Die CDU gewann 2009 alle Direktmandate in Hamburgs südlichem Umland. Die SPD dort muss kämpfen, um überhaupt in Berlin vertreten zu sein.

Hannover. Die Bundestagswahl 2009 war für die niedersächsische SPD im südlichen Hamburger Speckgürtel ein Debakel. Alle vier Wahlkreise fielen an die CDU, auch wenn die Ergebnisse zum Teil knapp waren. In allen Wahlkreisen verlor die SPD damals zweistellig und daran änderte auch die Tatsache nichts, dass hier die Ergebnisse der Sozialdemokraten leicht nach oben abwichen von den verheerenden 23 Prozent, auf die die Partei im Bundesdurchschnitt absackte.

Schaut man sich einen längeren Zeitraum an, so hat die SPD seit dem Traumergebnis bei der Bundestagswahl in Niedersachsen im Jahr 1998 mit 49,4 Prozent kontinuierlich verloren und ihren Stimmenanteil annähernd halbiert. Eine Folge: Aktuell sitzt kein SPD-Politiker aus den vier Wahlkreisen im Bundestag. Die CDU dagegen hat mit Michael Grosse-Brömer (Wahlkreis 36 Harburg) als Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion und Enerk Ferlemann (Wahlkreis 29 Cuxhaven/Stade 2), dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, gleich zwei Vertreter mit deutlich gewachsener Bedeutung im Bundestag. Und im Wahlkreis Lüneburg/Lüchow-Dannenberg hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhart Pols ebenfalls gute Chancen, den vor vier Jahren eroberten Wahlkreis zu verteidigen. Und auch im Wahlkreis 30 Stade I/Rotenburg II gehen die Christdemokraten trotz des Rückzugs ihrer Abgeordneten Martina Krogmann hoffnungsvoll ins Rennen. Vor vier Jahren hatten sie das Direktmandat mit zehn Prozent Vorsprung gewonnen.

Anders als die SPD haben sogar FDP, Grüne und Linke aus der Region am Südufer der Elbe Abgeordnete im Bundestag. Sollte die CDU alle vier Direktmandate verteidigen – wofür angesichts der Umfragen manches spricht – wäre Svenja Stadler im Wahlkreis Harburg wohl die einzige Chance für die SPD. Sie steht auf Platz acht der Landesliste. Sicher aber ist keineswegs, dass dieser Listenplatz zum Zuge kommt. Die SPD-Direktkandidatin Hiltrud Lotze (Lüneburg/Lüchow-Dannenberg) steht erst auf Platz 20. Die Grünen-Kandidatin Julia Verlinden, ebenfalls Lüneburg, hat dagegen mit Platz drei auf der Landesliste beste Aussichten, nach Berlin zu wechseln. Mit Platz fünf auf der Landesliste der Linkspartei hat Johanna Voß in Lüneburg/Lüchow-Dannenberg ebenfalls Chancen, sie sitzt als Nachrückerin bereits im Bundestag.

Der Wahlkreis 37 Lüneburg/Lüchow-Dannenberg stellt besondere Herausforderungen an die Kandidaten. Da ist der Einzugsbereich rund um die zentrale Stadt Lüneburg mit wachsender Bevölkerung, aber eben auch das Wendland mit starker Bevölkerungsabnahme bei ohnehin besonders niedriger Siedlungsdichte. Und anders als im großen Rest der vier Wahlkreise liegt die Arbeitslosenquote in Lüchow-Dannenberg deutlich über dem Landesdurchschnitt. Hinzu kommt im Landkreis Lüchow-Dannenberg die Sonderproblematik des geplanten Endlagers Gorleben für hoch radioaktiven Müll. Diese Thematik und die Studentenstadt Lüneburg haben 2009 den Grünen in diesem Wahlkreis ein rekordverdächtiges Ergebnis von mehr als 18 Prozent der Zweitstimmen beschert.

Völlig offen ist, ob der Regierungswechsel in Niedersachsen bei der Landtagswahl am 20. Januar sich auch bei der Bundestagswahl im Hamburger Rand auswirkt. Im Landkreis Lüneburg etwa haben SPD und Grüne einige Probleme bei dem Versuch, ihre unterschiedliche Haltung zum weiteren Bau der A 39 über Lüneburg hinaus Richtung Wolfsburg zu erklären. Die SPD ist dafür, die Grünen sind dagegen. Manko aus der Sicht der Region: In der neuen rot-grünen Landesregierung spielt das Hamburger Umland personell keine Rolle.

Weitere Verkehrsprojekte bewegen die Metropolregion: Wie schnell wird die A 26 realisiert, die Stade mit Hamburg verbinden soll? Was wird aus der Küstenautobahn A 20 inklusive der Elbquerung stromabwärts von Hamburg? Und wie geht es weiter mit der Y-Trasse und der inzwischen ins Gespräch gebrachten Alternativen für den Ausbau des Schienennetzes zwischen Hamburg und Hannover?

Ob Hamburg im bisherigen Umfang oder noch stärke Grundwasser aus der Nordheide anzapfen darf, ist neben den Gefahren der Elbvertiefung ein wichtiges Thema, dem sich alle Kandidaten werden stellen müssen. In der Region nimmt zudem die Beregnung von Feldern enorm zu, es gibt also absehbar eine Konkurrenz um knapper werdendes Wasser und da stellt sich die Frage, ob Niedersachsen Hamburg beliefert zulasten eigener Ansprüche. Und auch die Frage nach dem möglichen Endlager Gorleben beschäftigt den kompletten südlichen Speckgürtel.

Noch mehr aber dürfte in den kommenden Jahren die Frage nach einer Kreisreform Emotionen auslösen. Der Landkreis Lüchow-Dannenberg ist schon lange überschuldet und nicht wirklich überlebensfähig. Ob er zwischen den Landkreisen Lüneburg und Uelzen aufgeteilt wird, diese Frage wird die Kreisgremien beschäftigen, ganz unabhängig davon, ob die neue Landesregierung bereit ist, den offenkundig notwendigen Reformstau zu erkennen und darauf zu reagieren.