Die Linkspartei fordert eine parlamentarische Untersuchung. Auch der SPD-Linke Barthel mahnt den Kanzlerkandidaten zur Transparenz.

Berlin. Nach Union und FDP fordert nun auch ein SPD-Bundestagsabgeordneter den designierten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück auf, seine Nebeneinkünfte offenzulegen. Der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Klaus Barthel, forderte den früheren Bundesfinanzminister auf, seine Steuererklärung zu veröffentlichen. Steinbrück lehnte dies erneut ab.

In der "Bild"-Zeitung sagte Barthel: "Rechtlich ist das Verhalten von Herrn Steinbrück völlig in Ordnung. Aber es wäre sinnvoll, wenn Peer Steinbrück selbst noch detaillierte Angaben macht." Er sollte nach dem Beispiel von SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Steuererklärung veröffentlichen.

"Peer Steinbrück kann dadurch nur gewinnen", sagte der SPD-Linke Barthel, der mit dem Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Rentendebatte über Kreuz liegt. "Mit solch einem Schritt für größte Transparenz setzt er seine Kritiker unter Druck, denn es sind Union und FDP, die sich einem Gesetz für eine komplette Offenlegung der Nebenverdienste verweigern."

Linken-Fraktionsvize Ulrich Maurer forderte eine parlamentarische Untersuchung von Steinbrücks Nebentätigkeiten. "Der ganze Vorgang muss von A bis Z parlamentarisch untersucht und aufgeklärt werden. Steinbrück muss erstens erklären, warum er ein milliardenschweres Bankenrettungsgesetz ausgerechnet von einer Lobbykanzlei der Finanzbranche schreiben ließ. Das ist ja so, als ob man einen Mafiaanwalt mit der Erarbeitung von Gesetzen gegen organisierte Kriminalität beauftragt", sagte Maurer dem Abendblatt. Zweitens müsse unabhängig untersucht werden, ob durch die Vorgehensweise vermeidbarer Schaden entstand. "Immerhin hat der Bund riesige Verluste erlitten, weil er den Banken faule Risiken abgenommen hat", sagte Maurer. "Drittens muss Steinbrück offenlegen, was er den Lobbyanwälten von Freshfield vortrug, und wie viel Geld sie ihm dafür zahlten. Und viertens müssen wir juristisch prüfen lassen, ob es mit den Verhaltensregeln für ehemalige Minister vereinbar ist, wenn sie für ein Fantasiehonorar bei einem früheren Großauftragnehmer reden", forderte Maurer weiter. Einige Fragen könne nur Peer Steinbrück beantworten, andere könnten nur durch eine unabhängige Untersuchung geklärt werden.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer hatte dem SPD-Kanzlerkandidaten nahegelegt, für Transparenz zu sorgen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, ging zum Gegenangriff über: "Die Forderungen aus Union und FDP zu mehr Transparenz bei den Nebentätigkeiten von Steinbrück sind heuchlerisch. Sie werfen die Defizite der aktuellen Verhaltensregeln Steinbrück vor, obwohl sie allein von Union und FDP zu verantworten sind." Seit Beginn der Legislaturperiode hätten Union und FDP mehr Transparenz bei den Nebentätigkeiten für Abgeordnete verhindert.

Beim Bundestag hat Steinbrück für die seit 2009 laufende Legislaturperiode mehrere Dutzend Vorträge bei Banken, Versicherungen und anderen Unternehmen angegeben, für die er jeweils mehr als 7000 Euro kassiert hat. Wie viel genau, muss er nach dem Abgeordnetengesetz nicht offenlegen. Insgesamt soll sich die Honorarsumme auf mehrere 100 000 Euro belaufen. Steinbrück will seinen Einkommenssteuerbescheid nicht veröffentlichen. Er sei "von Unternehmen gebeten worden, die Gewinne erzielt haben". Von Vereinen, von ehrenamtlichen Organisationen, Schulen und Universitäten nehme er kein Geld. "Und was ich spende von dem Honorar, geht niemanden etwas an", hatte Steinbrück im ZDF gesagt.

Unterdessen ging der SPD-Kanzlerkandidat auf die Parteilinken und die Gewerkschaften zu. Zwar will Steinbrück an der Rente mit 67 festhalten, gleichwohl strebt er Änderungen an. In der ARD regte er an, "Brücken zu bauen, zum Beispiel über eine Neugestaltung der Erwerbsminderungsrente, für diejenigen, die kaputte Knochen haben oder auch sonst ausgebrannt sind und diese 67 nicht erreichen können". Auf der anderen Seite werde es Menschen geben, "die über 67 hinaus arbeiten wollen, insofern reden wir eher über eine Flexibilisierung des Ganzen".

Auch die gesetzlich festgeschriebene Rentensenkung von jetzt knapp 51 Prozent auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns im Jahr 2030 ist für den SPD-Kandidaten nicht in Stein gemeißelt. Die Parteilinke, aber auch die Gewerkschaften, mit denen die SPD-Spitze am Dienstag zusammentraf, lehnen eine Senkung des Rentenniveaus vehement ab. DGB-Chef Michael Sommer sagte, bei dem Treffen seien nach wie vor Differenzen auch bei der Rente mit 67 deutlich geworden. In verschiedenen Punkten gebe es aber "durchaus gemeinsame Positionen".