Laasche. Laasche ist gesunken. In der Nacht zum Mittwoch. Innerhalb von zehn Minuten. "Um drei Uhr gab es einen lauten Knall", sagt Insea Pewsdorf (45), "und der Deich war durch." Der Deich, an dem die Laascher tagelang gearbeitet hatten. Allein. Denn Hilfe von außen bekamen sie keine. Das Dörfchen, ein Weiler zwischen Elbe und der Seege-Niederung, habe schließlich nur 26 Einwohner - das lohne nicht, hatte es in der Kreisverwaltung Lüchow-Dannenberg geheißen. "Mit drei Mann mussten wir das versuchen, was an anderen Stellen in der Gegend mit Tausenden Einsatzkräften versucht wurde", sagt Bewohner Frank Jacubowsky (36). Ohne Erfolg. Die einzige Straße steht knietief unter Wasser, die Häuser sind voll gelaufen. Aber die Laascher bleiben. Jetzt wollen sie auch keine Hilfe mehr. Es ist zu spät. "Mich kriegen sie nur mit Gewalt hier raus", sagt Jacubowsky. Am Morgen sollte er in einen Wagen der Bundeswehr einsteigen. "Die wollen mich doch nur aus meinem Leben schmeißen", sagt er. Sein Leben - das ist das hundert Jahre alte Bauernhaus, in dem er steht. Am halbleeren Bacardi-Cola-Glas hält er sich fest. Auf seiner Schulter trägt er einen Spaten. Eine Waffe gegen Plünderer. Schon vor zwei Nächten waren sie mit einem Transit vorgefahren. Jacubowsky konnte sie vertreiben. Mit knapp 2000 Euro ist sein Haus noch belastet. Seit 1989 hatte der Schumacher jede freie Sekunde für seinen Traum verwendet. Der wird gerade vom Elbwasser unterspült. "Wenn das Fundament bricht", sagt er, "kippt hier alles zusammen." Jetzt kommen Traktoren mit Sandsäcken. Tausend Stück. Die Dorfgemeinde, die sich mit Gartenstühlen auf ein kleines Stück Rasen gerettet hat, winkt ab. Schon von weitem. "Was wollen Sie noch?", fragt Gisela Pewsdorf (58). Seit 30 Jahren haben sie und ihr Mann den Campingplatz geführt: 180 Stellplätze, ein Restaurant, Minigolfplatz. "Wir haben es für unseren Jungen aufgebaut", sagt Ottfried Pewsdorf (62). Er schnäuzt die Nase. Auch er hat in den letzten Tagen am Deich gestanden. "Wir haben geackert und gebuckelt." Von der Dorfstraße steigen Luftblasen durch das steigende Wasser auf. Direkt vor den müden Augen der Laascher. Die Pflasterung bricht. Nur die Vögel zwitschern. Die Laascher sind verstummt. Sie warten. Worauf, wissen sie selbst nicht.