtere Rückkehr von Privatversicherten in die gesetzliche Krankenversicherung lehnte Spahn ab.

Energie Union und SPD streben eine zügige Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) an, um den Strompreisanstieg zu bremsen. Ziel sei eine Reform bis Ostern 2014, damit das Gesetz bis zum Sommer von Bundestag und Bundesrat verabschiedet und spätestens Anfang 2015 in Kraft treten kann. Das teilten Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) nach der ersten Sitzung der Arbeitsgruppe Energie in Berlin mit. „Man kann Einigungskorridore erkennen“, sagte Kraft.

Wirtschaft Die Unterhändler von Union und SPD wollen sich in den Koalitionsverhandlungen für den Einstieg in eine steuerliche Forschungsförderung für Firmen starkmachen. Details und Kosten sind aber noch offengeblieben. Auch sollen junge Internet-Firmengründer vom Staat künftig besser unterstützt werden. Der Zuschuss für Existenzgründer als gesetzliche Pflichtleistung soll wieder eingeführt werden.

Europa Die Spitzen von Union und SPD stimmten bereits am Mittwoch in der großen Koalitionsverhandlungsrunde ersten Ergebnissen zur Europapolitik zu. So will ein schwarz-rotes Regierungsbündnis in Brüssel Tempo machen für die Finanztransaktionssteuer. Große Differenzen gibt es noch bei der europäischen Bankenunion. Hier wollen CDU, CSU und SPD bis Mitte November eine gemeinsame Position finden. Dann beraten die Finanzminister in Brüssel.

Innere Sicherheit Union und SPD sind über die Zukunft der Vorratsdatenspeicherung uneins. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, war von „völlig konträren Positionen“ die Rede. Die Union hält eine Datensammlung für unverzichtbar. Die SPD will die zugrunde liegende EU-Richtlinie ändern, um die Bürger vor unangemessener Überwachung zu schützen. Es geht vor allem um die Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Verbrechensbekämpfung ohne konkreten Anlass.

Verfassungsschutz Auch in der Standortfrage beim Bundesamt für Verfassungsschutz ist eine Debatte entbrannt. In der Sitzung der Innen-Arbeitsgruppe lieferten sich die Verhandlungsführer am Donnerstag eine heftige Diskussion über einen möglichen Umzug von Teilen der Behörde von Köln nach Berlin. Konkret geht es um die Rechtsextremismus-Abteilung des Inlandsgeheimdienstes. SPD-Unterhändler Thomas Oppermann habe für eine Verlagerung plädiert, der Unions-Unterhändler, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), dagegen. Die Ermittlungspannen im Fall der rechtsextremen Terrorzelle NSU hatten den Verfassungsschutz in eine tiefe Krise gestürzt und dort eine Reihe von Reformen ausgelöst.