Medien berichten von einem erneuten Ankauf von CDs, auf denen auch Schulungsmaterial der Schweizer Großbank UBS enthalten ist.

Düsseldorf/Berlin. Steuerhinterzieher mit Schweizer Konto müssen wieder zittern: Die Staatsanwaltschaft Bochum hat eine neue CD mit Daten erhalten und ermittelt wegen Steuerhinterziehung inländischer Anleger. Das bestätigte Staatsanwalt Bernd Bienioßek am Donnerstag in Düsseldorf. Das nordrhein-westfälische Finanzministerium bekennt sich grundsätzlich zum Ankauf von Daten über Steuerbetrüger, äußert sich aber nie zu Einzelfällen. NRW hatte in den vergangenen Jahren mehrfach Schweizer Bankdaten angekauft. Seit Februar 2010 haben nach Angaben des Ministeriums 6463 Selbstanzeigen schätzungsweise 300 Millionen Euro Mehreinnahmen in die Steuerkassen des Landes gespült.

Dennoch: der jahrelange, von Verbalausfällen begleitete Steuerstreit zwischen Deutschland und der Schweiz soll ein Ende haben. Mit einem Abkommen wollen die Regierungen in Berlin und Bern der Steuerflucht deutscher Bürger in die Schweiz Einhalt gebieten. Doch SPD und Grüne wollen das Abkommen im Bundesrat stoppen. Der Kauf von CDs mit Daten von Steuersündern durch die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen sorgt zusätzlich für Verstimmungen.

Hintergrund des Dauerkonflikts sind zwei Besonderheiten im Schweizer Banken- und Steuerrecht. Zum einen lohnt es sich für ausländische Kunden, ihr Geld bei Schweizer Banken anzulegen, da sie dann auf Kapitalerträge wie etwa Dividenden in der Regel keine Steuern zahlen.

Zum anderen macht es das Schweizer Bankgeheimnis nahezu unmöglich, dass deutsche Behörden erfahren, welcher deutsche Steuerpflichtige dort Geld angelegt hat und wie viel er damit verdient. Immer wieder gab es daher Vorwürfe gegen die Schweiz, nicht nur eine Steueroase zu sein, sondern Steuerflucht aus anderen Staaten sogar zu fördern.

„Die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt“

Einen Höhepunkt erreichte die Auseinandersetzung im Herbst 2008. Damals ging es darum, eine sogenannte Schwarze Liste der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu aktualisieren, auf der Steueroasen verzeichnet waren. Der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) plädierte dafür, die Schweiz dort aufzuführen. „Statt Zuckerbrot müssen wir auch zur Peitsche greifen“, sagte er. Daraufhin wurde der deutsche Botschafter in der Schweiz zum Gespräch einberufen.

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Dass sich die Schweiz im Zuge der weiteren Verhandlungen bereit erklärte, das Bankgeheimnis ein Stück weit zu lockern, bremste Steinbrück nicht. Im März 2009 verglich er seine Drohung mit der Schwarzen Liste mit der „siebten Kavallerie vor Yuma“, die man ausreiten lassen könne. Aber sie müsse nicht unbedingt ausreiten, „die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt“. Erneut war die Schweizer Regierung verärgert und bestellte den Botschafter ein.

„Die Schweiz, Österreich und Ouagadougou“

Der dritte Akt der Verbalausfälle folgte im Mai 2009, als Steinbrück die Schweiz und andere Länder mit dem afrikanischen Land Burkina Faso verglich. Er wolle diese Staaten zu einer OECD-Ministerkonferenz zur Bekämpfung von Steuerbetrug einladen: „Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz, Österreich und Ouagadougou“, sagte Steinbrück. Ouagadougou ist die Hauptstadt von Burkina Faso.

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Wenige Tage später lenkte Steinbrück ein und erklärte, seine „Neigung, sehr deutlich zu formulieren, hat systematisch abgenommen“. Die Gemüter beruhigten sich, im Juni verabredeten Deutschland und die Schweiz Verhandlungen über eine Ausweitung der Amtshilfe in Steuersachen. Die Gespräche kamen im März 2011 zum Abschluss, beide Staaten müssen das Abkommen aber noch ratifizieren. Es soll Anfang 2013 in Kraft treten.

Opposition blockiert Ratifizierung

In Deutschland fehlt noch die Zustimmung des Bundesrats – dort wollen SPD und Grüne das Abkommen zu Fall bringen. Es sieht vor, deutsches Schwarzgeld in der Schweiz rückwirkend pauschal mit 21 bis 41 Prozent zu besteuern. Auf künftige Kapitalerträge sollen wie hierzulande gut 26 Prozent fällig werden. Der Kauf von CDs mit Daten von Steuerhinterziehern soll ein Ende haben. Gleichzeitig können deutsche Steuerbehörden innerhalb von zwei Jahren maximal 1.300 Auskunftsersuchen an die Schweiz stellen. SPD, Grüne und Linke finden, dass Steuerhinterzieher zu gut wegkommen – obwohl die Steuersätze in Nachverhandlungen nach oben verschoben wurden.

Die rot-grüne Landesregierung in NRW setzt ungerührt die Praxis fort, Steuer-CDs zu kaufen, und verärgert damit gleichermaßen Bern und Berlin. Die Frontlinie verläuft nun zwischen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der Schweiz einerseits und der deutschen Opposition andererseits. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Die Chancen, dass der endlose Steuerzoff zwischen beiden Ländern endgültig beigelegt wird, stehen derzeit eher schlecht.

Mit Material der dpa und dapd