Der Präsident der Bundesärztekammer Montgomery trifft sich mit Experten. Ziel ist ein neues Prinzip, das Fälschung ausschließen soll.

Berlin. Wegen der umstrittenen Vergabepraxis von Spenderorganen hat der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, für Donnerstag ein Spitzengespräch angekündigt. An dem Treffen nähmen neben der Ärztekammer auch die Deutsche Stiftung Organtransplantation und andere Experten teil, sagte der Ärztepräsident der „Bild“-Zeitung. „Eine Woche später haben wir Minister Bahr eingeladen. Da beraten wir, ob wir bei der schnellen Organ-Zuteilung neue Regeln brauchen“, sagte Montgomery weiter.

„Schnellschüsse“ würden jedoch nicht weiterhelfen. Ziel sei ein neues Prinzip bei der Vergabe von Organen, um Missbrauch zu vermeiden, unterstrich Montgomery. „Wir wollen das Vier-Augen-Prinzip einführen, bei dem ein unabhängiger Arzt feststellen muss, wie krank der Empfänger wirklich ist, damit die Liste nicht mehr gefälscht werden kann“, sagte der Mediziner.

Derzeit warten in Deutschland rund 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Experten befürchten, dass die jüngst bekannt gewordenen Skandale um gefälschte Daten von Organempfängern zu einem Rückgang der Organspende-Bereitschaft führt.

+++ Organspende in Zahlen +++

Hintergrund: Die Organvergabe – Standardverfahren und beschleunigtes Verfahren

Die Stiftung Eurotransplant mit Sitz in Leiden in den Niederlanden ist für die Zuteilung von Spenderorganen in Deutschland, Belgien, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und Slowenien verantwortlich. Auf der zentralen Warteliste stehen mehr als 15 000 Patienten. Pro Jahr werden von Eurotransplant rund 7000 Spenderorgane vermittelt. In Deutschland liegt der Bedarf bei rund 12 000 Organen pro Jahr. Auch deshalb sind die Wartelisten lang. STANDARDVERFAHREN: Die 72 Transplantationszentren in den Mitgliedstaaten speisen die Merkmale von Patienten, die auf ein Organ warten, in die zentrale Datenbank von Eurotransplant ein. Sobald ein Spender gefunden ist, werden auch dessen Merkmale in die zentrale Datenbank aufgenommen. Dann bestimmt Eurotransplant mit Hilfe eines Computerverfahrens die passende Kombination. Mehrere Prinzipien sind für die Zuteilung von Bedeutung: vor allem der zu erwartende Erfolg, die Dringlichkeit und die Wartezeit. BESCHLEUNIGTES VERFAHREN: Bei immer mehr Organen gelingt es aber nicht, sie in diesem Standardverfahren zu vergeben. Das betrifft häufig Organe von Spendern mit Krankheiten wie Krebs, Blutvergiftung oder Drogenabhängigkeit. Diese Organe sind frei für das sogenannte beschleunigte Vermittlungsverfahren. Die Transplantationszentren wählen dabei selbst den am besten geeigneten Empfänger aus. (dpa/epd)