Kanzlerkandidat Steinbrück hat nach Berechnungen einer Internet-Plattform die höchsten Nebeneinkünfte aller Bundestagsabgeordneten.

Berlin. Nach der Kritik der Regierungsparteien an den Nebeneinkünften des designierten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück gehen Sozialdemokraten und Grüne in die Offensive. Die SPD sei bereit, über ihre bereits vorliegenden Vorschläge für mehr Transparenz bei Zuverdiensten von Abgeordneten hinauszugehen, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag in Berlin. In der kommenden Woche werde ihre Partei eine Initiative dazu starten. Die Grünen kündigten eine Aktuelle Stunde im Bundestag zu dem Thema an. Unionspolitiker reagierten verhalten, von der FDP lag zunächst keine Stellungnahme vor.

Sollten Union und FDP sich der neuen Initiative verweigern, würden die Sozialdemokraten eine namentliche Abstimmung beantragen, sagte Nahles. „Wir wollen natürlich wissen, ob jetzt alle, die den Mund gespitzt haben, am Ende dann auch pfeifen“, sagte sie mit Blick auf die Generalsekretäre Hermann Gröhe (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Patrick Döring (FDP). Dobrindt und Döring hatten die Ehrbarkeit Steinbrücks angezweifelt.

Der ehemalige Finanzminister hatte für Reden vor allem von Banken und Versicherern mehrere hunderttausend Euro Honorar erhalten. Die Generalsekretäre der politischen Gegner hielten ihm daraufhin eine zu große Nähe zu Finanzkonzernen vor. Steinbrück konterte, er habe seine Nebenverdienste nach den geltenden Abgeordnetengesetzen offengelegt. Zudem habe er bei seinen Reden nicht mit Kritik an den Finanzkonzernen gespart.

„Seit Jahren verhindert die schwarz-gelbe Koalition mehr Transparenz bei den Nebenbeschäftigungen der Abgeordneten“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck. Deswegen seien die Forderungen an Steinbrück heuchlerisch. Die Grünen seien zu einer Veröffentlichung der Nebeneinkünfte auf Euro und Cent bereit.

CDU-Generalsekretär Gröhe sagte in Berlin, der Fall Steinbrück habe deutlich gemacht, dass die Richtlinien funktionierten. „Im übrigen diskutieren wir gerne weitere Vorschläge über noch mehr Transparenz, aber die sind nicht das Problem dieser Angelegenheit.“ Er rate, sich bei solchen Regelungen von der generellen Situation leiten zu lassen und nicht von einem Einzelfall. An die Adresse Steinbrücks gerichtet erklärte er, wer einen aggressiven Anti-Banken-Wahlkampf führen wolle und gleichzeitig hohe Honorare von der Branche kassiere, müsse sich auch kritische Fragen gefallen lassen.

In München sagte CSU-Chef Horst Seehofer, er hätte nichts gegen eine Verschärfung der Offenlegung von Nebeneinkünften. Man müsse aber schauen, ob Berufsgeheimnisse dies einschränkten. Er bezeichnete es als natürlich, dass im Fall Steinbrück Nachfragen gestellt würden.

Auf der Internet-Plattform „abgeordnetenwatch.de“ hieß es, nach ihren Berechnungen liege Steinbrück mit Honorarbezügen von mindestens 700.000 Euro seit Beginn der Legislaturperiode 2009 unter den Bundestagsabgeordneten vorne. An zweiter Stelle folge der ehemalige Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit mindestens 546.000 Euro, Platz drei belege der frühere Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU) mit 380.000 Euro. FDP-Generalsekretär Döring zählt nach Angaben von „abgeordnetenwatch.de“ mit 185.400 zu den Abgeordneten mit hohen Nebenverdiensten.

Nach den derzeitigen Regeln müssen die Abgeordneten Einkünfte für einzelne Tätigkeiten melden, wenn sie monatlich über 1000 Euro oder jährlich über 10.000 Euro liegen. Dabei wird nicht die genaue Summe angegeben, sondern es gibt ein dreistufiges System. In der ersten Stufe werden einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte in Höhe von 1000 bis 3500 Euro erfasst. Für die zweite Stufe gelten Nebeneinkünfte bis 7000 Euro, und in der dritten Stufe werden Verdienste über 7000 Euro registriert.