SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kündigte an, das Betreuungsgeld vor Gericht zu stoppen. Union und FDP ringen um Weichenstellungen.

Berlin. Gegen das von der CSU geforderte Betreuungsgeld hat SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles jetzt Widerstand angekündigt: „Sollte es tatsächlich verabschiedet werden, wird die SPD eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen“, sagte Nahles der Zeitung „Bild am Sonntag“ (Onlineausgabe). Mit einem Betreuungsgeld greife der Staat in die in die Wahlfreiheit der Familien ein, indem er das Fernbleiben aus der Kita einseitig finanziell belohne, und somit seine gebotene Neutralität verletze.

Nahles warf CSU-Chef Horst Seehofer vor, nur aus Kostengründen auf dem Betreuungsgeld zu bestehen. „Die CSU versucht, sich mit der billigen Lösung Betreuungsgeld von dem nötigen Kitaausbau freizukaufen“, sagte sie. Während ein Kitaplatz den Staat pro Jahr 10.000 Euro koste, schlage das Betreuungsgeld von 150 Euro im Monat nur mit 1.800 Euro im Jahr zu Buche. Bayern habe es verschlafen, ausreichend Kitaplätze zu schaffen, die es bereits ab 2013 wegen des dann geltenden Rechtsanspruchs vorweisen müsse.

Die FDP beschuldigte Nahles, mit einem Ja zum Betreuungsgeld ihre politischen Ziele zu verraten. „Die SPD will die Praxisgebühr abschaffen, aber nicht um den Preis der Einführung des Betreuungsgeldes, das unterscheidet uns von der FDP“, sagte sie.

Union und FDP ringen bei Spitzentreffen um Weichenstellungen

Nach monatelangem Streit wollen Union und FDP am Sonntagabend bei einem Spitzentreffen die Weichen für zentrale Vorhaben der schwarz-gelben Koalition stellen. Vor der Runde im Berliner Kanzleramt hatte sich zunächst weiterhin keine rasche Annäherung bei Konfliktthemen wie Betreuungsgeld oder Abschaffung der Praxisgebühr für Arztbesuche abgezeichnet. Lösungen sollen auch bei der Rente gefunden werden, um Altersarmut bei Geringverdienern zu verhindern. Gesprochen werden soll zudem über höhere Investitionen in den Ausbau von Verkehrswegen.

Regelmäßige Treffen der Koalitionsspitzen bis zur Bundestagswahl forderte FDP-Präsidiumsmitglied und Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel. Er sagte der „Leipziger Volkszeitung“: „Sitzungen des Koalitionsausschusses müssen wieder zum Normalfall werden, so wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, also jede Sitzungswoche. Dann täten sich alle Beteiligten mit den Erwartungen leichter.“ Zugleich nahm Niebel seinen Parteichef Philipp Rösler in die Pflicht, „das große Thema der Leistungsgerechtigkeit wieder ins Zentrum zu rücken“.

Der rheinland-pfälzische FDP-Landesvorsitzende Volker Wissing forderte klare Ergebnisse von dem Treffen im Kanzleramt. „Beide Koalitionspartner dürfen nach dem Koalitionsgipfel keine Fragen mehr offenlassen“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Die Hamburger FDP-Chefin und Bundestagsabgeordnete Sylvia Canel zeigte sich im selben Blatt enttäuscht über das Regierungsbündnis und hielt der Union vor, am Anfang der Legislaturperiode ständig von Haushaltskonsolidierung gesprochen zu haben, jetzt aber mit dem Betreuungsgeld ein milliardenschweres Wahlgeschenk durchgehen lassen zu wollen. „Dafür sollte der Bund keine neuen Schulden aufnehmen und kein Geld ausgeben“, sagte sie.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kündigte an, das Betreuungsgeld, das auf Drängen der CSU beschlossen werden soll, vor Gericht zu stoppen. „Sollte es tatsächlich verabschiedet werden, wird die SPD eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen – weil der Staat mit dem Betreuungsgeld in die Wahlfreiheit der Familien eingreift, indem er das Fernbleiben aus der Kita einseitig finanziell belohnt, und somit seine gebotene Neutralität verletzt“, sagte Nahles der „Bild am Sonntag“.

Zusätzlich prüfe das SPD-regierte Land Hamburg eine weitere Klage, da das Betreuungsgeld in die Zuständigkeit der Länder und nicht des Bundes fällt. Die SPD-Generalsekretärin warf CSU-Chef Horst Seehofer vor, nur aus Kostengründen auf dem Betreuungsgeld zu beharren: „Die CSU versucht, sich mit der billigen Lösung Betreuungsgeld von dem nötigen Kita-Ausbau freizukaufen.“